Nachhaltigkeit wird für Immobilienprojekte unverzichtbar
Von Thomas List, Frankfurt
Der Markt für Kreditfonds boomt. In Deutschland gilt das ganz besonders für die auf Immobilien spezialisierten Kreditfonds. Mit einer zusätzlichen Spezialisierung nur auf Wohnen und seit Neuestem Sozialimmobilien gehört Agora Invest zu den Pionieren auf dem Markt. Bereits 2014 wurde der „Agora Invest REM 2 – Residential“ aufgelegt, ein offener Spezialfonds nach Luxemburger Recht. 2020 kam der Teilfonds „Social and Care“ dazu, beide mit einem Volumen von jeweils 300 Mill. Euro. Versicherer, Pensions- und Zusatzversorgungskassen haben zwischen 10 Mill. und 30 Mill. Euro investiert.
Hohe Ausschüttungen
Mit der Entwicklung zeigt sich Unternehmensgründer und geschäftsführender Gesellschafter von Agora Invest, Michael Legnaro, sehr zufrieden. „Der Markt für nachrangige Finanzierungen lief auch 2021 sehr gut“, sagte er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Im vergangenen Jahr schüttete der „Residential“ 60 Euro pro Anteil aus, die Ausschüttungsrendite (auf den Nennwert) lag bei 6% „Die interne Verzinsung IRR betrug 8,95%.“ Die Fonds investieren über börsennotierte Inhaberschuldverschreibungen überwiegend in Projektentwicklungen entweder in Wohnimmobilien in großen deutschen Städten oder in Sozialimmobilien wie altersgerechte Wohnimmobilien, betreutes Wohnen und Pflegeeinrichtungen. Dazu kommen Ärzte- oder Pflege- und Betreuungszentren.
Eines der zentralen Themen im täglichen Geschäft ist für Legnaro die Nachhaltigkeit unter dem Stichwort ESG. „Investoren wollen keine Immobilien mehr kaufen, die bei diesem Thema nicht vollständig auf dem aktuellen Stand sind.“ Agora werde daher keine Projektentwicklungen mehr begleiten, bei denen ESG nicht vom Projektentwickler klar adressiert werde.
Den plötzlichen Stopp der KfW-Förderprogramme kritisierte Legnaro deutlich. Die Lücken müssten jetzt durch andere, teurere Mittel wie Nachrangdarlehen gefüllt werden, was die Margen des Projektentwicklers reduziert und/oder den Preis für den Endabnehmer erhöht. „Aktuell geht es eher in die Preise.“ Die Politik müsse hier für Klarheit sorgen, forderte Legnaro. „Stellt man, wie jetzt offenbar geplant, nur ein begrenztes Fördervolumen zur Verfügung, stellt sich die Frage der Verteilung. Wer zu spät kommt, erhält dann nichts mehr.“ So könnten Projektentwickler nicht planen. Damit rückten die Absicht, den Immobilienbestand in Deutschland klimaverträglich zu machen, ebenso in weite Ferne wie das von der Bundesregierung angekündigte Ziel, jährlich 400000 Wohnungen zu bauen. „Das wird vor allem die mehr als 100000 geplanten Sozialimmobilien treffen, die ganz besonders auf Fördermittel angewiesen sind, um entsprechend niedrige Mieten darstellen zu können.“
Über die beiden Teilfonds hat Agora bisher ein Finanzierungsvolumen von rund 400 Mill. Euro abgewickelt. „Wir finanzieren bis zu 90% der Herstellkosten, das sind 70 bis 75% des Verkehrswerts.“ Die Projektentwickler müssten einen Eigenanteil zwischen 5 und 10% der Herstellkosten leisten. Dieser aus Sicht von Legnaro sehr konservative Ansatz habe dazu geführt, dass es bisher keinen einzigen Ausfall weder bei den halb- oder ganzjährig fälligen Zinszahlungen noch bei den Rückzahlungen gab. „Erfolgsbeteiligungen wie beim Mezzaninkapital gibt es bei uns nicht.“
Abgesichert werden die Finanzierungen über das Grundbuch und/oder notarielle Schuldanerkenntnis mit Unterwerfungsklausel, teilweise auch zusätzliche Sicherheiten auf andere Grundstücke des Projektentwicklers oder Bürgschaften.
8 bis 10 Prozent Zinsen
„Unsere Finanzierungstranchen reichen von 5 bis 20 Mill. Euro zu 8 bis 10% Zinsen bei einer Laufzeit bei aktuellen Engagements von 18 Monaten.“ Im Gesamtportfolio liegt die Duration bei etwa zwölf Monaten. „Über diese Frist lassen sich Markt- und Preisentwicklungen gut einschätzen. Über zehn Jahre ist das schon schwieriger.“ Abgelöst werden die Finanzierungen in 80 bis 90% der Fälle über Investoren, die über Forwarddeals einsteigen. Manchmal übernehmen die Entwickler die Projekte auch in den Eigenbestand.
Bei Gesundheitsimmobilien sieht Legnaro einen großen Bedarf, weshalb Agora 2020 den Teilfonds „Social and Care“ auflegte. „Das Angebot betreuter oder altersgerechter Wohneinheiten mit Wahlleistungen ist noch viel zu gering.“ Da sie günstiger seien als Pflegeheime, werden sie sowohl von den potenziellen Nutzern als auch von den Kommunen stark nachgefragt.
Sehr im Kommen sind auch Stadtquartiere, in denen sich Wohnungen für Familien mit solchen für Ältere durchmischen und es sowohl Kitas als auch Betreuungseinrichtungen gibt. „Wir übernehmen für Teilabschnitte wie das betreute Wohnen, Pflegezentren, im Ausnahmefall auch eine Kita, die Nachrangfinanzierung.“ Der zweite Fonds erfülle damit neben den Umweltzielen auch soziale Zielsetzungen (aus ESG).
In Bezug auf den Private-Debt-Markt verwies Legnaro auf 2015, als es neben Agora nur sehr wenige Wettbewerber gab. „Von Anfang an war unser Fonds komplett aufsichtsrechtlich genehmigt. Wir haben schon immer alle Vorschriften der Anlageverordnung für Versicherer und von Solvency II erfüllt.“ Über die Jahre habe sich der Wettbewerb verstärkt, so dass die vor 2014 erreichbaren Margen von 10 bis maximal 15% deutlich auf 8 bis 10% zurückgegangen sind.
„Unser Vorteil liegt in unserer Fokussierung auf Wohn- beziehungsweise Sozialimmobilien. Dadurch haben wir dort ein besseres Netzwerk.“ Agora stehe mit vielen Wettbewerbern, die nur große Tranchen von 50 bis 100 Mill. Euro machen wollten, gar nicht im Konkurrenzverhältnis. „Wir sind häufig am Anfang eines Projektes dabei, wenn es um 10 oder 15 Mill. Euro für den Erwerb der Grundstücke oder die Begleitung der B-Plan-Verfahren für eine Quartiersentwicklung geht. Steht dann die Umsetzung eines mehrere Hundert Millionen Euro großen Projektes an, lösen uns die größeren Finanzierer ab – zu deutlich niedrigeren Zinssätzen, als wir sie erhalten haben.“