Goldman bindet CEO Solomon mit hohem Bonus
Goldman bindet CEO mit hohem Bonus
xaw New York
Goldman Sachs bereitet Diskussionen um die Führung des New Yorker Geldhauses vorerst ein Ende. So hat der Wall-Street-Riese Chairman und CEO David Solomon sowie Präsident und Chief Operating Officer John Waldron mit hohen Boni dazu bewegt, an Bord zu bleiben. Die beiden Spitzenkräfte erhalten jeweils Bezugsrechte für Aktienpakete im Gegenwert von 80 Mill. Dollar, die sie über die kommenden fünf Jahre ausüben können. Zudem hob Goldman Solomons Vergütung für das vergangene Jahr um 26% auf 39 Mill. Dollar an.
Wegen Privatkunden-Flop in der Kritik
Der 63-Jährige steht der Bank seit 2018 vor und hat sich in den vergangenen Quartalen freigeschwommen, nachdem er zwischenzeitlich hart unter Beschuss geraten war. Denn Solomon trieb den unter seinem Vorgänger Lloyd Blankfein begonnenen Vorstoß ins Privatkundengeschäft noch voran, doch die zunächst mit hochfliegenden Hoffnungen begleitet Expansion wurde schnell zum Milliardengrab. Ab Oktober 2022 begann Goldman, die Consumer-Banking-Plattform Marcus zurechtzustutzen. Im folgenden Jahr zurrte die Bank Verkäufe der Anlageberatung Personal Financial Management sowie der Ratenkreditplattform Green Sky fest, auch von Kreditkartenpartnerschaften mit Apple und General Motors verabschiedet sich das Institut. Bisher hat das Wall-Street-Haus durch den Privatkundenausflug über 7 Mrd. Dollar verloren.
Zudem hat unter Solomon ein Exodus von Spitzenkräften eingesetzt. Denn infolge einer lang anhaltenden Flaute im Kapitalmarktgeschäft standen die Vergütungen bei Goldman zwischenzeitlich unter Druck, was einige der spartenübergreifend renommiertesten Manager empfänglicher für Angebote der Konkurrenz machte. Die ehemalige US-Regierungsberaterin Dina Powell McCormick war als globale Leiterin des Sovereign-Geschäfts für die Verbindungen des Geldhauses zu Staatsfonds verantwortlich, schloss sich 2023 aber der Merchant Bank BDT & MSD an. Julian Salisbury, Chief Investment Officer der Asset- und Wealth-Management-Abteilung, verlor Goldman an Sixth Street Partners.
DJ-Aktivitäten sorgen für negative Schlagzeilen
Stephanie Cohen, die als Chefin der damaligen Consumer- und Wealth-Management-Sparte einst als erste Frau seit Jahren eine der großen Konzerndivisionen leitete, wechselte nach einem Machtverlust als Chief Strategy Officer zum Internetdienstleister Cloudflare. Die Liste gerade weiblicher Partnerinnen, die Goldman aufgrund von Perspektivlosigkeit in den vergangenen Jahren den Rücken kehrte, lässt sich noch länger fortsetzen.
Derweil schrieb Solomon selbst mit seinen außerberuflichen Aktivitäten negative Schlagzeilen. Denn der CEO ist leidenschaftlicher DJ und stand im Juli 2020 bei einem Benefizkonzert mit dem Duo „The Chainsmokers“ auf der Bühne – der Bundesstaat New York ging anschließend wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen gegen die Veranstalter vor. Zudem erhitzte ein Solomon-Remix des Whitney-Houston-Klassikers „I Wanna Dance with Somebody (Who Loves Me)“ die Gemüter, der 2022 auf Streaming-Plattformen wie Spotify verfügbar wurde. Im Raum stand damals der Vorwurf, Solomon habe seine Geschäftskontakte in unzulässiger Weise genutzt, um die Freigabe für seinen Remix zu erhalten und damit seine DJ-Karriere voranzutreiben.
Tatsächlich zählt die Musikfirma Primary Wave, die Beteiligungen am Werk Houstons hält, zu den Kunden von Goldman Sachs. Der CEO des Publishers, Lawrence Mestel, überzeugte Nachlassverwalterin Pat Houston, Solomon die Erlaubnis zur Nutzung des Liedes zu erteilen – so stellte es die Schwester der 2012 verstorbenen Sängerin dar. Mestel tauchte bereits 2019 in einer von Goldman publizierten Liste der „100 faszinierendsten Unternehmer“ auf. Auch Sony Music, Eigentümerin der Originalaufnahme des Hits, erteilte Solomon ihre Freigabe für die Nutzung von „I Wanna Dance with Somebody“. Dass ein anderer Amateur-DJ derart leicht zur Verwendung eines Welthits komme, ist laut Musikindustrie-Experten nur äußerst schwer vorstellbar.
