NGFS arbeitet an neuen Szenerien für Klimarisikostresstests für Banken
Banken und Unternehmen können künftig bei Stresstests zu Klimarisiken auf Szenarien mit einem deutlich kürzeren Zeithorizont zurückgreifen. „Unser Ziel ist, künftig auch Szenarien mit einem Zeithorizont von drei bis fünf Jahren anzubieten“, sagt Sabine Mauderer im Interview der Börsen-Zeitung. Die Vizepräsidentin der Bundesbank ist seit Januar 2024 auch Vorsitzende des Network for Greening the Financial System (NGFS). Dieses internationale Netzwerk von Zentralbanken und Finanzmarktaufsichtsbehörden erarbeitet Klimaszenarien, die bei den allermeisten Klimarisikostresstests weltweit die Grundlage bilden. Bislang bilden die vorhandenen Szenarien die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels bis 2050 ab.
„Wenn ein Vorstandsvertrag drei bis fünf Jahre läuft, dann ist das der Zeitraum, der für den Manager relevant ist“, sagt Mauderer. Durch die neuen Szenarien erhofft sich die NGFS-Vorsitzende, dass sich die Wirtschaft noch stärker darauf konzentriert, wie sie mit den Folgen des Klimawandels umgehen will. „Auf diese Transitionspläne werden Investoren in Zukunft immer stärker schauen“, meint Mauderer.
Hohe Schäden durch den Klimawandel
Das NGFS hat Anfang November neue Modellrechnungen für die Auswirkungen des Klimawandels auf das globale Wirtschaftswachstum vorgelegt. Bei einer Beibehaltung der aktuellen Klimapolitik fällt die weltweite Wirtschaftsleistung bis 2050 um 15% geringer aus als in einer hypothetischen Welt ohne Klimawandel. Zuvor war das NGFS nur von einem Rückgang um etwas mehr als 5% ausgegangen. „Wahrscheinlich ist das tatsächliche Ausmaß der klimabedingten Schäden sogar noch sehr viel höher“, meint Mauderer zu der neuen Prognose. „Denn die Modelle berücksichtigen noch nicht den höheren Meeresspiegel, Klima-Kipppunkte oder sozioökonomischen Faktoren wie Klimamigration.“ Dies könne aktuell noch nicht quantifiziert werden, dürfte sich jedoch in den kommenden Jahren ändern.
Wie sich der Klimawandel auf die Inflation im Euroraum auswirken wird, ist laut Mauderer noch offen. Es sei gut möglich, dass die Inflationsrate volatiler werde. Die grüne Transformation der Wirtschaft könnte zumindest in der kurzen Frist zudem den Inflationsdruck erhöhen. Unabhängig von den Inflationseffekten sei es für die Bundesbank zentral, sich mit dem Thema Klimawandel stark auseinanderzusetzen. „Leider ist der Klimawandel zunehmend ein signifikantes finanzielles Risiko, das wir nicht ignorieren können“, sagt Mauderer.
Das vollständige Interview, in dem sich Sabine Mauderer unter anderem auch zur Strukturschwäche der deutschen Wirtschaft und der Bedeutung der Kapitalmärkte für die Altersvorsorge äußert, finden Sie hier.