Gefahr fürs Geschäftsmodell von HSBC
Aus seiner Sicht mische sich die Volksrepublik China nicht in das Geschäft der Bank ein, beteuerte HSBC-Chef Noel Quinn in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Eine Rückfrage zu einer Nichtantwort wies er unwirsch mit der Bemerkung ab, er habe bereits alles gesagt, was er sagen wollte. Viel interessanter war jedoch, was nicht gesagt wurde. So wurde der Großaktionär Ping An zunächst nicht erwähnt. Dabei war es der Versicherer aus der Volksrepublik, der die Idee einer Zerschlagung der weltgrößten Handelsbank aufbrachte – sicher nicht ohne den Segen der Parteiführung in Peking.
Auf der Hauptversammlung in Hongkong dürfte das Thema erneut aufkommen. Eine Lokalpolitikerin der chinesischen Sonderwirtschaftszone, die daran teilnehmen will, forderte bereits Boardmandate für Ping An. Zudem machte sie sich für die Ausgliederung des lukrativen Asiengeschäfts stark. Die Aktionäre in Fernost haben HSBC die Aussetzung der Dividende zu Beginn des Pandemiejahrs 2020 noch nicht verziehen. Auch für Ping An sind dadurch beträchtliche Einnahmen ausgefallen. Wo man an den unaufhaltsamen Aufstieg der eigenen Nation glaubt, während man den Westen für dem Untergang geweiht hält, mag ein Spin-off des Asiengeschäfts durchaus attraktiv wirken. Schließlich mehren sich die Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung, während in den USA und Westeuropa die Zeichen auf Rezession stehen. Es dürfte jedoch nicht allein um geschäftliche Interessen gehen. Bei HSBC Qianhai Securities wurde bereits ein Parteikomitee gebildet. Man darf gespannt sein, wie lange sich die Bank der schleichenden Übernahme der Kontrolle durch Parteiorgane entziehen kann. Wichtige Führungspositionen in Asien werden ohnehin schon von hochrangigen Parteimitgliedern ausgeübt.
Was tun, wenn es brennt? Quinns Strategie lässt sich mit Pfeifen im Walde zusammenfassen. Natürlich hat es aus Sicht des Managements mehr Sinn, den Status quo zu erhalten, allein schon mit Blick auf die Kosten einer Ausgliederung des Asiengeschäfts. Doch vielleicht ist einfach das Ende des schmalen Grats erreicht, auf dem HSBC weitgehend unbehelligt zwischen Peking und Washington wandeln konnte, ohne sich zu einer Seite bekennen zu müssen. Die Ideologie des Globalismus, die dem Geschäft der Bank äußerst zuträglich war, wird zunehmend durch Nationalismus und Protektionismus verdrängt. Davor pfeifend die Augen zu verschließen, wäre ein verhängnisvoller Fehler.