Commerzbank übertrifft Markterwartungen
lee Frankfurt
Obwohl sie mehr als dreimal so viel für Kreditausfälle zurückgelegt hat als binnen Jahresfrist, hat die Commerzbank im abgelaufenen Quartal einen Gewinnsprung verbucht. Wie das Institut am Mittwoch mitteilte, stieg das operative Ergebnis dank eines starken Kundengeschäfts und steigender Zinseinnahmen im Privatkundengeschäft von 32 Mill. Euro im Vorjahr auf 544 Mill. Euro.
Der Konzerngewinn lag mit 470 Mill. Euro deutlich über den Erwartungen der Analysten, die dem Institut im Schnitt einen Konzerngewinn von 370 Mill. Euro zugetraut hatten. In dem von hohen Ausgaben für Stellenabbau und Filialschließungen geprägten Vorjahreszeitraum hatte das Institut einen Konzernverlust von 527 Mill. Euro ausgewiesen. Das Risikoergebnis fiel mit 106 Mill. Euro niedriger aus als die erwarteten 131 Mill. Euro. Wie Finanzchefin Bettina Orlopp erläuterte, reflektiert dies eine moderate Zahl von Kreditausfällen, die größtenteils einen Bezug zum Russlandgeschäft hätten.
An der Börse kamen die Zahlen gut an. Mehrere Researchhäuser äußerten sich wohlwollend über die Zahlen. Die Analysten der LBBW erhöhten das Kursziel für die Commerzbank-Aktie von bislang 6,70 Euro auf 7,50 Euro. Die Papiere gingen mit einem Aufschlag von 2,4 % auf 6,90 Euro aus dem Handel.
Dividendenpläne bestätigt
Konzernchef Manfred Knof warnte davor, dass sich das Konjunkturumfeld im zweiten Halbjahr weiter eintrüben könnte – insbesondere wenn Russland die Gaslieferungen nach Deutschland einstellen würde. Unter der Voraussetzung, dass es nicht zu diesem Worst-Case-Szenario für die fertigende Industrie kommt und auch nicht zu weiteren Belastungen im Zusammenhang mit dem Schweizer-Franken-Kreditportfolio der polnischen Konzerntochter MBank, hält er an dem Ziel fest, das gesamte Jahr mit einem Nettogewinn von mindestens 1 Mrd. Euro abzuschließen und erstmals seit Jahren auch wieder eine Dividende auszuschütten. „Die starke Ergebnisentwicklung zeigt, dass unsere Strategie 2024 auch in einer Phase niedrigen Wirtschaftswachstums greift“, unterstrich Knof. Seit seinem Amtsantritt hat das Institut die Zahl der Filialen drastisch zusammengestrichen und viele Stellen abgebaut. Von den einst rund 790 Filialen sind nur noch 450 vorhanden. „Dieses Ziel haben wir frühzeitig erreicht“, unterstrich Knof. Der Aufbau der digitalen Beratungscenter, die künftig an zwölf Standorten 8 Millionen Kunden betreuen sollen, liege im Plan und soll bis November abgeschlossen sein.
Bei dem angekündigten Abbau von brutto 10 000 Stellen kommt das Institut ebenfalls gut voran. Rund 4750 Beschäftigte hätten das Institut bereits verlassen, mit weiteren 2950 Beschäftigten seien Ruhestandsregelungen vertraglich fixiert worden, die bis Ende 2024 in Kraft treten. Knof zeigte sich zuversichtlich, dass bei einem Großteil der noch abzubauenden 2 300 Stellen in der zweiten Jahreshälfte eine Regelung erzielt werde.
Abschied vom Kostenziel
Nach der Deutschen Bank verabschiedete sich nun auch die Commerzbank von ihrem absoluten Kostenziel von 5,4 Mrd. Euro im Jahr 2024. Angesichts der hohen Inflation ist dies nach Angaben Orlopps nicht mehr zu halten, was jedoch durch steigende Erträge voraussichtlich mehr als ausgeglichen werde. Der Vorstand habe sich darauf verständigt, die Aufwand-Ertrags-Quote als Steuerungskennziffer zu verwenden. Sie soll bis 2024 auf 60% sinken. Im zweiten Quartal sank sie den Angaben zufolge von 93,6 % im Vorjahr auf 64,8 %. Voraussichtlich werde die Commerzbank daher ihr Renditeziel nach oben anpassen können, unterstrich sie.
Commerzbank | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Halbjahr | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Erträge | 5 216 | 4 353 |
Zinsüberschuss | 2 879 | 2 427 |
Provisionsüberschuss | 1 868 | 1 803 |
Fair-Value-Ergebnis | 422 | 485 |
Sonstige | 69 | 47 |
Risikoergebnis | −570 | −235 |
Operatives Ergebnis | 1 289 | 570 |
Ergebnis vor Steuern | 1 250 | –406 |
Konzernergebnis | 768 | –394 |
Aufwandsquote (%) | 64,3 | 81,5 |
Mat. Eigenkapitalrendite (Netto-RoTE, %) | 5,4 | −3,9 |
Kernkapital (CET1, %) | 13,7 | 13,4 |
Beschäftigtenzahl* | 36 773 | 38 671 |
*) Vollzeitkräfte ohne NachwuchsBörsen-Zeitung |