Schufa erwägt Datenbank zur EU-Taxonomie
jsc Frankfurt
Die Schufa will ihr Geschäftsmodell mit einer Reihe von neuen Dienstleistungen ausweiten. Die Auskunftei im Eigentum von Banken und Sparkassen fasst dabei eine Plattform ins Auge, die Angaben von Unternehmen zur EU-Taxonomie einheitlich bündelt und für Abfragen aufbereitet, wie Schufa-Chefin Tanja Birkholz am Dienstagabend vor Journalisten in Frankfurt sagte. Andernfalls müssten Firmen möglicherweise wiederholt gegenüber diversen Banken offenlegen, welche Anteile ihres Geschäfts dem europäischen Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeit entsprechen. Künftig könnten Banken diese Daten mit Zustimmung der Unternehmen an die Schufa weiterleiten. Die Organisation arbeite dazu mit einem Fintech zusammen. Einen konkreten Zeitplan gebe es nicht, eine Entscheidung für ein Angebot stehe aus, sagte die Managerin. Noch handele sich um ein Pilotprojekt.
Während die Gaskrise Unternehmen und Privatleute verunsichert und sich eine Rezession abzeichnet, blickt die Schufa optimistisch auf ihr Geschäft. Den Umsatz von 249 Mill. Euro im vergangenen Jahr will die Gesellschaft ausbauen. Eine wachsende Bedeutung von Online-Handel und Kreditplattformen stärkt das Geschäft, wie die ehemalige Commerzbank-Managerin ausführte. So stellten Händler regelmäßig Anfragen, wenn Kunden auf Rechnung bezahlten, während Kreditplattformen etliche Banken einbezögen, die ihrerseits potenzielle Kunden überprüften. Hinzu kommen Abomodelle für Privatleute, die über die gesetzlich vorgeschriebenen kostenlosen Auskünfte hinaus weitere Informationen bereitstellen. Ein Gewinnziel nannte Birkholz nicht. Im vergangenen Jahr fuhr die Schufa einen Bilanzgewinn von 49 Mill. Euro ein.
Für private Verbraucher will die Schufa zeitnah ein Instrument einführen, mit dem sie beispielhaft eine Bonitätsnote, also einen Score, berechnen können. Dabei legt die Schufa sieben Variablen zugrunde, von einem ursprünglich erwogenen Modell mit 17 Kennziffern nimmt sie Abstand. Privatleute sollten das Angebot „verdauen“ können, sagte sie. Die vollständige Rechenmethodik veröffentlicht die Schufa nicht, spricht aber mit unabhängigen Experten darüber, wie Birkholz sagte. Bis Ende 2024 will die Gesellschaft dann eine App entwickeln, mit der Privatpersonen ihren tatsächlichen Punktestand einsehen sowie berechnen können, wie sich bestimmte Ereignisse auswirken würden. Außerdem ist eine spezielle App für Schuldnerberatungsstellen für das kommende Jahr geplant.
Problemfälle häufen sich
In 187 Millionen Fällen erteilte die Schufa im vergangenen Jahr eine Auskunft an Unternehmen, häufig an Kreditinstitute, aber auch andere Adressen wie Händler, Telekommunikationsfirmen oder Grundversorger. Die Kreditanfragen nahmen im laufenden Turnus bereits um 16% zu, während die Zahl der tatsächlichen Abschlüsse um 8% stieg – es werden also mehr Kreditanfragen als zuvor abgelehnt, wie Birkholz ausführte. Die Zahl der Negativmeldungen, die etwa bei Zahlungsverzug eintreten, kletterte in den vergangenen acht Wochen um 20% im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Sprung fällt allerdings geringer aus, wenn der Wert mit der Zeit vor der Pandemie verglichen wird. Gegenüber 2019 beträgt das Plus lediglich 5%. Die Lage könnte sich noch verschärfen, sagte Birkholz und wiederholte ihre Warnung von September. „Da braut sich etwas zusammen.“
Die Schufa, die ihre Wurzeln in der „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ im Jahr 1927 verortet, sei landläufig fast jedem Menschen bekannt, sagte sie. In einer Umfrage bewertete aber fast ein Viertel der Befragten das Unternehmen negativ. Dabei mache die Auskunftei Geschäfte überhaupt erst möglich. Ohne ein Schuldnerverzeichnis läge die Ausfallrate von Krediten nicht bei ungefähr 2%, sondern in der Größenordnung von 12%, führte sie aus.
Nachdem die Übernahmepläne des Finanzinvestors EQT ins Leere liefen, hält sich Birkholz zurück. „Ich bin froh über jeden, der den Transformationsprozess unterstützt“, sagte sie lediglich. Kurz vor der Jahresmitte hatten die Adressen der genossenschaftlichen Finanzgruppe ihren Anteil erhöht. Gemeinsam mit den Sparkassen halten sie somit die Mehrheit der Anteile und können einen Einstieg von EQT verhindern.