Neue Klimaziele sind frohe Botschaft für die Banken
Der energie- und emissionsintensive Immobiliensektor steht im Mittelpunkt neuer Klimaschutzinitiativen: Nach Wunsch der Europäischen Kommission sollen in der EU bis 2050 alle Gebäude klimaneutral werden. Banken würden von dem daraus resultierenden immensen Investitionsbedarf profitieren. Ihnen bietet sich die Chance, den klimagerechten Umbau zu finanzieren und gleichzeitig die erwartbar steigenden regulatorischen Anforderungen zur Nachhaltigkeit zu erfüllen. Dabei sind Banken mit „grünen“ Finanzierungslösungen dem Wettbewerb voraus.
Etwa 35% des Energieverbrauchs und 16% der gesamten Treibhausgas-Emissionen hierzulande entfallen auf Gebäude. Da der Immobiliensektor zudem sein CO2-Einsparziel für 2020 verfehlte, setzt das neu geschaffene Bauministerium auf weitreichende Klimaschutzinitiativen. Um die Klimaziele für Gebäude perspektivisch zu erreichen, wird es aber unerlässlich sein, gerade auch die Modernisierung von Bestandsimmobilien zu beschleunigen. Mit ihren Plänen für eine neue Gebäuderichtlinie hat die Europäische Kommission im Dezember 2021 für Aufsehen gesorgt. Diese sieht eine Sanierungspflicht für besonders energieintensive Altbauten vor. Sollte der Gesetzesvorschlag angenommen werden, müssten in Deutschland bis 2030 drei Millionen Gebäude modernisiert werden. Diese Mammutaufgabe wird nur dann gelingen, wenn die öffentliche Hand den damit verbundenen Investitionsbedarf mit weitreichenden Förderprogrammen begleitet.
Die Nachfrage nach Fördermitteln ist enorm: so mussten einige KfW-Förderprogramme nach dem Jahreswechsel eingestellt werden, da die dafür vorgesehenen Mittel vorzeitig ausgeschöpft wurden. Die zuständigen Ministerien arbeiten aktuell unter Hochdruck an neuen Förderkonzepten. Neben der KfW haben die Förderbanken der Bundesländer begonnen, Nachhaltigkeitsinitiativen aufzulegen, um Anreize für klimafreundliche Immobilienvorhaben zu schaffen.
Vom erweiterten Förderportfolio der Förderbanken dürften letztlich vor allem Hausbanken in den jeweiligen Bundesländern profitieren – denn Anträge für die Förderung können von Interessenten meist nur bei einem Kreditinstitut vor Ort gestellt werden. Im Wettbewerb mit „grünen Banken“ erhalten Finanzinstitute mit regionaler Präsenz auf diese Weise nun Rückenwind. Sie können auf Basis der Förderungen „grüne Immobilienfinanzierungen“ für Privatkunden anbieten, ohne dafür selbst profitable ESG-Produktvarianten entwickeln zu müssen – denn darin besteht derzeit die größte Herausforderung für viele Banken und Sparkassen.
„Grüne Baufinanzierungen“ gewinnen zunehmend an Bedeutung. Institute wie die GLS Bank, Commerzbank, Ethik Bank oder die Hypovereinsbank sind mit nachhaltigen Finanzierungslösungen im Markt etabliert, die energieeffiziente Kauf-, Bau-, Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben oder den Einsatz ökologischer Baustoffe mit Zinsvorteilen honorieren („Greenium“). Dabei liegen Zinsrabatte gewöhnlich zwischen 10 und 15 Basispunkten. Doch warum räumen Banken bereitwillig Sonderkonditionen ein?
Die Institute haben erkannt, dass Banking mit „positivem Impact“ an Attraktivität gewinnt und ein glaubwürdiges Nachhaltigkeitsprofil einen echten Vorteil im Wettbewerb um finanzstarke Kunden bietet. Gerade bei ihnen zeigt sich eine zunehmend stärkere Verbindung von nachhaltigem Lebensstil und bewussten Kaufentscheidungen. Sie fragen klimafreundliche Finanzprodukte nach und so auch verstärkt grüne Finanzierungslösungen. Dabei sind nachhaltige Immobilienvorhaben meist mit höheren Investitionen verbunden, sodass Banken von steigenden Kreditvolumina profitieren. Perspektivisch bestehen bei diesen Kunden zudem vielversprechende Anknüpfungspunkte zu ESG-konformen Wertpapier- oder Giroprodukten.
Doch ein weiterer Aspekt dürfte entscheidend sein: Grüne Banken antizipieren, dass geplante regulatorische Initiativen für sie unmittelbar von Vorteil sein könnten. So folgt die Gewährung eines „Greenium“ letztlich einem weiteren Rational: Nachhaltiges bzw. energieeffizientes Bauen dürfte sich mittel- bis langfristig positiv auf die Wertentwicklung von Immobilien und damit auch auf die Verwertbarkeit von Immobiliensicherheiten aus Bankensicht auswirken. Ferner ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Regionalbanken zukünftig den Anteil grüner Finanzierungen und Investitionen in ihren Büchern ausweisen müssen. Verbindliche Quoten für nachhaltige Finanzierungen („Green Asset Ratio“) sowie Eigenkapitalerleichterungen für grüne Kredite („Green Supporting Factor“) werden aktuell auf EU-Ebene diskutiert. Grüne Baufinanzierungen werden für das Management somit auch im Kontext von Kredit- und Reputationsrisiken zu einem relevanten Faktor. Der Wettbewerb um diese Finanzierungen dürfte sich daher absehbar noch verschärfen, und Institute tun gut daran, frühzeitig die Weichen zu stellen.Um die ambitionierten Klimaziele der EU und der Bundesregierung zu erreichen, müssen Bestandsimmobilien im Rekordtempo saniert und klimafreundliche Neubauten zum Standard werden. Für Banken ist das eine gute Nachricht. Sie werden einerseits vom steigenden Finanzierungsbedarf profitieren und tragen andererseits maßgeblich zum nachhaltigen Umbau des Gebäudesektors bei – ein wichtiger Stellhebel mit Blick auf sowohl Kredit- und Reputationsrisiken als auch auf zukünftige regulatorische Anforderungen. Im Wettbewerb um die besten Kunden haben Institute mit einem ausgeprägten Nachhaltigkeitsprofil, grünen Produktangeboten und umfassender ESG-Beratungskompetenz allerdings einen spürbaren Vorsprung.