Assekuranz

Resilienz-Reserven geben Talanx Sicherheit

Der Mehrmarkenversicherer Talanx bekräftigt sein bisheriges Gewinnziel für 2022 trotz „starker Gegenwindfaktoren“. Ein Puffer durch Resilienz-Reserven sorgt für Sicherheit.

Resilienz-Reserven geben Talanx Sicherheit

ste Hamburg

Der Versicherungskonzern Talanx hat nach einem im ersten Halbjahr auf 560 (i.V. 546) Mill. erhöhten Nettogewinn das seit vorigem Herbst geltende Ergebnisziel im gesamten Geschäftsjahr 2022 von 1,05 bis 1,15 (1,01) Mrd. Euro bekräftigt – trotz deutlich erhöhter Großschadenbelastung in den ersten sechs Monaten. In einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern an­läss­lich der Vorlage des Zwischenberichts zum 30. Juni äußerte sich Finanzvorstand Jan Wicke angesichts „starker Gegenwindfaktoren“ wie auch der erhöhten Inflation zufrieden über das erreichte Ergebnis. Er fügte mit Blick auf die Prognose aber hinzu, man müsse sich „dafür wahrscheinlich schon ein bisschen strecken, damit das genau so passt“.

Die Bestätigung des bisherigen Gewinnziels begründete er auch mit Verweis auf den aktuellen Puffer in den sogenannten Resilienz-Reserven. Dieser einmal jährlich veröffentlichte Wert ist die Differenz aus einer Bewertung von rund 94% der Rückstellungen durch externe Aktuare und eigenen Berechnungen, die konservativer seien, so Wicke. „Das hilft in solchen Situationen.“ Nicht zuletzt für die Folgen der erhöhten Inflation sieht sich der Konzern „gut gerüstet“. Der jüngste Vergleich ergab, dass in den eigenen Berechnungen 3 Mrd. Euro mehr reserviert wurden.

Unter Vorbehalt

Das Gewinnziel steht unter dem Vorbehalt, dass das Großschadenbudget für das Geschäftsjahr eingehalten wird. Für 2022 liegt das Limit bei 1,81 Mrd. Euro, für das zweite Halbjahr ergeben sich 994 Mill. Euro. Der zeitanteilige Rahmen der ersten sechs Monate von 816 (681) Mill. Euro wurde, wie die Talanx mitteilte, bei einer im Vorjahresvergleich verdoppelten Großschadenbelastung von 1,08 Mrd. (526 Mill.) Euro um rund ein Drittel oder 267 Mill. Euro übertroffen – nach einem Überlauf um 71 Mill. Euro im ersten Quartal. Der größte Anteil – Großschäden vor allem aus Naturkatastrophen – entfiel mit 507 Mill. Euro auf die Schaden-Rückversicherung.

Rückstellungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, die nach den ersten drei Monaten des Jahres bei 150 Mill. Euro lagen, wurden in den Konzern-Geschäftsbereichen Industrie- und Rückversicherung zum Ende des zweiten Quartals auf insgesamt 346 Mill. Euro erhöht – wobei allein 316 Mill. Euro der Hannover Rück zuzurechnen sind, an der die Talanx mit 50,2% beteiligt ist. Annähernd 80% der Gesamtsumme sind laut Wicke für Schäden reserviert, von denen man in Hannover annimmt, dass sie bereits eingetreten sind, die aber bislang noch nicht von Kunden oder Zedenten bei der Hannover Rück gemeldet wurden. Das sei eine im Wettbewerbsvergleich „recht vorsichtige Reservierung“, meinte der Talanx-CFO. Dennoch sei die Zahl unsicher, der Krieg dauere an. Viele der Schäden, die man am Ende abrechnen werde, hingen auch von der Nachkriegsordnung und der Frage ab, welche Werte gerettet oder weiterverwertet werden könnten. Als einer der größten möglichen Schäden gilt der Verlust von Flugzeugen, die an russische Fluggesellschaften verleast sind.

Neben der Belastung im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg fielen im ersten Halbjahr auf 672 (261) Mill. Euro kräftig gestiegene Rückstellungen für Großschäden aus Naturkatastrophen sowie eine Vorsorge von 65 (264) Mill. Euro für sogenannte Man-Made-Schäden an. Ohne die Kriegslasten hätte die im ersten Halbjahr auf 98,4 (95,9)% verschlechterte kombinierte Schaden-Kosten-Quote des Konzerns bei 96% gelegen, so Wicke.

Der Finanzchef betonte, dass Talanx trotz des „sehr herausfordernden Umfelds“ stark wachsen könne. Mit dem Anstieg der Bruttoprämien um 17,7% auf 28,3 Mrd. Euro sei der Konzern im ersten Halbjahr überproportional zum Wettbewerb gewachsen. Die Erstversicherung trug 40 (42)% zum Prämienwachstum von währungskursbereinigt 13,5% bei. Für das Gesamtjahr erwartet Talanx nun ein Plus im oberen anstatt im mittleren einstelligen Prozentbereich. Das zweistellige Prämienwachstum des ersten Halbjahres wird als Beleg für bereits erfolgte Prämienanpassungen infolge der erhöhten Inflation sowie für ein starkes Neugeschäft gesehen.

Anleger halten sich zurück

Anleger zeigten sich zurückhaltend: Nach einem anfänglichen Plus von 1,1% rutschte die Talanx-Aktie als einer der größten Tagesverlierer im MDax bis Börsenschluss im Xetra-Handel um 2,5% auf 35,72 Euro ab.

Talanx
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr      
in Mill. Euro20222021
Bruttoprämien28 33224 075
Nettoprämien21 18918 272
Versich.-techn. Ergebnis        −498−982
Kapitalanlageergebnis1 8872 350
Operatives Ergebnis1 3581 333
Konzernergebnis1560546
Ergebnis je Aktie (Euro)2,212,16
Eigenkapitalrendite (%)11,810,5
Combined Ratio (%)298,495,9
Haftendes Kapital18 10422 7043
Kapitalanlagen142 297147 8353
Beschäftigtenzahl24 049239543
1) ohne Anteile nicht beherrschender Gesellschafter; 2) kombinierte Schaden-Kosten-Quote in der Schaden-Erst- und Rückversicherung; 3) zum 31.12.2021Börsen-Zeitung
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