Silicon Valley Bank kämpft um ihre Kunden
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Die staatlich gerettete Silicon Valley Bank kämpft um ihre Kunden. Wie die Bank mitteilte, sei sie wieder „open for business“. Es sei eine neue Brückenbank ins Leben gerufen worden, die vom US-Finanzministerium zwar reguliert werde, jedoch nicht länger unter der Zwangsverwaltung des US-amerikanischen Einlagensicherungsfonds (FDIC) stehe. Alle Gegenparteien der alten Bank könnten mit der neuen Bank Geschäfte machen. Zudem seien alle Kreditpositionen der Silicon Valley Bank auf die neue Bank übertragen worden. Geleitet wird die Silicon Valley Bridge Bank, N.A. von Tim Mayopoulos, der vom FDIC als neuer Chef eingesetzt wurde.
In einer Nachricht an die SVB-Kunden warb der 64-jährige Jurist um deren Vertrauen. Man tue alles, was man könne, um das Vertrauen wieder aufzubauen und zurückzugewinnen. Die Bank sei sich bewusst, dass die letzten Tage eine äußerst schwierige Zeit gewesen seien, und sie sei dankbar für die Geduld der Kunden. Die neue SVB sei nun wieder für den Geschäftsbetrieb geöffnet und arbeite hart daran, alle Systeme und Lösungen wieder online zu bringen. „Wir vergeben neue Kredite und bedienen bestehende Kreditfazilitäten“, so Mayopoulos. Das Wichtigste sei nun, die Einlagenbasis wieder aufzubauen. Dazu bat Mayopoulos die SVB-Kunden eindringlich, ihre Gelder nicht abzuziehen und bereits transferierte Einlagen wieder zurückzubringen. Die Einlagen seien durch den FDIC vollständig geschützt und zählten damit zu den sichersten des Landes. Die Kunden hätten auch wieder vollen Zugriff auf ihre Konten.
Konkurrenz steht Schlange
Die Silicon Valley Bank steigt damit in den Kampf um ihre Kunden ein. Dieser ist längst entbrannt und erfolgskritisch für das Fortbestehen der Bank. „Je mehr Zeit ins Land geht, desto weniger wird die SVB wert, weil sich die Kunden anders orientieren“, sagt ein deutscher SVB-Kunde gegenüber der Börsen-Zeitung. Mehrere Wettbewerber hätten die Situation bereits genutzt und seien speziell über das Wochenende aktiv an SVB-Kunden herangetreten. Namentlich genannt wurden in diesem Zusammenhang vor allem die US-Bank First Republic und der Zahlungsdienstleister Brex. In Deutschland warb zuletzt auch Berenberg offensiv um Kunden der Silicon Valley Bank und lockte Unternehmen mit „schnellen und flexiblen Kontoeinstellungen“.
SVB-Kunden bestätigen zwar, dass sie wieder Zugriff auf ihre Konten haben, und loben die Silicon Valley Bank für ihre hohe Expertise und Verdienste rund um das Start-up-Ökosystem. „Sollte die SVB verschwinden, würde es der Start-up-Szene wehtun“, sagt ein deutscher Gründer eines US-Unternehmens. Die Erfahrungen über das Wochenende hätten bei ihm jedoch dazu geführt, neben der SVB künftig auch eine Großbank hinzuziehen zu wollen. Mickaël Bellaïche vom deutschen Venture-Capital-Investor Redstone berichtet von Portfoliounternehmen, die fast ihr komplettes Kapital aus der letzten Finanzierungsrunde bei der SVB geparkt hatten und auf dieses Geld vorübergehend nicht zugreifen konnten.
In Deutschland nahm Bellaïche die SVB vor allem als Anbieter für Venture Debt wahr – also Fremdkapital, das jungen Unternehmen zur Verfügung gestellt wird, um die Zeit bis zur nächsten Eigenkapitalfinanzierungsrunde hinauszuzögern. In diesem Geschäft sei die SVB für Redstone und andere Venture Debt Funds Konkurrenz gewesen. „Weil sie so groß waren, konnten sie größere Finanzierungen zu kreditnehmerfreundlichen Konditionen machen“, sagt Bellaïche.
Als Bank konnte sich die SVB über Einlagen günstiger refinanzieren als Fonds, die mit Kapitalzusagen von institutionellen Investoren arbeiten, sagt Johan Kampe vom britischen Venture Debt Fund Claret Capital Partners, der einst das UK-Geschäft der Silicon Valley Bank mit aufgebaut hat. Die SVB sei in Großbritannien zwar viel aktiver gewesen als in Deutschland. „Wenn wir uns aber ein gutes deutsches Unternehmen angeschaut haben, dann war die SVB oft im Bieterprozess dabei“, so Kampe. Ob und wie dick die SVB im Geschäft bleibt, darüber entscheiden nun vor allem die SVB-Kunden. Während die SVB in den USA ihr Geschäft wieder hochfährt, sind ihr in Deutschland die Hände gebunden.
BaFin in engem Kontakt
Über die Deutschland-Tochter hat die Finanzaufsicht BaFin am Montag ein Moratorium verhängt, das weiterhin Bestand hat, wie ein BaFin-Sprecher auf Nachfrage bestätigte. Nach wie vor habe man die aktuellen Entwicklungen im Blick und berücksichtige sie im Rahmen der laufenden Aufsicht. Mit der Silicon Valley Bank Germany Branch stehe die BaFin in engem Kontakt. Warum das Moratorium weiter Bestand hat, obwohl die neue SVB nicht mehr unter der Zwangsverwaltung des FDIC steht, bleibt damit unklar. Es ist zu vermuten, dass dies im Zusammenhang mit der Umwandlung in die Brückenbank stehen könnte.
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