Großbritannien vor der Wahl

Europa wird für die City wieder Thema

Vor den Parlamentswahlen wachsen in der City of London die Hoffnungen auf bessere Beziehungen zur EU. Zuvor hatte man sich mit dem Status quo weitgehend abgefunden.

Europa wird für die City wieder Thema

Europa wird für die City wieder Thema

Britische Finanzbranche hofft auf bessere Beziehungen zum Kontinent

hip London

Der Wunsch nach besseren Beziehungen zur Europäischen Union wird in der City of London vor den Parlamentswahlen am 4. Juli immer lauter. Auf der Jahreskonferenz der Finanzlobby The City UK war er am Donnerstag unüberhörbar. Charles Randell, ein ehemaliger Chairman der britischen Finanzaufsicht FCA, der nun für die Kanzlei Slaughter & May tätig ist, sprach von einer „Gelegenheit, sich auf unseren nächstgelegenen und größten Markt einzulassen“.

Zugleich erteilte er überschwänglichen Hoffnungen eine Absage: „Wir müssen für die absehbare Zukunft anerkennen, dass wir nicht mehr in der EU sind“, sagte Randell. Das lasse sich nicht so einfach rückabwickeln. EU-Finanzzentren wie Amsterdam, Frankfurt oder Paris seien sicher nicht bereit, beim Geschäft Abstriche zu machen.

„Eher Kleinvieh“

Doch es gebe andere Felder, auf denen man zusammenarbeiten könne. Nachhaltige Investments böten enorme Chancen, etwa wenn man es hinbekomme, unterschiedliche Standards zu vermeiden. Das sei aber „eher Kleinvieh (marginal gains) im Vergleich dazu, wo wir uns vorher bewegt haben“. In den vergangenen Jahren hatte man sich in der Branche weitgehend mit dem Status quo nach dem Brexit abgefunden, zumal Brüssel den Briten in Sachen Äquivalenz der Regulierung eine barsche Abfuhr erteilte.

„Es ist, wie es ist“, sagte Katharine Braddick, Group Head of Strategic Policy bei Barclays. „Ich glaube nicht, dass die Verhandlungen über den Marktzugang bald wieder eröffnet werden, wenn überhaupt.“ Der Verband wünscht sich von der neuen Regierung, dass sie sich aktiv mit der Branche ins Benehmen setzt, um ihre Prioritäten bei der für 2026 angesetzten turnusmäßigen Überprüfung des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zu verstehen.

Verband will nachverhandeln

Natürlich geht es der Finanzbranche um besseren Marktzugang für ihre Dienstleistungen. Wer auch immer als Gewinner aus der Wahl hervorgehe, müsse sich in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit bei den EU-Institutionen und den Mitgliedstaaten des Handelsblocks für eine „ehrgeizige und weitreichende“ Überprüfung des Abkommens einsetzen, um es zum gegenseitigen Nutzen zu verbessern, fordert The City UK.

„Wir müssen begreifen, dass sich die EU nicht zwanghaft mit dem Vereinigten Königreich beschäftigt, egal wie unsere Position zum Verhältnis mit ihr aussieht“, sagte Mark Sedwill, der als Cabinet Secretary unter Theresa May und Boris Johnson der ranghöchste Beamte war. Brüssel sei mit sich selbst beschäftigt und mit dem aus den Vereinigten Staaten kommenden Protektionismus. Frankreich sei ein „akutes Beispiel“ für das, was man über ganz Westeuropa hinweg beobachten könne: die Aushöhlung der politischen Mitte.

Große Chancen am Golf

Aus seiner Sicht bieten sich große Chancen am Persischen Golf. Hier gebe es „eine Generation von Führern, die zu Reformen entschlossen sind“, sagte Sedwill. Großbritannien habe dort einen Wettbewerbsvorteil. Die Beziehungen der Golfstaaten zu den USA hätten sich unter Joe Biden abgekühlt. Länder wie Saudi-Arabien suchten nicht nur Investoren. Sie hätten auch Interesse am Transfer von Know-how und wollten Hilfe beim Aufbau eigener Kapazitäten.

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