Assekuranz

BaFin bemängelt Cyberschutz bei Versicherern

Exekutivdirektor Frank Grund hält die Versicherer für noch nicht genug gegen Hacker gewappnet und kritisiert erneut die Kostenstrukturen in der Lebensversicherung.

BaFin bemängelt Cyberschutz bei Versicherern

ak Köln

Der oberste deutsche Versicherungsaufseher hat die Assekuranz zu verstärktem Schutz gegen Hackerattacken aufgefordert. „Wir haben bei unseren Prüfungen vor Ort festgestellt, dass es in puncto IT-Sicherheit bei den Versicherern noch Verbesserungspotenzial gibt“, sagte BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund auf einer Konferenz des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Er kündigte an, dass die Aufsicht die Vorkehrungen der Unternehmen genau unter die Lupe nehmen werde. „Wir werden weiter prüfen, ob und wie sich die Unternehmen rüsten.“ Vor allem die IT-Governance werde die BaFin sich ansehen.

„Versicherer sind ein beliebtes Ziel von Cyberangreifern“, mahnte Grund. Das bisher schwerste Datenleck hatte Mitte Juli dieses Jahres die Haftpflichtkasse aus der Nähe von Darmstadt gemeldet. Hacker hatten den kleinen Schaden- und Unfallversicherer, dessen Beitragsvolumen sich auf gut 200 Mill. Euro beläuft, tagelang lahmgelegt. Später war bekannt geworden, dass auch größere Mengen an sensiblen Daten abgeflossen seien.

Risiken der Digitalisierung

Die Digitalisierung in all ihren Facetten – eben auch mit ihrer dunklen Seite – will die BaFin nach Angaben von Grund zu einem Aufsichtsschwerpunkt für das kommende Jahr machen. Die Pandemie habe in den Prozessen der Versicherer und in der Kommunikation mit den Kunden für einen deutlichen digitalen Schub gesorgt. Das ziehe einen weiteren Umbau der Geschäftsmodelle nach sich. „Deshalb interessiert es uns natürlich, ob die Versicherer ihre eigene digitale Transformation finanzieren und operativ umsetzen können.“ Die BaFin wolle auch wissen, wie die Branche künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen einsetze und wie sie die damit verbundenen Risiken manage.

Neben der Digitalisierung wollen sich die Versicherungsaufseher 2022 intensiv mit den Themen Nachhaltigkeit und Kosten sowie Stabilität in der Lebensversicherung befassen. Grund unterstrich, dass alle Versicherer sich mit möglichen Klimarisiken in ihren Bilanzen auseinandersetzen müssten. Im kommenden Jahr müssten alle Unternehmen in ihren Risikoberichten im Rahmen von Solvency II – die sogenannten ORSA-Berichte – Auskunft zu diesem Thema geben. Wer Klimarisiken für sein Geschäft für nicht wesentlich halte, werde aufgefordert, das genau zu begründen. Alle anderen müssen unterschiedliche Stressszenarien durchrechnen. Grund wies auch darauf hin, dass das Naturkatastrophenrisiko für Schaden- und Rückversicherer eine immer größere Rolle spiele. Die Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands Mitte Juli habe das deutlich vor Augen geführt. Das kann auch Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen nach Solvency II haben. Denn es sei wichtig, dass dieses höhere Risiko „angemessen“ mit Solvenzkapital unterlegt sei. Vor allem die regional tätigen öffentlichen Versicherer, die historisch hohe Marktanteile in der Wohngebäudeversicherung haben, dürften sich bei diesen Anmerkungen des Aufsehers angesprochen fühlen.

Ein Dauerthema für die BaFin bleibt die Lage der Lebensversicherer und Pensionskassen im Niedrigzinsumfeld. Die intensivierte Aufsicht habe sich bewährt, sagte Grund. „Besonders interessiert uns natürlich, ob die Unternehmen die Anforderungen des Regelwerks Solvency II Ende 2031 sicherstellen können, ohne dabei Übergangsmaßnahmen anwenden zu müssen.“ Denn dann läuft die 16-jährige Übergangsfrist für die Lebensversicherer aus.

Grund stellte aber auch klar, dass er die ursprünglich befürchtete zu starke finanzielle Belastung der deutschen Lebensversicherer aus der Reform von Solvency II jetzt nicht mehr sehe. Denn die EU-Kommission hat inzwischen die Vorschläge der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA in Sachen Zinsstrukturkurve etwas modifiziert.

Zu Vertriebsvergütungen in der Lebensversicherung fand Grund deutliche Worte: Wenn sie zu hoch ausfielen, könnten sie zu Fehlanreizen führen. Durch überhöhte Kosten liefen Produkte zudem Gefahr, ein unausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis für die Kunden zu bieten. Grund kritisierte potenziell deutlich geschmälerte Renditen. „Hierzu werden wir uns noch konkret äußern“, kündigte der Versicherungsaufseher an.

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