Brexit-Auswirkungen

Amsterdam beim Handelmit europäischen Aktien vorn

Amsterdam hat sich als führendes Finanzzentrum für den Handel mit europäischen Aktien entpuppt, seitdem Anleger aus der EU auf Geheiß Brüssels in diesen Werten keine Transaktionen mehr in London tätigen dürfen. Wie aus Daten von CBOE Global Markets...

Amsterdam beim Handelmit europäischen Aktien vorn

hip London

Amsterdam hat sich als führendes Finanzzentrum für den Handel mit europäischen Aktien entpuppt, seitdem Anleger aus der EU auf Geheiß Brüssels in diesen Werten keine Transaktionen mehr in London tätigen dürfen. Wie aus Daten von CBOE Global Markets hervorgeht, belief sich das durchschnittliche Handelsvolumen mit solchen Werten in der niederländischen Touristenhochburg im Januar auf 9,22 (i.V. 2,18) Mrd. Euro. Vor dem Ende der Brexit-Übergangsfrist im Dezember vergangenen Jahres waren es erst 2,19 Mrd. Euro gewesen. Für Amsterdam spricht neben steuerlichen Gründen auch die hoch entwickelte technische Infrastruktur, die Hochfrequenzhändlern beste Voraussetzungen bietet.

Sieht man sich die Daten genauer an, fällt auf, dass der Platzhirsch Euronext Amsterdam mit 2,7 Mrd. Euro nicht einmal ein Drittel des rasant angeschwollenen Transaktionsvolumens auf sich vereinigen kann. Stattdessen brachte es CBOE NL gewissermaßen aus dem Stand auf 4,9 (i.V. 0) Mrd. Euro. Turquoise EU, eine Tochter der London Stock Exchange Group, kam auf 1,6 (i.V. 0) Mrd. Euro. Beim Londoner Börsenbetreiber spricht man nicht zuletzt deshalb von einem fast zu vernachlässigenden Effekt auf das eigene Geschäft. Und natürlich werden britische Aktien weiterhin in London gehandelt, von der Attraktivität der tiefen Kapital-Pools für prominente Börsenkandidaten wie etwa Deliveroo einmal ganz abgesehen.

„Als größte paneuropäische Aktienbörse, die Handel an 18 regionalen Märkten anbietet, haben wir im Oktober 2019 einen niederländischen Handelsplatz an den Start gebracht, um sicherzustellen, dass wir unseren Kunden in ganz Europa nach dem Brexit weiter dienen können“, verlautbarte die Optionsbörse Chicago Board Options Exchange (CBOE). Man habe am Anfang des Jahres einen reibungslosen Übergang des Handels mit in der EU notierten Aktien von CBOE UK auf CBOE NL bewerkstelligt. „Wir haben vor, sowohl unseren britischen als auch unseren niederländischen Handelsplatz weiter auszubauen, um an den europäischen Aktienmärkten weiterhin für Wettbewerb und Auswahl zu sorgen.“ Zuletzt führte die CBOE den Handel mit schweizerischen Aktien in London wieder ein. Der Brexit zwang alle in London tätigen multilateralen Handelsplattformen (Multilateral Trading Facilities, MTFs) dazu, für ihre europäischen Kunden EU-Töchter einzurichten.

Andere profitieren kaum

Die CBOE-Daten zeigen auch, dass andere EU-Finanzplätze wie etwa Frankfurt von der aufsichtsrechtlichen Umleitung des Aktiengeschäfts nicht in gleichem Maße profitieren konnten (siehe Tabelle). Mainhattan verbesserte sich beim durchschnittlichen täglichen Umsatz mit europäischen Aktien lediglich auf 5,87 (5,12) Mrd. Euro. Paris kam auf 6,06 (4,34) Mrd. Euro. Die Londoner Aquis Exchange, die der LSE Marktanteile im Kassahandel auf dem heimischen Markt abgenommen hat, siedelte sich in der französischen Hauptstadt an.

„Kurzfristig kann man mit der Peitsche drohen, um Geschäft zu bekommen“, sagte jüngst die ehemalige Europaabgeordnete Kay Swinburne, die maßgeblich an der Ausgestaltung der europäischen Finanzregulierung be­teiligt war und mittlerweile für KPMG tätig ist. Man solle aber nicht erwarten, dass das langfristig funktioniert. „Dazu braucht man Zuckerbrot, einen effizienten Kapitalmarkt mit niedrigen Kapitalbeschaffungskosten.“ Wenn man darüber nicht verfüge, könne man das Geschäft genauso wenig halten wie sonst irgendjemand in der Welt, der es mit Druck versuche.

Top 10 der Handelsplätze für europäische Aktien
Tägliches Handelsvolumen im Januar*
20212020
Amsterdam9,222,18
London8,6216,87
Paris6,064,34
Frankfurt5,875,12
Mailand2,652,64
Stockholm1,991,57
Dublin1,170,64
Madrid1,161,12
Kopenhagen1,110,68
Helsinki0,720,50
*) in Mrd. Euro
Quelle: CBOE Global MarketsBörsen-Zeitung