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Finanzkriminalität im Aufschwung

Compliance-Profis weltweit rechnen mit einem Anstieg der Finanzkriminalität und wollen deshalb mehr Personal einstellen. Geopolitisch bereitet Russland am meisten Sorge.

Finanzkriminalität im Aufschwung

Die meisten führenden Compliance-Beschäftigten in Banken und Fintechs weltweit erwarten für dieses Jahr einen Anstieg der Finanzkriminalität und wappnen sich dagegen unter anderem mit mehr Personal. Das zeigt der „State of Financial Crime 2023 Report“, den das britische Fintech , das sich mithilfe künstlicher Intelligenz der Abwehr von Finanzkriminalität annimmt, jetzt veröffentlicht hat. 58% der 800 Befragten aus den USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden sowie aus Singapur, Hongkong und Australien geben an, dass ihr Unternehmen die Zahl der Compliance-Mitarbeiter erhöhen werde. 11% sprechen von einer Reduzierung, das restliche Drittel sieht keine Veränderung. 59% bereiten sich auf einen Kriminalitätszuwachs vor, 22% erwarten einen Rückgang.

Die Einschätzung der Praktiker beruhe auf der Erwartung, dass die Finanzkriminalität so wie in früheren Abschwüngen angesichts der prognostizierten wirtschaftlichen Flaute anschwellen werde. Sie werde voraussichtlich nicht nur von „hartgesottenen Berufskriminellen“ ausgehen, schreiben die Autoren des Berichts, sondern auch zu einem guten Teil dem Umstand geschuldet sein, dass ursprünglich rechtschaffene Akteure unter wirtschaftlichem Druck und ansteigenden Lebenshaltungskosten die Grenze zur Finanzkriminalität überschreiten würden.

„Der globale Wirtschaftsabschwung wird den Bereich Finanzkriminalität und Compliance im Jahr 2023 durcheinanderbringen“, heißt es in dem Report. Anstatt in diesem Jahr den „Schockwellen“ der Covid-Pandemie zu entkommen, zeige sich, dass die ernüchternde Entwicklung der Weltwirtschaft, ausgelöst durch Inflation und Krieg in der Ukraine, 99% der Befragten zu der Aussage veranlasse, ihre Risikobereitschaft aufgrund des wirtschaftlichen Um­felds neu zu bewerten.

Russland hat gegenüber der Befragung im Jahr 2021 China als größtes geopolitisches Sorgenkind abgelöst. Hatten dies vor zwei Jahren 43% über das Reich der Mitte und 39% über Russland gesagt, so löst seit dem kriegerischen Überfall auf die Ukraine bei 46% Russland höchste Besorgnis aus und China bei 37%. Etwas abgeschlagen folgen Nordkorea und Iran.

53% der an der Erhebung teilnehmenden Finanzunternehmen und Fintechs haben nach eigenem Bekunden mit Änderungen an ihrem Ge­schäftsmodell auf den Einmarsch reagiert. Die Hälfte hat Vermögenswerte eingefroren, und 44% nehmen keine Kunden in Russland mehr auf. Nur 2% der Unternehmen gaben an, dass der Einmarsch keine Auswirkungen auf ihr Geschäft habe.

Zunehmende Bedeutung gewinnt nach Einschätzung der Befragten nachhaltiges Agieren und die Glaubwürdigkeit der Unternehmen. Sie setzten sich zunehmend einem Reputationsschaden aus, falls sie sich der Bedeutung von ESG-Kriterien und ihrer Rolle bei der Eindämmung von Finanzkriminalität nicht bewusst seien oder sie ignorierten.

„Da Versäumnisse bei der Geldwäschebekämpfung dazu führen können, dass der Aktienkurs eines Unternehmens um durchschnittlich 21% einbricht, überrascht es nicht, dass 34% der Unternehmen Rufschädigung als das Ereignis nannten, das am ehesten Veränderungen in ihrem Unternehmen anstößt“, heißt es in dem Bericht. Das entspreche einem Anstieg von sechs Prozentpunkten im Vergleich mit 2021 und habe somit Wettbewerber als größte Sorge abgelöst. „Diese Ergebnisse spiegeln einen Wandel in der wirtschaftlichen Landschaft wider, die zunehmend von den Medien und Aufsichtsbehörden in Bezug auf das Verhalten und die Kultur von Unternehmen unter die Lupe genommen wird.“

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