Vergangenheit holt Lloyds ein
hip London
Die Lloyds Banking Group hat im Zuge der wirtschaftlichen Erholung Großbritanniens ihren Gewinn im vergangenen Jahr mehr als vervierfacht. Sie profitierte nicht nur vom anhaltenden Boom auf dem Wohnimmobilienmarkt, sondern als Autofinanzierer auch von steigenden Gebrauchtwagenpreisen. Zudem wurden Rückstellungen für Problemkredite aus dem Pandemiejahr 2020 aufgelöst. Aktionäre dürfen sich über eine auf 2 (i.V. 0,57) Pence je Anteilsschein erhöhte Dividende sowie über einen 2 Mrd. Pfund schweren Aktienrückkauf freuen. Die bereinigten Zahlen für das Schlussquartal lagen zum Teil weit über den Markterwartungen.
Charlie Nunn, der im August den Chefsessel von António Horta-Osório übernommen hatte, stellte mit den Geschäftszahlen seine Strategie für das künftige Wachstum vor. „Wir haben 26 Millionen Kundenbeziehungen“, schrieb Nunn. „Und als größte digitale Bank in Großbritannien ist unsere aktive digitale Nutzerbasis mit 18,3 Millionen größer als die aller Neobanken zusammen und um die Hälfte größer als die unseres nächsten Wettbewerbers.“ Im laufenden Jahr soll die Eigenkapitalrendite (RoTE) bei rund 10 % liegen, bis 2024 über 10 % und bis 2026 bei mehr als 12 %. Im vergangenen Jahr der Erholung vom pandemiebedingten wirtschaftlichen Schock hatte sie 13,8 % erreicht.
Doch zeigt das Schlussquartal, dass die Skandale der Vergangenheit in der britischen Bankenbranche immer noch hohe Kosten verursachen können. Wie einer Pflichtveröffentlichung zu entnehmen ist, schlugen Rechtsstreite bei der schottischen Großbank 775 (125) Mill. Pfund zu Buche. Davon bezogen sich 600 Mill. Pfund auf Vorgänge im Firmenkundengeschäft der Halifax Bank of Scotland (HBOS) in Reading vor der Zwangsheirat mit Lloyds TSB im Finanzkrisenjahr 2008. Ein unabhängiger Untersuchungsbericht war zu dem Schluss gekommen, dass das Institut den Geschädigten keine „faire und vernünftige Entschädigung“ angeboten hat (vgl. BZ vom 13.12.2019). Mit der nun vorgenommenen Rückstellung seien die erwarteten Kosten nach Schätzung des Managements vollständig abgedeckt. Weil die Untersuchungen dazu aber immer noch nicht abgeschlossen seien, könnten sie auch wesentlich von der Schätzung abweichen.
Steigende Kosten
Zusammen mit einem wesentlich höheren Restrukturierungsaufwand von 570 (233) Mill. Pfund sorgte die kostspielige Vergangenheitsbewältigung dafür, dass das reale Vorsteuerergebnis für die Monate Oktober bis Dezember mit 968 (877) Mill. Pfund um rund ein Viertel unter den Markterwartungen blieb. Lloyds will die betrieblichen Kosten künftig auf anderer Basis ausweisen. Die Bank rechnet auf dieser Grundlage, die unter anderem einen Großteil des Restrukturierungsaufwands und Schäden durch Betrug beinhaltet, für das laufende Jahr mit operativen Kosten von 8,8 Mrd. Pfund. Für 2021 wird ein Vergleichswert von 8,3 Mrd. Pfund angegeben. Das Management geht also von einem Anstieg aus. Die Aktie verlor im vom Angriff auf die Ukraine erschütterten Markt 11 % auf 46,59 Pence. Als auf den Heimatmarkt fokussiertes Institut ist die Lloyds Banking Group zwar von internationalen Turbulenzen etwas abgeschirmt. Sie verfügt über das größte Filialnetz und ist stark im klassischen Einlagen- und Kreditgeschäft. „Eine Eskalation in der Ukraine könnte zu einem schwächeren Verbrauchervertrauen in Großbritannien führen“, schrieb jedoch die Analystin Sophie Lund-Yates von Hargreaves Lansdown. „Für Lloyds wäre das ein hartes Umfeld.“ Zumindest verfügt die Gruppe mit einer pro forma Kernkapitalquote von 16,3 % über eine starke Bilanz.
Lloyds Banking Group | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Pfund | 2021 | 2020 |
Erträge gesamt | 16 324 | 15 126 |
Operative Kosten | 10 800 | 9 745 |
Wertberichtigungen | 1 378 | – 4 155 |
Vorsteuerergebnis | 6 902 | 1 226 |
Nettoergebnis | 5 885 | 1 387 |
Nettozinsmarge (%) | 2,54 | 2,52 |
Eigenkapitalrendite (%) | 13,8 | 2,3 |
Cost-Income-Ratio (%) | 56,7 | 55,3 |
Kernkapitalquote (%) | 17,3 | 16,2 |
Leverage Ratio (%) | 5,8 | 5,8 |
Bilanzsumme (Mrd.) | 887 | 871 |
Börsen-Zeitung |