Impact Investing im Investorenfokus
Nur nachhaltig ist nicht mehr genug. Dass ihre Gelder nicht in umweltschädliche oder sozial unerwünschte Bereiche fließen, setzen zahlreiche institutionelle und private Investoren mittlerweile voraus. Das Kapital soll auch „Impact“ haben und signifikant und messbar zum Klimaschutz beitragen, die Lebensbedingungen benachteiligter Bevölkerungsgruppen verbessern oder soziale Ungleichheiten verringern.
Das Segment der sogenannten Impact Investments ist zwar noch klein, doch es wächst noch stärker als der breitere Markt der ESG-Anlagen (Environmental, Social, Governance). Nach den jüngsten verfügbaren Daten der Brüsseler Organisation für nachhaltiges Investieren Eurosif hat sich das Marktvolumen von Impact Investing in Deutschland von 2017 bis 2018 auf 13 Mrd. Euro verzweieinhalbfacht, während sich ESG-Strategien im selben Zeitraum auf 93,7 Mrd. Euro „nur“ knapp verdoppelten.
Für 2020 hat die Bundesinitiative Impact Investing ein Volumen von 18 Mrd. Euro ermittelt. Diese Zahl stützt sich allerdings auf die Angaben von Investoren und Intermediären und deren jeweils eigene Definition von Impact Investing. Legt man den Begriff dagegen sehr eng aus, sind es laut Studie nur 62 Mill. Euro.
Es zeigt sich, dass es dem Markt bei großem Interesse an Impact-Investment-Angeboten an einer klaren Definition mangelt. Für etwas Licht im Dunkel sorgt die Offenlegungsverordnung der Europäischen Union, die Vermögensverwalter und Anlageberater in Europa seit diesem März dazu verpflichtet, Fonds in eine von drei Kategorien im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeitspolitik einzuordnen. Fonds nach Artikel 6 verfolgen keine expliziten Nachhaltigkeitsziele; Strategien nach Artikel 8 („hellgrün“) setzen sich neben finanziellen auch für nachhaltige Ziele ein, und Artikel-9-Strategien („dunkelgrün“) schließlich formulieren Nachhaltigkeit als zentrales Investitionsziel.
Unscharfe Definition
Womit weiterhin unscharf bleibt, was „nachhaltig“ eigentlich ist. Die Vereinten Nationen geben hierfür zumindest einen unverbindlichen Rahmen vor: Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Organisation reichen von Frieden über den Kampf gegen den Klimawandel bis zur Förderung von Beschäftigung. In ihrer Taxonomieverordnung legt die EU erstmals fest, welche Arten von Wirtschaftstätigkeit als nachhaltig anzusehen sind. Sechs Bereiche werden in der EU ab Anfang 2022 offiziell als nachhaltig im Sinne des Klimaschutzes gelten. Tätigkeiten, die weiteren ökologischen oder gesellschaftlichen Zielen dienen, kommen später dazu.
Dieser sich allmählich herausbildende Rahmen hilft Investoren bei der Auswahl nachhaltiger Anlageprodukte und Anbietern bei deren Vermarktung. Er ist auch eine Voraussetzung für mögliche gesetzgeberische Schritte. Mittelfristig dürften die Regierungen zum Beispiel durch steuerliche Anreize mehr Kapital in gewünschte Sektoren lenken. Gut vorstellbar ist auch, dass die EU öffentlichen Investoren in den kommenden Jahren verbindliche Mindestquoten für ESG-konforme Produkte in ihren Portfolios vorschreiben wird. Konkrete Maßnahmen sind erst bei klarerer Regulierung zu erwarten, aber schon jetzt bereiten sich die Regierungen darauf vor. Beispielsweise hat sich der Bund bereits auf die Förderung von Social-Entrepreneurship und sozialen Innovationen festgelegt. Nach der Bundestagswahl im Herbst dürfte eine neue Regierung über eine mögliche Erhöhung des Tempos entscheiden.
Nur wenige Produkte
Bislang gibt es nur wenige Investmentprodukte, die in die höchste Kategorie der EU-Taxonomie fallen, da die Praxis noch zu klären hat, wie die Anforderungen umzusetzen sind. Investoren müssen darauf nicht warten, denn schon aktuell finden sich zahlreiche Fonds, bei denen ein Engagement unter Impact-Gesichtspunkten lohnt, auch wenn sie sich selbst bislang aus Vorsicht als Artikel-6- oder Artikel-8-Fonds einstufen.
Ähnlich ist es bei der Auswahl von Unternehmen für ein Impact-Portfolio. Die Kriterien, welche Branchen und Geschäftsmodelle als nachhaltig gelten, werden sich weiterentwickeln. Ein Investor muss in seiner Impact-Due-Diligence selbst herausfinden, ob ein Unternehmen künftig positive Wirkung entfalten kann. Solche Firmen wird er nicht unbedingt nur unter etablierten börsennotierten Konzernen finden. Viele, die derzeit Lösungen für ökologische und soziale Probleme entwickeln, sind junge Firmen. Und viele „Sustainable Entrepreneurs“ findet man nicht nur in den Industrienationen, sondern auch in Schwellenländern. Wichtig ist bei dieser Art von Investments ein langfristiger Horizont. Dafür bieten sich alternative Anlageklassen an, vor allem Private Equity.
Es gibt eine riesige Bandbreite von Geschäftsmodellen mit Impact-Potenzial – von ressourcenschonenden Technologien bis hin zu mobilen Apps, die die Geschäftstätigkeit in Schwellenländern fördern. Auch ein Unternehmen, das bislang nicht gerade nachhaltig wirtschaftet, kann unter Impact-Gesichtspunkten interessant sein, wenn es mit Nachdruck seine ESG-Transformation vorantreibt. Solche Investments versprechen, neben der angestrebten ESG-Wirkung, auch eine attraktive Rendite. Regulatoren und Investoren werden die Bewertungen von Unternehmen mit glaubwürdiger ESG-Ausrichtung stützen. Auch zunehmende Reputations- und Rechtsrisiken für solche Firmen, die sich dem Wandel verweigern, dürften sich auf die Multiples auswirken. So wird Impact Investing als reinste Form des nachhaltigen Investierens weiterhin deutlich schneller als der breitere Markt wachsen und immer stärker in den Investorenfokus rücken.