Europas Banken sind laut Aufsicht widerstandsfähig
Europas Banken sind laut Aufsicht widerstandsfähig
EZB ist zufrieden mit Kapitalausstattung – Dennoch leichte Anhebung von Puffern – Politische und makroökonomische Risiken haben Top-Priorität
fir Frankfurt
Mit Liquiditäts- und Kapitalpuffern der Banken im Euroraum zeigt sich die EZB-Aufsicht weitgehend zufrieden. Trotz der zugute gehaltenen Robustheit legen die Aufseher die Messlatte für die verlangten Kapitalanforderungen ein kleines bisschen höher. Sorge bereiten ihnen globale wirtschaftliche wie politische Unsicherheiten.
Die EZB-Bankenaufsicht hat den von ihr überwachten Banken im Großen und Ganzen eine starke Kapital- und Liquiditätsausstattung, die deutlich über den regulatorischen Anforderungen liegt, sowie gute Profitabilität, robuste Assetqualität und generell Resilienz bescheinigt. „Der Bankensektor des Euroraums blieb 2024 widerstandsfähig“, resümierten die Aufseher am Dienstag anlässlich der alljährlichen Vorstellung der Ergebnisse des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP).
Im Zuge dessen legen sie zusätzliche Kapitalanforderungen für 2025 fest und machen den Banken gegebenenfalls Vorgaben, die sie innerhalb bestimmter Fristen abzuarbeiten haben. Stand September war die EZB für die Aufsicht über 113 Großbanken in der Eurozone zuständig, darunter 25 Institute aus Deutschland.
Unsicherheit nimmt zu
Zugleich mahnten die Aufseher vor Abwärtsrisiken, die vor allem Folge geopolitischer Verwerfungen sein könnten, wie den Konflikten im Nahen Osten, dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und einer möglichen Eskalation zwischen den USA und China wegen Taiwan. Auch die jüngste Präsidentschaftswahl in den USA führt die EZB-Aufsicht ins Feld, ohne weiter ins Detail zu gehen. Gemeint sein dürften Befürchtungen eines von Donald Trump angezettelten Handelskrieges. Bereits bei der Vorlage des Finanzstabilitätsberichts hatte die EZB vor einer Zunahme protektionistischer Tendenzen und geopolitischer Unsicherheit gewarnt.
Warnung vor Schocks
„Erhöhte geopolitische Risiken wirken sich über verschiedene Kanäle auf die Banken aus“, sagte die Vorsitzende der EZB-Bankenaufsicht, Claudia Buch. „Ungünstige geopolitische Ereignisse werden von den Finanzmärkten oft nicht eingepreist, was zu einer abrupten Neubewertung von Risiken führen kann, wenn solche Ereignisse eintreten.“ Die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber derartigen Schocks und makroökonomischen Herausforderungen hat die Aufsicht deshalb erneut zur aufsichtlichen Top-Priorität erklärt. Die Banken müssten wachsam und umsichtig bleiben, so Buch.
Im Schnitt stieg die harte Kernkapitalquote der europäischen Banken dieses Jahr leicht auf 15,8%. Die Anforderungen der EZB an hartes Kernkapital und die sogenannten Säule-2-Empfehlungen, die in Form von hartem Kernkapital zu erfüllen sind, wurden minimal angehoben. Sie steigen von durchschnittlich 11,2% der risikogewichteten Aktiva (RWA) in diesem Jahr auf 11,3% im nächsten. Die gesamten Kapitalanforderungen wachsen von 15,5 auf 15,6% der RWA.
Vier Faktoren bewertet
Die Bankenaufsicht beurteilt im SREP vier Faktoren: die Geschäftsmodelle der Banken, Governance und Risikomanagement, Kapitalrisiken sowie Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken. Jede dieser Kategorien bekommt einen Scorewert zwischen 1 und 4 zugewiesen (gut bis schlecht). Daraus errechnet sich der Gesamtscore.
Je nach Scorewert legt die EZB institutsspezifische Kapitalanforderungen und -empfehlungen (Säule 2) fest, die über die für alle Banken vorgeschriebenen Mindestanforderungen (Säule 1) hinausgehen. Säule-2-Anforderungen (P2R) sollen Risiken abdecken, die in den Mindestanforderungen nicht berücksichtigt sind, Säule-2-Empfehlungen (P2G) sollen für zusätzliche Spielräume sorgen, um in Stresssituationen nicht die anderen Kapitalpuffer antasten zu müssen. Halten Banken Anforderungen nicht ein, kann das laut EZB rechtliche Folgen nach sich ziehen. Empfehlungen sind anders als Anforderungen nicht rechtsverbindlich, die Aufsicht erwartet aber, dass sie eingehalten werden.
Stabile Benotung
Die durchschnittliche SREP-Bewertung hat sich mit 2,6 erneut nicht verändert, der Wert ist seit Jahren weitgehend stabil. Drei von vier Instituten wurden wie 2023 beurteilt, 11% verschlechterten sich, vor allem wegen Zinsrisiken und Exposures im gewerblichen Immobiliensektor, und 15% verbesserten sich, was mit einer höheren Rentabilität zusammenhänge, wie Buch ausführte.
Meiste Mängel betreffen Kreditrisikomanagement
18 Institute erhielten Säule-2-Aufschläge wegen unzureichend abgedeckter notleidender Kredite und neun Banken wegen riskanter gehebelter Kredite, teilte die EZB mit. 97 Banken wurden mit sogenannten qualitativen Maßnahmen bedacht. Sie müssen festgestellte Mängel beheben. Hauptsächlich betrifft dies das Kreditrisikomanagement (29%) und die Unternehmensführung (23%).