Regulierung

Kryptobranche ringt um Wallet-Regeln

Die EU will künftig kaum Spielraum lassen für selbstverwaltete Digital-Asset-Vermögen. Der Kryptobranche steht damit eine nächste Auseinandersetzung mit den europäischen Institutionen bevor.

Kryptobranche ringt um Wallet-Regeln

bg Frankfurt – Die Kryptobranche steht vor der nächsten Auseinandersetzung mit den europäischen Institutionen. Es geht um die Kontrolle der sogenannten „Unhosted Wallets“ bei Transaktionen, die von den Systemen zur Geldwäscheverhinderung (AML) erfasst werden sollen. Hierbei soll grundsätzlich die „Travel Rule“ der Financial Action Task Force (FATF) zur Weitergabe von Konto­informationen und Identitäten implementiert werden – für Kryptoassets allerdings mit verschärften Regeln gegenüber Euro/Dollar-Transfers, was die Lobbyisten auf den Plan gerufen hat.

So weist Coinbase in einem Blogeintrag darauf hin, dass der Entwurf des Europaparlaments zur „Transfer of Funds Regulation“ (TFR) eine Erfassung sämtlicher Transaktionen von selbstverwalteten Wallets vorsieht und nicht wie bei Fiat-Währungen üblich erst ab einem Betrag von 1000 Euro – und das unabhängig davon, ob überhaupt ein Verdachtsfall vorliegt. Der Entwurf lasse sogar die Möglichkeit offen, Transfers von solchen Wallets komplett zu verbieten, heißt es. Zudem sähen die Bestimmungen vor, dass die Handelsplattformen Daten von Nichtkunden mit selbstverwalteten Wallets sammeln und verifizieren müssten, wenn diese an Coinbase-Kunden Token/Guthaben senden wollen. Das wäre so, als ob man seiner Bank erst die persönlichen Daten des Zahlungsempfängers übermitteln müsste, bevor man das Geld schickt, schreibt der Chief Legal Officer von Coinbase, Paul Grewal. Das sei in der Praxis fast unmöglich und diese Datensammlung zu Nichtkunden widerspreche auch EU-Prinzipien des Datenschutzes und der Proportionalität.

Die Frage der Hoheit über ihre eigenen Daten und Verwendung der Guthaben ist äußerst wichtig für die Kryptonutzer, wollen sie doch in gewissem Rahmen unabhängig vom Bankensystem agieren. Dem steht der Kampf gegen Geldwäsche entgegen, der nun in der Sanktionierung russischer Vermögen gipfelte. Allerdings ist es so, dass Kryptotransaktion auf einer Blockchain verzeichnet werden und in der Regel damit sogar die Wallet-Adressen öffentlich einsehbar und damit Transaktionen nachverfolgbar sind. Das haben sich die Behörden mit Hilfe von Blockchain-Forensikern wie Chainalysis und Elliptic schon bei Betrugsfällen zunutze gemacht. Von daher haben die Kryptolobbyisten nicht unrecht, wenn sie für bessere Schwellenwerte beim Wallet-Geldtransfer plädieren.

Die Abstimmung zur TFR könnte schon am Donnerstag im Econ-Ausschuss des Europaparlaments stattfinden. Wird der Entwurf umgesetzt wie geplant, könnten Digital-Asset-Firmen wohl keine Transaktionen mehr mit „Unhosted Wallets“ durchführen, da sie Gefahr liefen, Complianceverstöße zu begehen. Solche Wallets lassen sich appgestützt über Metamask führen oder über einen USB-Stick (nebst Sofware) wie von Ledger. Dabei obliegt die Verwaltung der kryptografischen Schlüssel den (privaten) Nutzern. Mit Verabschiedung des Entwurfs ginge TFR dann in den Trilog-Prozess.

Dieser hat für die generelle Regulierung von Kryptoassets über den Mica-Entwurf Ende vergangener Woche begonnen. Zwar hatten die Grünen noch versucht, den Entwurf von Berichterstatter Stefan Berger (CDU) zu verhindern, aber sie bekamen nicht die dafür erforderlichen 10% der Stimmen zusammen. Damit ist ein hartes Verbot von Proof-of-Work-Verfahren vom Tisch. Allerdings können die Schwellenwerte in der Taxonomie auch sehr prohibitiv formuliert werden, womit Bitcoin Mining kaum noch ökonomisch sinnvoll zu betreiben wäre. Die Parameter dafür dürften auch über die entstehende Regulierung von Rechenzentren gesetzt werden, die grüne Energie nutzen sollten – Frankfurt hat einen solchen Plan für Rechenzentren schon verabschiedet.

USA geben sich offen

Die europäischen Gesetzgeber müssen sich außerdem damit auseinandersetzen, dass in den USA eine grundsätzlich kryptofreundliche Regulierung Gestalt annimmt. Dort gehen Federal Reserve und Finanzministerium davon aus, dass es eine Koexistenz von Stablecoins und Zentralbankgeld (CDBC) geben wird, wobei die Anforderungen für Stablecoin-Emittenten noch formuliert werden müssen. In der Mica ist wohl vorgesehen, dass nur Banken Stablecoins in Umlauf bringen dürfen. Die Stablecoin-Regulierung soll in Abstimmung mit der EZB erfolgen. Das von Banken tokenisierte Giralgeld kann auch als Stablecoin eingesetzt werden, müsste aber für Payment-Zwecke an die Massenzahlungssysteme (Sepa) der Notenbanken angebunden werden.

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