Finanzkrise

Alte Banken­abgabe weckt Begehr­lichkeit

Im Herbst geht es für die Kreditwirtschaft um viel Geld. Der Gesetzgeber entscheidet über die Verwendung von 2,3 Mrd. Euro Bankenabgabe. Die Bürgerbewegung Finanzwende dringt aber auf Schuldenabbau.

Alte Banken­abgabe weckt Begehr­lichkeit

wf Berlin –

„Geld vom Bund zu fordern, obwohl sogar noch Schulden aus den Bankenrettungen offen sind, ist einfach nur unverschämt.“ Damit positionierte sich Gerhard Schick, Vorstand des Vereins Bürgerbewegung Finanzwende, in der Diskussion über die Verwendung der Mittel aus der nationalen Bankenabgabe. „Finanzinstitute haben einen riesigen Schaden mit der Finanzkrise angerichtet“, konstatierte Schick online vor Journalisten. Bundes­finanz­minister Christian Lindner (FDP) müsse zeigen, dass er die Interessen der Steuerzahler im Blick habe und nicht „Politik nur für Banken“ mache, sagte Schick. Am Vormittag hatte die Finanzwende dazu eine öffentliche Kampagne gestartet. Vor dem Bundesfinanzministerium in Berlin postierte sich eine Person mit einem Pappkonterfei Lindners, der sich zwischen dem Weg der „Gerechtigkeit“ und dem des „Geschenks an Banken“ entscheiden muss.

Rund 2,3 Mrd. Euro schlummern im Restrukturierungsfonds, einem Sondervermögen des Bundes. Es wird getrennt vom Kernhaushalt geführt. Die Mittel stammen aus der von 2011 bis 2014 erhobenen nationalen Bankenabgabe und wurden von den Instituten gemessen an Bilanzsumme und Risiko eingezahlt. Diese Reserve sollte nach den Erfahrungen aus der Finanzkrise um das Jahr 2008 für künftige Katastrophenfälle vorgehalten werden. Seit 2015 fließt die Bankenabgabe in den europäischen Fonds. Technisch zahlen die Institute weiterhin an den nationalen Restrukturierungsfonds, der die Mittel an den europäischen Bankenabwicklungsfonds SRF (Single Resolution Fund) weiterleitet.

Brückenfinanzierung läuft aus

Laut Bundesfinanzministerium dienen die vereinnahmten nationalen Mittel von 2,3 Mrd. Euro derzeit ihrem gesetzlichen Zweck: der Brückenfinanzierung der deutschen Kammer des SRF. Bis ins Jahr 2023 hinein wird der europäische Topf befüllt werden. Rund 66 Mrd. Euro sind dort bereits gesammelt. Entfällt die Brückenfinanzierung, werde sich der Gesetzgeber mit der Frage der künftigen Verwendung der Altmittel befassen, teilte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage mit. „Die Bundesregierung wird hierzu zu gegebener Zeit einen Vorschlag vorlegen“, hieß es. Aktuell gebe es hierzu noch keine Entscheidung.

Die Diskussion darüber wird im Herbst erwartet. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) dringt auf Rückgabe der nationalen Sonderabgabe. Die Abgabe erfülle ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr, erklärte der Bundesverband deutscher Banken auf Anfrage. Der Verband hat aktuell die Federführung in der DK. „Die Restmittel sollten daher an die Beitragszahler rückerstattet oder mit der europäischen Abgabe verrechnet werden“, konstatierte die DK. Restmittel aus Sonderabgaben seien bereits in der Vergangenheit rückerstattet worden.

Schick plädiert dafür, mit den Mitteln die Schulden des Bankenrettungsfonds Soffin zu reduzieren. Die Bankenrettung habe seit 2007 schätzungsweise mehr als 70 Mrd. Euro gekostet. Die Schulden des Soffin lagen Ende 2021 noch bei 22,8 Mrd. Euro. In einem verfassungsrechtlichen Gutachten für das Bundesfinanzministerium kommen die Heidelberger Forscher für Finanz- und Steuerrecht, Andjela Milutinovic und Ekkehart Reimer, zu dem Ergebnis, dass die nationale Bankenabgabe „gruppennützig“ verwendet werden müsse. Weder hätten die damals abgabepflichtigen Banken noch erst recht die heute bestehenden Kreditinstitute einen Anspruch auf Auskehrung der Restmittel, heißt es im Gutachten. Der Gesetzgeber könne diese auch nicht, jedenfalls nicht in voller Höhe, freiwillig an die Kreditinstitute auskehren. Dem stehe das europäische Beihilfenrecht jedenfalls so lange entgegen, wie es gruppennützige Verwendungen gebe, schreiben die Autoren. Ein Überführung der Mittel in den allgemeinen Bundeshaushalt scheidet demnach aber auch aus. Machbar wäre nach dem Urteil der Juristen die Tilgung eines Teils der Altschulden des Soffin. Andere gruppennützige Verwendungen wie etwa die Finanzierung von Maßnahmen zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland müssten beihilferechtlich geprüft werden.

Votum der Bundesbank

Die Kreditwirtschaft beruft sich indessen darauf, dass der europäische Gesetzgeber ausdrücklich die Rückerstattung der nationalen Bankenabgabe ermöglicht habe. Die Bundesbank und auch der Bundesrat haben sich der DK zufolge bereits 2014 dafür ausgesprochen, diese zu nutzen. Die Bundesbank habe dies jüngst öffentlich wiederholt. Die Mittel von 2,3 Mrd. Euro könnten dafür genutzt werden, den Spielraum der Institute bei der Kreditvergabe zu erweitern, so die DK. Ein Umwidmung der Mittel zur Rückzahlung der Soffin-Schulden sei bereits diskutiert worden. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags habe dies mit Hinweis auf Anforderungen an Sonderabgaben bereits 2015 abgelehnt.

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