ESMA-Chefin fordert mehr Kompetenzen für Wertpapieraufsicht
Ross reklamiert mehr ESMA-Kompetenz
Aufseherin beklagt geringen Fortschritt in der Kapitalmarktintegration
wbr Frankfurt
Auf dem Finanzplatztag der Börsen-Zeitung am Dienstag stellte Verena Ross, Vorsitzende der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die dringenden Herausforderungen und den Reformbedarf der europäischen Kapitalmärkte in den Mittelpunkt ihrer Rede. Sie betonte die Notwendigkeit einer einheitlicheren Aufsicht, den Abbau von Marktfragmentierung sowie eine stärkere Berücksichtigung der Anlegerinteressen.
Ross sprach sich für eine Erweiterung der Kompetenzen von ESMA aus, insbesondere in Bereichen mit grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen. Eine zentrale, einheitliche Aufsicht könne dazu beitragen, regulatorische Arbitrage zu vermeiden und eine konsistente Marktüberwachung sicherzustellen.
„Die Möglichkeit einer direkten Aufsicht auf EU-Ebene des Finanzmarktes sollte geprüft werden – insbesondere dort, wo Unternehmen grenzüberschreitend tätig sind oder das Risiko von Aufsichtsarbitrage besteht“, so Ross.
Zudem warnte sie vor zusätzlichen Hürden: „Wir müssen der Versuchung widerstehen, neue Komplexitätsebenen hinzuzufügen.“ Stattdessen müsse eine effizientere Regulierung angestrebt werden, die Marktteilnehmer entlastet, ohne dabei auf notwendige Kontrollen zu verzichten.
Fragmentierung als Wachstumshemmnis
Die Zersplitterung und die große Zahl an Handelsplätzen, zentralen Verwahrstellen und Gegenparteien führe zu Ineffizienzen und erschwere den freien Kapitalfluss innerhalb der EU. „Die europäische Finanzmarktlandschaft leidet nach wie vor an Überkomplexität."
Laut Ross sind in den vergangenen Jahren kaum Fortschritte bei der grenzüberschreitenden Kapitalmarktintegration erzielt worden. Das stelle nicht nur ein Hindernis für Investitionen und Unternehmensfinanzierungen dar, sondern könne auch dazu führen, dass Europa als Finanzplatz an Bedeutung verliere. Frankfurt, derzeit als führendes Finanzzentrum der EU positioniert, könne langfristig nur seine Stellung behaupten, wenn es in eine engere europäische Zusammenarbeit eingebettet sei.
Mehr Transparenz und bessere Vergleichsmöglichkeiten
Ein weiteres wichtiges Anliegen der ESMA sei der Anlegerschutz, insbesondere von Kleinanlegern. Die Kapitalmärkte müssten zugänglicher und verständlicher werden, damit Verbraucher fundierte Entscheidungen treffen können. „Wir in der ESMA wollen die Anleger stärker in den Mittelpunkt der Märkte stellen und bei ihrer Reise auf den Kapitalmärkten angemessen unterstützen.“
Ross sprach sich für nutzerfreundliche digitale Lösungen sowie transparente und verständliche Finanzprodukte aus. Ein konkretes Beispiel sei die Idee einer Vergleichsplattform: „Eine greifbare Verbesserung für Anleger könnte ein Vergleichstool sein, das es ihnen erleichtert, sich grenzüberschreitend unter den verschiedenen Produktoptionen zurechtzufinden.“ ESMA werde bis Ende des Jahres eine tiefgehende Analyse zu Gebühren, Kosten und Performance von Finanzprodukten durchführen, um mögliche Defizite in der Transparenz aufzudecken.
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