Umfrage des Centers for Financial Studies

Trumps Handelsagenda treibt deutsche Finanzindustrie um

Die handelspolitische Agenda des künftigen US-Präsidenten bereitet den Entscheidern in der deutschen Finanzbranche Sorge. Vier von fünf erwarten eine Verschlechterung der Handelsbeziehungen mit den USA, zeigt eine Umfrage.

Trumps Handelsagenda treibt deutsche Finanzindustrie um

Trumps Handelsagenda treibt deutsche Finanzindustrie um

Schlechtere Wirtschaftsbeziehungen befürchtet – Sorge vor Auseinanderdriften der Regulierung – Stimmung ist eingetrübt

fir Frankfurt

Die deutsche Finanzwirtschaft sorgt sich nach dem Wahlsieg von Donald Trump um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union und befürchtet den entsprechenden Folgen für die Finanzmärkte. Mehr als 80% der Teilnehmer einer Umfrage des Centers for Financial Studies (CFS) anlässlich der Veröffentlichung des CFS-Indexes für das vierte Quartal erwarten, dass sich die Handelsbeziehungen zwischen EU und USA verschlechtern werden.

Hohe Zölle drohen

Der künftige US-Präsident, der am 20. Januar sein Amt antreten wird, hat bereits angekündigt, Importe in die Vereinigten Staaten mit Zöllen von 10% belegen zu wollen, Einfuhren aus China sogar mit 60%. Trump beklagt aus seiner Sicht unausgewogene transatlantische Handelsbeziehungen, die für die USA zu hohen Handelsbilanzdefiziten führten.

Aufseher warnen

Die Befürchtungen der hiesigen Finanzbranche passen ins Stimmungsbild, das die Aufseher zeichnen. Sowohl EZB als auch Bundesbank warnten dieser Tage bei der Vorlage ihrer jeweiligen Finanzstabilitätsberichte vor Risiken für die Finanzindustrie durch Handelskonflikte. So äußerte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos – ohne Ross und Reiter zu nennen – die Befürchtung, dass protektionistische Tendenzen und handelspolitische Spannungen weiter zunehmen könnten. Diese drohten die konjunkturellen und strukturellen Probleme im Euroraum wie niedrige Produktivität zu verschärfen.

Auch Bundesbank-Vorstandsmitglied Michael Theurer bekundete seine Sorge. „Zunehmende Handelskonflikte und Unsicherheiten an den Märkten vor dem Hintergrund einer stärkeren politischen Fragmentierung der Weltwirtschaft können die Herausforderungen für das deutsche Finanzsystem verstärken“, erklärte der seit September amtierende Bankenaufseher.

Das Gespräch suchen

83% der Finanzprofis sind der CFS-Mitteilung vom 5. Dezember zufolge der Meinung, dass Firmen aus der EU verstärkt in den USA investieren werden, um Handelsbarrieren zu vermeiden. Darüber hinaus glauben fast drei von vier Befragten an einen Rückgang von US-Investitionen in der EU. „Es wird darauf ankommen, frühzeitig mit der neuen US-Administration ins Gespräch zu kommen, um weitere Zölle und sonstige Handelshemmnisse zu vermeiden. Diese würden eine Erholung der deutschen Wirtschaft erschweren“, lässt sich CFS-Geschäftsführer Volker Brühl zitieren. Ein weiterer Aspekt, der die Finanzindustrie umtreibt, sind auseinanderdriftende Regulierungsbedingungen, die Europas Banken benachteiligen.

Neun von zehn Umfrageteilnehmern rechnen mit einer künftigen Lockerung der Banken- und Finanzmarktregulierung in den USA. Angesichts der von Trump bekundeten Unterstützung der Digitalwährung Bitcoin stehe auch eine Liberalisierung der Kryptomärkte im Raum. „Die EU muss hier aufpassen, dass man nicht den Anschluss in einem wichtigen Zukunftsmarkt verliert“, mahnt Brühl.

CFS-Index gibt deutlich nach

Der vom CFS vierteljährliche erhobene gleichnamige Index, der ein Stimmungsbild der deutschen Finanzbranche zeigt, ist im vierten Quartal auf den tiefsten Stand seit dem zweiten Quartal2020, inmitten der Corona-Pandemie, gesunken. Er gab gegenüber dem dritten Quartal 2024 um 4,4 auf 104,3 Punkte nach.

„Die Zahlen spiegeln wahrscheinlich die eingetrübten Erwartungen zur Wirtschaftslage und zu steigenden Kreditrisiken wider“, interpretiert Andreas Hackethal, Direktor des Center for Financial Studies, die Werte. Die Einschätzung der künftigen internationalen Bedeutung des Finanzplatzes Deutschland bleibt hingegen mit 91,3 Punkten im Vergleich mit dem Vorquartal stabil.

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