Sozialpartnerschaft

Moderne Tarifarbeit auf Augenhöhe

Sozialpartner müssen zusammenarbeiten, um die Vorteile einer sich verändernden Arbeitswelt für beide Seiten nutzbar zu machen.

Moderne Tarifarbeit auf Augenhöhe

Die Arbeitswelt verändert sich in rasendem Tempo und die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch einmal massiv beschleunigt. Arbeitsprozesse wurden in Rekordzeit digitalisiert, neue Formen der Führung und Zusammenarbeit umgesetzt und in vielen Bereichen wurden flexible Wege gefunden, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. So schwer die vergangenen zwei Jahre waren, hat die Pandemie doch gleichzeitig aufgezeigt, was möglich ist – und vieles, was in dieser Zeit provisorisch eingeführt wurde, soll nach dem Willen von Arbeitnehmern wie Arbeitgebern auch nach Corona den Arbeitsalltag bereichern.

Zukunftsthemen gestalten

Das zu ermöglichen ist zentrale Aufgabe der Partner der Tarifarbeit. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften müssen Zukunftsthemen identifizieren, diskutieren und – wo angebracht – in feste Vereinbarungen gießen. Dabei muss partnerschaftlich verhandelt werden, was sinnvollerweise institutionalisiert werden kann und wo eine flexible Regelung auch in Zukunft lohnender ist.

Angesichts dieser Herausforderung braucht es jetzt mehr denn je eine moderne Tarifarbeit. Während früher der fast ausschließliche Fokus auf dem Thema Vergütung lag, muss es heute gleichberechtigt um Themen wie mobiles Arbeiten, transparente Aufstiegschancen, flexible Arbeitszeitgestaltung und lebenslanges Lernen gehen. Dabei gilt es, Lösungen zu finden, die den Beschäftigten zugutekommen und es gleichzeitig der oftmals sehr heterogenen Gruppe an Arbeitgebern erlaubt, nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften.

Wie dies gelingen kann, zeigt der kürzlich abgeschlossene Tarifvertrag für die über 60 000 Beschäftigten der öffentlichen Banken. Nach neun Monaten und sechs Verhandlungsrunden haben die Sozialpartner ein wirklich zukunftsweisendes Gesamtpaket geschnürt.

Natürlich ist auch die Vergütung ein wichtiger Teil des Tarifabschlusses. Vereinbart wurde ein sehr gutes Gesamtpaket, das die Folgen der Inflation für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Banken spürbar abfedert. Gleichzeitig war den Tarifparteien wichtig, durch eine Corona-Sonderzahlung sowie eine Einmalzahlung die unteren Einkommensgruppen gezielt zu entlasten. Sie sind auch besonders stark von der hohen Inflation betroffen.

Durch die Coronazahlung, die bei den meisten Beschäftigten bereits im Vorgriff auf die Tarifeinigung steuer- und abgabenfrei angekommen ist, erkennen die Arbeitgeber zudem die Belastungen und Leistungen der Beschäftigten der öffentlichen Banken in der Coronakrise an, insbesondere bei der Bewältigung der Antragsflut für Coronahilfen an die deutsche Wirtschaft.

Teil des Gehaltspakets ist auch die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit um eine Stunde bei vollem Lohnausgleich, eine moderne Regelung, die der fortschreitenden Automatisierung Rechnung trägt und gleichzeitig den Beschäftigten mehr Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung eröffnet.

Recht auf mobiles Arbeiten

Auch beim Thema mobiles Arbeiten gab es eine Übereinkunft. So wurde ein Anspruch auf mobiles Arbeiten von bis zu 40 % der wöchentlichen Arbeitszeit im Tarifvertrag verankert. Gleichzeitig haben die Tarifparteien bei weiteren Modernisierungsthemen Lösungen gefunden. So wird mit dem Abschluss die Möglichkeit zur Entgeltumwandlung zum Zwecke nachhaltiger Mobilität geschaffen. Auch kann zur Sicherung von Arbeitsplätzen die Arbeitszeit vorübergehend gesenkt werden. Wie bei der Kurzarbeit wird in diesen Fällen ein Teil des entfallenen Gehalts durch die Unternehmen ausgeglichen.

Zusammen mit dem bereits Mitte August abgeschlossenen Nachwuchskräftetarifvertrag haben die Parteien damit Regelungen getroffen, die den Weg in eine moderne, digitale und nachhaltige Arbeitswelt für die Beschäftigten der öffentlichen Banken ebnen. Zudem erlaubt der Abschluss den Instituten eine praxisorientierte und wirtschaftlich leistbare Umsetzung.

Nichts geschenkt

Gemeinsam haben Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter in den Verhandlungsrunden zeitgemäße und passgenaue Lösungen entwickelt. Dabei haben sich die Tarifvertragsparteien auch hier nichts geschenkt. Die lange Dauer der Tarifrunde und die Tatsache, dass die Verhandlungen von zahlreichen Aktionen begleitet wurden, machen das deutlich. Gleichzeitig hat es sich bewährt, von Anfang an auf einen offenen und konstruktiven Dialog auf Augenhöhe zu setzen. So konnten Probleme gemeinsam frühzeitig identifiziert und Differenzen zielgerichtet überwunden werden. Das Ergebnis des Tarifabschlusses zeigt, dass sich dieser Ansatz für beide Seiten lohnt. So werden die Vorteile der modernen Arbeitswelt nutzbar gemacht, für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer.

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