Kapitalmarkt-Aufschwung verschafft Manager Argumente
Solomon betonte wiederholt, aus seinem Hobby keinen Profit zu schlagen, da er Einnahmen aus seinen Gigs für wohltätige Zwecke spende. Ebenso wenig lasse er sich durch seine DJ-Aktivitäten von seiner Arbeit ablenken. Dennoch bewegte der öffentliche Aufschrei den CEO 2023 dazu, von weiteren öffentlichen Musik-Auftritten abzusehen.
Seither ist die Kritik an dem aus dem New Yorker Vorort Hartsdale stammenden Manager deutlich abgeflaut. Denn Solomon kann auf einen starken geschäftlichen Aufschwung pochen: Infolge geldpolitischer Lockerungen der Federal Reserve steigen die Nachfrage von Unternehmen nach Finanzierungen bedeutend. Die globalen Volumina im Anleihe-Underwriting fielen laut Dealogic 2024 so hoch aus wie seit 2020 nicht. Goldman, die ihren Fokus nach dem verunglückten Consumer-Banking-Ausflug neben dem Asset- und Wealth Management wieder auf die Kernkompetenz Investmentbanking gelegt hat, profitiert davon besonders stark: Die Erlöse der Bank aus dem Fixed-Income-Underwriting zogen im vierten Quartal des vergangenen Jahres um 51% an. Auf Aktienseite sprangen die Einnahmen gar um 98%.
Erfahrener Dealmaker
Damit trugen sie entscheidend dazu bei, dass der konzernweite Umsatz deutlich stärker als erwartet um 23% auf 13,87 Mrd. Dollar kletterte. Unter dem Strich blieb mit 4,11 Mrd. Dollar mehr als doppelt so viel hängen wie im Vorjahreszeitraum, der verwässerte Gewinn pro Aktie übertraf die an der Wall Street herumgereichten Schätzungen von 8,21 Dollar mit 11,95 Dollar ebenfalls klar.
Solomon gehörte zu den ersten Wall-Street-CEOs, die nach dem Einbruch der Jahre 2022 und 2023 öffentlich von „grünen Trieben“ im Kapitalmarktgeschäft sprach. Dem Absolventen des Hamilton College in Clinton, New York, bescheinigen seine Unterstützer das Gespür eines geborenen Dealmakers. Solomon lernte das Bankwesen einst bei der später von Bank of New York Mellon übernommenen Irving Trust kennen, bevor es ihn 1986 zur damals für ihr boomendes Junk-Bond-Geschäft bekannten Drexel Burnham verschlug. Anschließend führte er die Hochzinsanleiheabteilung von Bear Stearns.
Einst als Analyst abgelehnt
Dort galt er als Kandidat für einen Spitzenposten, überraschte viele Brancheninsider 1999 aber mit seinem Wechsel ins Leveraged-Finance-Team von Goldman Sachs. Die Bank machte ihn im Alter von 37 Jahren zum Partner – für Solomon schloss sich damit der Kreis. Denn zu Beginn seiner Karriere hatte er sich auf eine Analystenposition bei Goldman beworben, war jedoch abgelehnt worden. Im Jahr 2006 übernahm Solomon die Sparte der Investmentbanking-Abteilung und wurde 2016 zum Konzernpräsidenten und Co-COO, bevor er zwei Jahre später den damaligen CEO Lloyd Blankfein beerbte.
Nun sitzt der Sammler seltener Weine wohl fester im Sattel denn je. Der ebenfalls langfristig gebundene COO Waldron gilt als möglicher Kandidat für die Nachfolge Solomons. Der Manager, der sich in den Komitees zahlreicher Organisationen für internationale Wirtschaftsbeziehungen sowie Kunst- und Bildungseinrichtungen engagiert, ist in den USA medial stark präsent. Zuletzt soll er mit Apollo Global Gespräche über einen Wechsel auf einen hochrangigen Posten bei dem Alternatives-Riesen geführt haben, die jedoch wohl im Sande verliefen. In den kommenden fünf Jahren dürfte Waldron nun genauso wenig Interesse an einem Jobwechsel haben sein Chef.