Treiber für die Konsolidierung

Scope sieht Unicredit-Attacke als Chance

Die deutsche Empörung über den Einstieg von Unicredit bei der einst mit Steuergeld geretteten Commerzbank ist groß. Die Berliner Ratingagentur Scope wagt einen frischen Blick auf das Thema.

Scope sieht Unicredit-Attacke als Chance

Reprivatisierungen als Treiber
für Bankenkonsolidierung?

Nach Meinung des Scope-Analysten Marco Troiano sollte die Anschleichattacke von Unicredit auf die Commerzbank Schule machen.

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Über die strukturelle Schwäche des europäischen Bankensektors ist hinlänglich lamentiert worden. Während die US-Banken nach der temporären Zwangsbeglückung mit Steuergeld schon bald nach der von ihnen verursachten Finanzkrise wieder vor Kraft strotzten, sind viele der hiesigen Banken noch immer teilverstaatlicht und gelten größtenteils als abgehängt. Die Hoffnung, dass die viel beschworene Konsolidierung Abhilfe verschaffen würde, wollte sich bislang nicht erfüllen.

Unbefangener Blick auf die Anschleichattacke

Vor diesem Hintergrund hat Marco Troiano, Branchenspezialist bei der Berliner Ratingagentur Scope, in einer am Mittwoch veröffentlichten Publikation einen erfrischend unbefangenen Blick auf das Vorgehen der italienischen Großbank Unicredit gewagt. Deren Anschleichattacke im Zuge des von der Bundesregierung angekündigten Teilverkaufs der von ihr gehaltenen Commerzbank-Anteile wird in der hiesigen Finanzbranche und wohl auch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als ziemlich rüpelhaft empfunden.

Die allgemeine Empörung hat eine interessante Allianz geschmiedet, der sich neben Bankmanagern auch Arbeitnehmervertreter, Finanzprofessoren, Mittelständler und Gewerkschaftsfunktionäre angeschlossen haben. Nicht zu vergessen all jene weitgehend Unbeteiligten, die den Italienern wahlweise grundsätzlich nicht oder aber ihrer derzeitigen Regierung nicht über den Weg trauen. Obwohl viele Gegner eigentlich glühende Anhänger der freien Marktwirtschaft sind, scheint die frisch sanierte Commerzbank eine Art Schutzinstinkt zu wecken.

Scope-Analyst stimmt nicht ein

In diesen Chor mag Troiano, dessen Nachname freilich eine italienische Herkunft nahelegt, nicht einstimmen. Stattdessen solle das Beispiel Schule machen. In seinen Augen haben die europäischen Regierungen den Ausstieg viel zu lange verschleppt. Ein beherzter Verkauf der noch im Staatsbesitz befindlichen Bankaktien und der Mut zu grenzüberschreitenden Fusionen hätten das Potenzial, nicht nur das Vertrauen in den Sektor, sondern auch in die Bankenunion nachhaltig zu stärken, schreibt er.