Verdi droht Commerzbank mit Warnstreik
lee Frankfurt
Die Gespräche der Commerzbank mit der Arbeitnehmerseite über den geplanten Stellenabbau drohen holprig zu werden. Wie Stefan Wittmann von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi der Börsen-Zeitung am Freitag sagte, hat er Sabine Schmittroth in ihrer Eigenschaft als Arbeitsdirektorin und Privatkundenvorstand zu Tarifverhandlungen im Zusammenhang mit dem geplanten Aufbau von 13 digitalen Beratungszentren aufgefordert (BZ vom 2. September).
Wie Wittmann deutlich machte, will die Gewerkschaft ihren Forderungen gegebenenfalls auch mit Warnstreiks Nachdruck verleihen. Anders als bei unbefristeten Streiks führe Verdi hierfür in der Regel keine Urabstimmung durch. In einem ersten Sondierungsgespräch habe Schmittroth jedoch Verhandlungsbereitschaft signalisiert, ergänzte der Gewerkschafter. Ein Sprecher der Commerzbank lehnte einen Kommentar ab. Wittmann zufolge können einige Aspekte der für das Privatkundengeschäft beschlossenen Strategie nicht ohne Vereinbarungen mit der Arbeitnehmerseite umgesetzt werden. Nachdem sich die Commerzbank schon vor mehr als einem Jahrzehnt mit ihrem Wunsch nach einer Samstagsöffnung der Filialen am Widerstand der Arbeitnehmer die Zähne ausgebissen hat, befürchtet Verdi offenbar, dass das Institut die digitalen Beratungszentren nutzen wird, um die Arbeitszeitregelungen im Konzern aufzuweichen.
Wittmann zufolge sollen die neuen Beratungszentren, in die nach dem Willen der Commerzbank ein Teil der Berater aus den vor der Schließung stehenden Filialen wechseln sollen, mit Ausnahme des Standorts Duisburg im Konzern verbleiben. Da der im Konzern gültige Tarifvertrag keine Samstagsarbeit vorsieht, die Commerzbank den Kunden jedoch über die digitalen Beratungszentren erweiterte Servicezeiten bieten will, sieht Wittmann Verhandlungsbedarf.
Zehn Jahre Bestandschutz
Zugleich fordert Verdi für die Beratungszentren, über die das Institut im Rahmen des Teilinteressensausgleichs mit den Betriebsräten verhandelt, einen Bestandsschutz von zehn Jahren, der mit dem Tag der Eröffnung beginnt. Dies würde den von der geplanten Schließung von bundesweit 340 Filialen betroffenen Beratern den Wechsel in die Beratungscenter ebenso erleichtern, wie der von Verdi geforderte Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2027. Ein weiteres Anliegen der Gewerkschaft ist die tarifliche Regelung der Arbeitszeiten in den Beratungszentren.
Die bislang nicht tarifgebundene Tochter CDS, bei der das Beratungszentrum in Duisburg künftig angesiedelt sein soll, sei von dieser Forderung ausdrücklich ausgenommen, sagte Wittmann.
Eine weitere Forderung der Gewerkschaft bezieht sich auf die laufende Tarifrunde für die Beschäftigten des privaten Bankgewerbes. In den Verhandlungen, die Schmittroth in ihrer Funktion als Vorsitzende des AGV Banken für die Arbeitgeberseite führt, stehen sich die Tarifparteien bislang unversöhnlich gegenüber. Sollte es irgendwann doch noch zu einer Einigung kommen, fordert Verdi, dass die Commerzbank den Gehaltsabschluss auch für die außertariflich und übertariflichen Beschäftigten übernimmt.
Mit Blick auf seine Verhandlungsmacht ließ der Gewerkschaftsfunktionär verbal die Muskeln spielen. Nach dem die Furcht vor einer Fusion mit der Deutschen Bank 2019 die Beschäftigten der Commerzbank in Panik versetzt hat, belaufe sich der Organisationsgrad bei den nicht leitenden Angestellten bundesweit auf mehr als 30%. Bei vier der nicht tarifgebundenen ComTS-Gesellschaften liege der Organisationsgrad mit mindestens 40% sogar noch höher, ergänzte er.