Im Gespräch:Christian Storck

„Die Entwicklung ist unbefriedigend“

Erste ESMA-Zulassungen für den Einsatz der neuen Technologie in Handel und Settlement können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das DLT-Pilotregime in der EU nicht frei entfaltet. Linklaters-Experte Christian Storck sieht die Ursache dafür in den vielen Einschränkungen des Rechtsrahmens.

„Die Entwicklung ist unbefriedigend“

IM GESPRÄCH: CHRISTIAN STORCK

„Die Entwicklung ist unbefriedigend“

Der Linklaters-Kapitalmarktexperte hadert mit den Einschränkungen des DLT-Pilotregimes – Hoffen auf Nachregulierung

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Mit dem DLT-Pilotregime ist ein wichtiges Projekt zur Erneuerung der Finanzmarktinfrastruktur der Europäischen Union (EU) ins Stocken gekommen. Diese Meinung vertritt Christian Storck, Global Head of Capital Markets bei Linklaters, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Es wurden bislang nur vier Anträge eingereicht, und in der Sandbox hat sich bislang wenig getan“, sagt er. Aus seiner Sicht liegt das auch an der zu restriktiven Gestaltung, die das im März 2023 in Kraft getretene Regime unattraktiv für Banken und Tradinghäuser mache.

Mit dem Rechtsrahmen will die EU-Kommission eine Grundlage für den Handel und die Abwicklung von DLT-basierten Wertpapieren schaffen. Mitte Oktober dieses Jahres erlaubte die europäische Marktaufsichtsbehörde ESMA CSD Prague, einer Tochter der Prager Börse, erstmals den Einsatz der neuen Technologie im Settlement. Etwas später erhielt der Blockchain-Dienstleister 21X dann auch eine Zulassung für den Handel (DLT TSS).

Das gesamte Regime ist durch zahlreiche Einschränkungen geprägt und damit für Banken und Tradinghäuser zu restriktiv gestaltet.

Auch hatte die EU-Kommission bereits Mitte des Jahres klargestellt, dass das Pilotregime keine begrenzte Laufzeit hat. Storck bemängelt jedoch, dass es für weite Teile des Marktes nicht gilt, etwa für Covered Bonds, Zertifikate und den Eigenhandel. Dies führe zwangsläufig zu einer Liquiditätsarmut im Ökosystem, so der Linklaters-Experte. „Zudem fehlt die Cash-Komponente in der Abwicklung“, moniert der Kapitalmarktexperte. „E-Money-Token sind zwar nutzbar, jedoch nur solche, die von Banken emittiert sind und nicht von Häusern, die lediglich über eine E-Money-Lizenz verfügen.“

Das gesamte Regime sei von zahlreichen ungünstigen Kompromissen geprägt, die seine Effektivität beeinträchtigen. „Gerade jetzt sollte man auch im Hinblick auf die sich in den USA entwickelnde Regulierung schauen, dass das Handelsvolumen steigt“, mahnt Storck. Denn sonst gehe der beabsichtigte Wettbewerbsvorteil für die Europäische Union vollständig verloren.

In der Abwicklung fehlt die Cash-Komponente. E-Money-Token sind zwar nutzbar, jedoch nur solche, die von Banken emittiert sind und nicht von Häusern, die lediglich über eine E-Money-Lizenz verfügen.

Dabei könnte das Zusammenbringen von Trading und Settlement auf einer DLT-Infrastruktur einiges bewirken. Storck hofft, dass über eine Nachregulierung die Mängel im Pilotregime behoben werden könnten − und die USA könnten da als Katalysator wirken.

Ampel-Ende ein Bremsklotz

Dabei droht gerade der nächste Bremsklotz: Mit dem vorzeitigen Ende der Ampel-Koalition wird wohl das eigentlich fertige „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ nicht mehr verabschiedet. Dieses benötigt man aber bei der EU-Mica-Verordnung für das sogenannte Grandfathering, das EU-Recht mit deutschem in Einklang bringt. Aber nur mit dem KMAG (Crypto Markets Supervision Act) kann die BaFin im Rahmen der Micar als nationale Aufsicht für deutsche Kryptoverwahrer fungieren, um damit das Passporting in andere EU-Länder zu ermöglichen. „Ich rechne nicht damit, dass das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz noch vor der Bundestagswahl im Februar verabschiedet wird. Das ist bedauerlich, da dies dem Finanzplatz Deutschland schadet.“

EZB Trials wunderbar gelaufen

Reibungslos verlaufen sind hingegen die EZB Trials zum Settlement von Wertpapieren über DLT-Infrastruktur. „Das hat super funktioniert. Wir haben die beiden KfW-Transaktionen begleitet und können im Sinne aller Beteiligten sagen, dass sich die Cash-Seite über die Anbindung der Bundesbank-Trigger-Lösung wunderbar darstellen lässt, um synchron zum Asset-Transfer zu laufen − und genau so soll es ja sein.“

Der Repo-Markt ist riesig, und eine Tokenisierung könnte erhebliche Effizienzen in der Abwicklung bringen.

Was Storck außerdem hervorhebt: Die von Swiat als DLT-Plattform mit DekaBank und LBBW durchgeführte erste Repo-Transaktion. Repo-Geschäfte, auch Rückkaufvereinbarungen (Repurchase Agreements) genannt, sind eine marktübliche Form der besicherten Geldaufnahme, bei der häufig festverzinsliche Wertpapiere eingesetzt werden. „Der Repo-Markt ist riesig, und eine Tokenisierung könnte erhebliche Effizienzen in der Abwicklung bringen. Das bietet großartige Skalierungsmöglichkeiten. Dafür könnte man auch einen eigenen Pool für das Management von Sicherheiten schaffen, ein Collateral Hub für Cross-Border-Geschäfte, der auch rechtliche Aspekte harmonisiert.“

Gut gemeint, schlecht gemacht: Das EU-Regime für tokenisierte Wertpapiere steckt voller Mängel. Das Konstrukt sei von vielen ungünstigen Kompromissen geprägt, die seine Effektivität beeinträchtigen, so Christian Storck von Linklaters im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.