Regulierung

Britischer Schatzkanzler Hunt erfreut Finanzbranche

Die britische Regierung hat ein großes Paket zur Reform der Finanzregulierung vorgelegt. Ein „Big Bang 2.0“ ist es zwar nicht. Doch der Konflikt mit den Aufsehern ist programmiert.

Britischer Schatzkanzler Hunt erfreut Finanzbranche

hip London

Der britische Schatzkanzler Jeremy Hunt hat auf einer Konferenz in Schottland eine Reihe von Maßnahmen zum Rückbau der Finanzregulierung vorgestellt. Seine „Edinburgh-Reformen“ entsprechen zwar keinem „Big Bang 2.0“, wie ihn sein Vorgänger Kwasi Kwarteng anstrebte. Doch will auch Hunt die Früchte des Brexits ernten und im Laufe der EU-Mitgliedschaft übernommene Vorschriften aufheben und gegebenenfalls durch eigene ersetzen. „Wir sind bestrebt, den Status des Vereinigten Königreichs als eines der offensten, dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Finanzzentren der Welt zu sichern“, sagte Hunt, der durch die Wahl des Orts auch zeigen wollte, dass für die Branche nicht nur London eine Rolle spielt. „Unsere Reformen liefern eine intelligentere Regulierung von Finanzdienstleistungen, die in den Städten und Gemeinden über das Vereinigte Königreich hinweg Wachstum und Chancen erschließen wird“, sagte City-Minister Andrew Griffith.

Konflikt mit der Aufsicht

Ein Konflikt mit den Aufsichtsbehörden und der Bank of England ist bereits vorprogrammiert. Zu den angekündigten Maßnahmen gehört die Neudefinition des Aufgabengebiets der bei der Zentralbank angesiedelten Bankenaufsicht PRA (Prudential Regulation Authority) und der Finanzaufsicht FCA (Financial Conduct Authority). Sie sollen zur Förderung von Wachstum und in­ternationaler Wettbewerbsfähigkeit verpflichtet werden. Es gehe um eine „kulturelle Veränderung seitens der Regulierer“, sagte Griffith dem „Spectator“. Sie sollten künftig „Ge­schwindigkeit und Effizienz“ den Vorzug geben. „Es ist ein Fehler, den Aufsehern der Finanzbranche ein Wettbewerbsfähigkeitsziel zu setzen“, sagte dagegen Adair Turner, der ehemalige Chairman der FCA-Vorgängerbehörde FSA, die den Beinahezusammenbruch mehrerer Großbanken in der Finanzkrise erst viel zu spät wahrnahm.

Für fast jeden ist unter den rund 30 Reformen etwas dabei. Banken kommt die bereits angekündigte Überarbeitung des „Ringfencing“ entgegen. Bislang mussten auch vergleichsweise kleine Institute wie Santander UK eine Brandmauer zwischen Retailgeschäft und riskanteren Geschäften einziehen. Zudem soll das Senior Managers’ Regime weiter aufgeweicht werden, das es ermöglichte, Führungskräfte im Falle des Zusammenbruchs einer Bank persönlich zu belangen. Die Regeln für Verbriefungen sollen auf den Prüfstand gestellt, die Prospektrichtlinien überarbeitet werden. Eine Reform der Regeln zu Leerverkäufen ist ebenfalls enthalten.

Vermögensverwalter dürfte er­freuen, dass die Verordnung über die sogenannten Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsprodukte (Packaged Retail and Insu­rance-Based Investment Products, Priips) außer Kraft gesetzt werden soll. Fondsmanager und Lebensversicherer liefen schon lange Sturm gegen die Vorgaben, die aus ihrer Sicht eine effiziente Kommunikation mit den Kunden verhindern. Als Priips­ gelten eine breite Spanne von Produkten von strukturierten Anleihen bis hin zu Zertifikaten. Eine Konsultation soll die neue Richtung für die Offenlegungspflichten gegenüber Kleinanlegern ausarbeiten. Zu­dem könnten Assetmanager davon profitieren, dass die Regierung eine Konsultation zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Fondsmanagementleistungen an den Start bringen will. Daraus könnten den Firmen Steuervorteile erwachsen.

„Das umfassende Reformpaket, das der Schatzkanzler heute angekündigt hat, bildet mit dem richtungsweisenden Finanzdienstleistungs- und Finanzmarktgesetz einen wichtigen Schritt dabei sicherzustellen, dass die Branche stark und international wettbewerbsfähig bleibt“, sagte David Postings, der Chef des Verbands UK Finance. Die City of London Corporation sprach von einem „positiven Schritt“.

Auch die Finanzmarktlobby AFME begrüßte die „verhältnismäßige und wohlüberlegte Herangehensweise“. „AFME-Mitglieder sind globale Großbanken, die europäische Kunden international unterstützen“, gab AFME-Chef Adam Farkas jedoch zu bedenken. „Deshalb hat es Priorität, die Kontinuität grenzüberschreitender Dienstleistungen zu gewährleisten und Marktfragmentierung zu vermeiden.“ Großbritannien und EU sollten ihre Herangehensweisen angleichen.