EY Studie

Europas Großbanken machen Boden auf US-Häuser gut

Eine Studie von EY Financial Services zeigt, dass die europäischen Großbanken die Profitabilitätslücke zu den US-Häusern zuletzt senken konnten. Der Erfolg dürfte jedoch nur von kurzer Dauer sein.

Europas Großbanken machen Boden auf US-Häuser gut

phh Frankfurt

Europas Großbanken sind profitabler geworden und haben ein wenig Boden auf US-Häuser gutmachen können. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung von EY, die der Börsen-Zeitung vorliegt. Die Unternehmensberatung hat dafür die nach Bilanzsumme jeweils zehn größten Banken in den Vereinigten Staaten und Europa miteinander verglichen. Die Autoren verweisen jedoch darauf, dass es sich nur um einen temporären Effekt handeln dürfte.

„Trotz der Belastungen aus Krieg, Inflation und Energiekrise konnten die Institute von der Zinswende profitieren und ihren Gewinn teils deutlich erhöhen“, sagt Thomas Griess, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY. Der kumulierte Nettogewinn von Europas Banken legte um 3,5% auf rund 72,1 Mrd. Euro zu. Gegenüber dem Coronajahr 2020 hat er sich damit fast vervierfacht.

Die US-Banken hingegen mussten 2022 im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang beim Nettogewinn von 23,6% auf rund 140 Mrd. Euro hinnehmen. Die US-Banken haben 2022 im Vergleich zu europäischen Instituten viel stärker unter der Flaute im Investment Banking gelitten. Sobald sich die M&A-Märkte normalisieren und Börsengänge zurückkommen, dürften die US-Häuser diesen Rückgang jedoch schnell wieder kompensieren. Europas Großbanken sind zudem profitabler geworden. Erreichte die durchschnittliche Eigenkapitalrendite europäischer Banken 2020 mit 2,2% ihren Tiefpunkt, war sie im vergangenen Jahr mit 8,3% so hoch wie lange nicht mehr. Weil US-Häuser 2022 gegenüber dem Vorjahr einen Renditerückgang von 15,3 auf 11% verkraften mussten, schrumpfte der Renditevorsprung der US-Amerikaner auf 2,7% zusammen. So eng war es letztmals im Jahr 2017.

Auch mit Blick auf den Börsenwert haben Europas Banken im vergangenen Jahr aufgeholt. Seit Jahresbeginn bis Anfang März legte der Börsenwert von europäischen Instituten um 19% auf rund 540 Mrd. Euro zu, wohingegen der Wert von US-Häusern nur um 7% stieg – allerdings auf 1,3 Bill. Euro. Die größten US-Banken bleiben an der Börse damit mehr als doppelt so viel wert wie Europas Großbanken.

Schere geht weit auseinander

Die Gewinnschere bei Europas Banken geht zudem deutlich weiter auseinander als bei den US-Häusern. Mit J.P. Morgan Chase, Bank of America, Citigroup, Wells Fargo, Fannie Mae, Goldman Sachs und Morgan Stanley fuhren sieben der zehn US-Häuser mehr als 10 Mrd. Euro Nettogewinn ein. In Europa gelang das nur der britischen HSBC und der französischen BNP Paribas. Im Schnitt verdienten die US-Häuser rund 13 Mrd. Euro, die europäischen Banken kamen durchschnittlich auf rund 7,2 Mrd. Das einzige deutsche Institut, die Deutsche Bank, verdiente mit 5,5 Mrd. Euro. im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich.

Den mit Abstand größten Gewinn fuhr J.P. Morgan ein, deren Nettogewinn mit rund 35 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr zwar um 17% niedriger ausgefallen ist. Das US-Haus verdiente damit jedoch noch immer fast halb so viel wie die zehn größten europäischen Banken zusammen.

Mit Blick nach vorn werden beide Seiten des Atlantiks vorsichtiger und bereiten sich auf ein schlechteres konjunkturelles Umfeld vor, das EY zufolge auch zunehmend Zahlungsausfälle nach sich ziehen dürfte. Dementsprechend sei bei den untersuchten Banken die Risikovorsorge deutlich angestiegen. Großbanken hätten Milliardensummen zurückgelegt, sagt Griess. Da sich aktuell jedoch abzeichne, dass sich die schlimmsten Befürchtungen in Bezug auf die konjunkturelle Entwicklung nicht bewahrheiten würden, sei zwar mit mehr notleidenden Krediten zu rechnen. Der Anstieg dürfte sich jedoch im Rahmen halten.

Bei den europäischen Banken zeige der Trend insgesamt nach oben. Die Gewinnsituation habe sich in den vergangenen Jahren verbessert, und die Widerstandsfähigkeit habe sich erhöht. In diesem Jahr dürften zudem die Zinseinnahmen der Banken weiter steigen. „Das Kreditgeschäft wird profitabler. Zwar werden die Banken insgesamt bei der Kreditvergabe zurückhaltender – die Gewinne im Kreditgeschäft steigen aber“, prognostiziert Griess.

Auf diesem kurzfristigen Erfolg sollten sich die europäischen Geldhäuser aber nicht ausruhen. EY-Partner Robert Melnyk erkennt zwar an, dass die Banken intensiv an ihrer Kostenstruktur arbeiten und auch versuchen würden, neue Erlösquellen zu erschließen. „Aber bei den Themen Digitalisierung, Technologie und Compliance besteht noch Handlungsbedarf“, unterstreicht der Bankenexperte.

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