Bulwiengesa

Immobilien­käufer halten sich zurück

Der Immobilienmarkt hat im laufenden Jahr einen Dämpfer bekommen. Das ist die Einschätzung des Beratungs- und Analyseunternehmens Bulwiengesa, das in Frankfurt seine Marktstudie 2022 vorgestellt hat. Die Analyse richtet sich an Investoren und orientiert sich an einer Renditemarke von 5 %.

Immobilien­käufer halten sich zurück

wbr Frankfurt

Die Immobilienstudie von Bulwiengesa zum deutschen Markt hat Performanceerwartungen der Segmente Wohnen, Büro, Shoppingcenter und Fachmarktzentren, Hotel, Logistikimmobilien, Micro-Apartments und Unternehmensimmobilien untersucht. Dabei wird bei der Modellierung unterstellt, dass eine Investition für zehn Jahre getätigt und dann verkauft wird.

Für den Immobilienmarkt ist derzeit die Zinspolitik nach Ansicht von Bulwiengesa besonders wichtig. „Nach einem dynamischen Beginn im ersten Quartal 2022 kühlte sich der Immobilieninvestmentmarkt deutlich ab“, heißt es in der Studie. Aufgrund der vielen Unsicherheiten würden Transaktionen verschoben oder verworfen. „Insbesondere neue Engagements in Europa werden überdacht, solange hier ein Krieg herrscht.“ Das Volumen an Projektentwicklungen, die in der Vergangenheit die Treiber des Investmentmarktes gewesen seien, habe deutlich abgenommen. Aufgrund der Baukostenentwicklung und der gestiegenen Finanzierungskosten würden viele Vorhaben an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Darstellbarkeit stoßen. Während die Planungen zurückgefahren würden, sieht das Analysehaus bei den Fertigstellungen noch keine Unterschiede im Vergleich zum Vorjahr. „Der Immobilienmarkt ist träge“, sagte Silvia Beck, Niederlassungsleiterin Frankfurt von Bulwiengesa.

Nachhaltigkeit kostet

Im Bürosegment rechnet der Immobiliendienstleister mit steigenden Anfangsrenditen, die in Verbindung mit der Inflation für steigende Verzinsungen in den meisten Büromärkten sorgen dürften. Dem stünden höhere CapEx-Maßnahmen gegenüber, Investitionen aufgrund steigender Nachhaltigkeitsanforderungen besonders bei Bestandsimmobilien. Am deutlichsten sei der Anstieg der Rendite bei Core-Büroimmobilien in den A-Märkten mit einem Plus um 50 Basispunkte auf 2,7% bei einer Spanne von 0,7% bis 3,3%. Als einziges Marktsegment weisen D-Märkte im Büro eine erzielbare Rendite von mehr als 5% auf. „Das derzeitige Investmentumfeld ist von starker Zurückhaltung geprägt, es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Renditeanstieg sich fortsetzen wird“, heißt es in der Studie.

Insgesamt fällt die Beurteilung für Büroimmobilien neutral aus. Grundsätzlich sei die Nachfrage nach Büroimmobilien aufgrund von Home­office nicht gesunken. Auch gemessen an Spitzenmieten und Leerstandsraten zeige sich noch kein Krisenverlauf, so Beck. In einzelnen Standorten wie Frankfurt sei auch ein Mietwachstum von 41 Euro pro Quadratmeter 2020 auf jetzt 44 Euro festzustellen. „Unternehmen fragen mehr denn je moderne Flächen nach, bei denen das Büro auch ein Begegnungsort sein kann“, sagte Beck. Im Segment Wohnimmobilien stellt Bulwiegesa fest, dass trotz gut gemeinter politischer Forderungen das Projektentwicklungsvolumen in den großen Städten sinke. „Wohnungsinvestoren müssen sich weiterhin auf eine immer umfassendere Regulatorik einstellen, die auch Cashflow-relevant sein kann.“ Hinzu kämen auch hier Forderungen nach energetischen Sanierungen von Bestandsgebäuden, die auf die Performance wirkten. Im Core-Bereich seien derzeit im Mittel 2,3% zu erzielen. Immerhin: Positive Mietentwicklungserwartungen würden das Renditeniveau stützen, heißt es in der Studie.

Zinswende trifft Logistik

Bei Logistikimmobilien sieht das Haus Nachfrage mit deutlichen Aufschlägen bei der Miete. Festzustellen sei, dass die peripheren Lagen inzwischen 60% der Logistikmobilien ausmachen. „Logistikimmobilien waren in den vergangenen Jahren der Star der Branche“, sagte Sven Carstensen, Vorstand von Bulwiengesa. Nun schlage die Zinswende aber auch hier zu Buche. So sei seit der vergangenen Studie von Juni 2021 die Anfangsrendite zunächst noch einmal deutlich gesunken. Seit Frühjahr 2022 würde der Wert aber wieder steigen. „Aufgrund des geringen Transaktionsvolumens kann das Niveau des Anstiegs dabei nur geschätzt werden“, heißt es in der Analyse.

Schwierig ist aus Sicht von Bulwiengesa die Lage weiterhin im Bereich Einzelhandel. „Shoppingcenter liegen wie Steine im Portfolio“, so Carstensen. Bei vielen Shoppingcentern blieben Fragezeichen bezüglich der Nachhaltigkeit der erzielbaren Erträge. Weitere Mietanpassungsrunden seien nicht abgeschlossen. Die Renditespanne reicht in der Kalkulation bei Shoppingcentern derzeit von 3,5% bis 5,3% – und schafft damit in der Spitze die 5-%-Hürde knapp.

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