Nyse bringt sich für aufgeheizten Wettbewerb in Stellung
Wettbewerb der US-Börsenbetreiber heizt sich auf
New York Stock Exchange begegnet neuer Konkurrentin mit Umzug von Ableger nach Dallas – Finanzstandort Chicago gerät unter Druck
Die New York Stock Exchange verlegt ihren Ableger in Chicago nach Dallas. Im unternehmensfreundlicheren Klima des Südstaats will sie zusätzliche Listings anziehen und einer neuen Konkurrentin, der TXSE, die Grenzen aufzeigen. Im Konkurrenzkampf der Marktbetreiber steht nun auch die Nasdaq unter Zugzwang.
xaw New York
Die New York Stock Exchange (Nyse) setzt im aufgeheizten Wettbewerb der US-Börsenbetreiber ein Zeichen. So verlegt das Unternehmen seinen 143 Jahre alten Ableger in Chicago nach Dallas, um im unternehmensfreundlichen Klima in dem Südstaat neue Listings anzuziehen. Mit dem Schritt geht der Marktbetreiber von der Wall Street auf Konfrontationskurs mit einer neuen Konkurrentin: Die Texas Stock Exchange (TXSE), die von Investoren wie dem Vermögensverwalter Blackrock und dem Marketmaker Citadel Securities gestützt wird, kündigte im vergangenen Jahr an, ab 2025 um Trading-Volumina buhlen zu wollen.
Neue Bedrohungen
Ab dem kommenden Jahr wollen die Texaner dann im Listing-Markt angreifen – und damit im eigentlich lukrativen Teil des Börsengeschäfts, in dem die Nyse und Nasdaq bislang dominant sind und der den beiden New Yorker Riesen seit Jahren konstant steigende Erlöse beschert. Die TXSE schlägt damit in die gleiche Kerbe wie die Investors Exchange oder die als Optionsbörse bekannte CBOE Global Markets. Diese haben bei ihren Versuchen, in den Markt für Aktiennotizen vorzustoßen, bisher zwar nur bescheidene Fortschritte erzielt. Auch ist es für neue Börsen schwierig, Trading-Volumina anzuziehen, weil Investoren an den geschäftigsten Handelsplätzen aktiv sein wollen.
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Die Nyse sieht die Bedrohung durch die Texaner aber offenbar als ernst genug an, um ihr vor Ort zu begegnen. Der Südstaat versucht, sich über eine niedrige Besteuerung und lockere Regulierung als Bastion für Unternehmen zu positionieren. Das verfängt: Seit 2015 sind nun mehr als 300 große Unternehmen nach Texas umgezogen – inzwischen beheimatet der Lone Star State mehr Mitglieder der Fortune 500 als jeder andere Bundesstaat.
Neben Elon Musks Gesellschaften um den Kurznachrichtendienst X und die Raumfahrtfirma SpaceX haben auch führende Konzerne wie der Ölriese Chevron ihren Hauptsitz gen Süden verlegt. Zahlreiche weitere Gesellschaften haben sich indes darangemacht, ihre Eintragung als Kapitalgesellschaft von der bisherigen Hochburg Delaware nach Texas zu verschieben, wo sie ihren Minderheitsaktionären weniger Mitspracherecht einräumen müssen.
Große Ambitionen
Zudem will Austin die Ansiedlung von Handelsplätzen fördern und so mehr Kapital anziehen. „Wir werden zur Finanzhauptstadt Amerikas“, frohlockte der texanische Gouverneur Greg Abbott nach der Ankündigung der New Yorker Börse in der abgelaufenen Börsenwoche. Mit dem Start der Nyse Texas werde der Lone Star State indes nicht nur seine finanzielle Schlagkraft innerhalb der USA untermauern, sondern sich auch auf der Weltbühne stärker ins Rampenlicht rücken.
Experten zweifeln zwar noch daran, dass die neuen Handelsplätze in Texas angesichts der im Vergleich zu New York geringeren Markttiefe bei ausländischen IPO-Kandidaten schnell auf hohes Interesse treffen werden. Auch spiele eine Rolle, dass ein Börsengang an der Wall Street in den Augen globaler Investoren prestigeträchtiger sei. Doch für US-Gesellschaften, die sich in Donald Trumps Amerika mit republikanischen Kräften gut zustellen suchten, sei ein Listing unter dem Label der Nyse Texas interessant.
Delle im Image von Chicago
Der New Yorker Marktbetreiber muss vor dem Umzug seines Ablegers regulatorische Freigaben abwarten. Die Nyse übernahm die 1882 gegründete Chicago Stock Exchange 2018, dort läuft vor allem Hochfrequenzhandel, an dem sich Hedgefonds beteiligen. Für diese Marktteilnehmer ändert sich durch den Umzug zwar wenig, das Image des Finanzstandorts Chicago erhält allerdings eine Delle. Zuletzt lästerte bereits der Hedgefonds-Guru Ken Griffin, der mit seiner Citadel-Gruppe 2022 aus Illinois nach Florida umgesiedelt war, über die Windy City ab. Kriminalität und Gewalt schüfen ein unangenehmes Geschäftsumfeld in Chicago, Politik und Bürokratie seien durch Korruption und Unfähigkeit geprägt.
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Die Metropole am Lake Michigan bleibt indes Hochburg von Terminbörsen wie Cboe Global Markets und dem Marktführer, der CME Group – deren härteste Wettbewerberin wiederum die Nyse-Mutter Intercontinental Exchange ist. CME-Chef Terrence Duffy bekräftigte im Interview der Börsen-Zeitung zuletzt, „keinen Mehrwert“ darin zu sehen, ins Geschäft mit Aktienlistings einzusteigen und den Wettbewerb anzuheizen. „Es gibt mit der Nyse und der Nasdaq bereits zwei große Marktplätze für Listings, und diese sind mehr als fähig, so viele IPOs abzuhalten wie möglich“, sagte Duffy. Unternehmen hätten beim Gang an eine andere Börse wenig zu gewinnen. „Um in dieses Geschäft vorzustoßen, müsste ein neuer Marktplatz schon sehr einzigartige Dienstleistungen anbieten“, betonte der CEO. Das sei jedoch zeitaufwendig und teuer.
Streit um Diversität
Die TXSE will es dennoch versuchen und pocht dabei auf ihre angeblich apolitische Positionierung. Gerade an der Nasdaq lösten Diversitätsquoten für die Verwaltungsräte gelisteter Unternehmen in den vergangenen Jahren kontroverse Diskussionen aus, bevor ein US-Berufungsgericht diese im vergangenen Jahr kippte. Doch die Quoten haben bei Vertretern der Tech-Szene, die den Marktbetreiber ursprünglich wegen niedriger bürokratischer Hürden schätzten, einen faden Nachgeschmack hinterlassen. Nun muss auch die Nasdaq eruieren, wie sie im aufgeheizten Wettbewerb der Börsenbetreiber wieder punkten kann.