Trübe Stimmung am Immobilienmarkt
Miese Immobilienstimmung in Europa
Vor allem in Deutschland halten sich Investoren und Mieter zurück – Global stechen Indien und arabische Länder positiv hervor
Mieter und Immobilieninvestoren sind angesichts schwierigen makroökonomischer Faktoren und der geopolitischen Lage schlechter Stimmung und blicken auch pessimistisch in die Zukunft. Das gilt vor allem für Europa und am meisten für Deutschland. Lichtblicke sind Indien, Saudi-Arabien und die Emirate.
tl Frankfurt
Auf dem deutschen Immobilienmarkt ist Licht am Ende des Tunnels noch nicht zu erkennen. Das zeigt eine Befragung der Royal Institution of Chartered Surveyors (Rics), eines globalen Berufsverbands von Immobilienfachleuten und Immobiliensachverständigen. Der Commercial Property Sentiment Index (CPSI), der die Einschätzungen für die Gewerbeimmobilienmärkte in den vergangenen drei Monaten im Vergleich zu den vorhergehenden drei Monaten wie auch zu den Zukunftserwartungen erfassen soll, ist in Deutschland im dritten Quartal auf −38 gefallen. Im zweiten Quartal lag er noch bei −34. Damit ist die Stimmung der zwischen Mitte September und Mitte Oktober befragten Experten (weltweit knapp 2.000) ähnlich schlecht wie für Frankreich (−40) und die Niederlande (−32).
Eindeutig sind auch die Aussagen bei der Frage, wo sich Deutschland im Immobilienzyklus befindet. 77% gehen von einem Abschwung aus. Gerade 21% glauben, dass hierzulande schon der Tiefpunkt erreicht ist – immerhin mehr als im Vorquartal (14%). Noch schlechter gestimmt zeigen sich die Investoren (−44 nach −43). Dem stehen Mieter nur wenig nach (−32 nach −25). Auffällig ist, dass Deutschland als vergleichsweise teurer Standort angesehen wird: Zwei Drittel (zuvor 72%) sind dieser Meinung. Immerhin stieg der Anteil derjenigen, die deutsche Gewerbeimmobilien für günstig halten, von 5% auf 12%.
Die Märkte schwächeln
Susanne Eickermann-Riepe, Chair der Rics Region Europa, stellte bei der Präsentation der Befragungsergebnisse fest: "Investoren und Mieter bleiben zurückhaltend, und der Transaktionsmarkt schwächelt weiter. Das wird auch das Jahr 2024 belasten." Die Kreditkonditionen würden weiterhin angespannt bleiben. Tatsächlich treten die in Deutschland aktiven Immobilienfinanzierer schon seit einigen Monaten deutlich auf die Bremse. Nicht zuletzt haben die Aufseher deutlich zu verstehen gegeben, dass sie den Banken bei ihren Kreditengagements stärker auf die Finger sehen wollen.
Das haben die deutschen Teilnehmer der Befragung schon seit dem zweiten Quartal 2023 deutlich gespürt. Der Nettosaldo der Aussagen erreichte damals −66% und sank im dritten Quartal weiter auf −74%. Besonders deutlich zeigen sich die verschlechterten Kreditkonditionen bei den Projektentwicklungen. Der Nettosaldo bei Aussagen zu deren Beginn ging weiter auf −78 (70)% zurück. Diese tiefroten Werte passen zu den vermehrten Pleiten deutscher Projektentwickler.
Betrachtet man die Nachfrage der Investoren nach einzelnen Assetklassen, überrascht es wenig, dass der Nettosaldo bei Büroimmobilien am schlechtesten ausfällt (−73% nach −67%), gefolgt von Einzelhandelsimmobilien (−62% nach −56%). Industrieimmobilien konnten sich hingegen etwas erholen (von −31% auf −25%). Bei der Nutzernachfrage fällt die deutliche Verschlechterung bei Büros auf.
Düsterer Blick in die Zukunft
Auch der Blick in die Zukunft, konkret die kommenden zwölf Monate, verspricht nichts Gutes. Die Kapitalwerterwartungen über alle Assetklassen in Deutschland sind von −58% auf −61% weiter gefallen. Bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien sind sie noch etwas schlechter, bei Industrieimmobilien deutlich besser, aber im dritten Quartal deutlich fallend auf −45%. Die Mieterwartungen über alle Assetklassen haben sich leicht verschlechtert, sind mit −16 (−14)% aber bei weitem nicht so negativ wie bei den Kapitalwerten.
Lichtblicke in der global düsteren Immobilienwelt lassen sich nach Ansicht der von Rics befragten Immobilienexperten nur sehr vereinzelt finden. Die einzige Region mit einem positiven Sentiment (CPSI) ist der Nahe Osten und Afrika (EMEA) mit +7 (+8). Hier stechen Saudi-Arabien (+33) und die Vereinigten Arabischen Emirate (+27) hervor. Asien ist insgesamt negativ, was insbesondere an China liegt (−32). Indien fällt mit +23 (+25) auf, was vor allem dem für 2024 erwarteten starken Wachstum zugeschrieben wird.