FOKUSKapitalanforderungen

Angelsachsen schieben Basel-Umsetzung auf die lange Bank

Für Europas Finanzpolitiker wird immer offensichtlicher, dass sich die USA und Großbritannien bei der Umsetzung von Basel III Zeit lassen. Geahnt hatten sie das schon sehr früh.

Angelsachsen schieben Basel-Umsetzung auf die lange Bank

FOKUS: Kapitalanforderungen

Angelsachsen schieben Basel-Umsetzung auf die lange Bank

Für Europas Finanzpolitiker wird immer offensichtlicher, dass sich die USA und Großbritannien bei der Umsetzung von Basel III Zeit lassen. Geahnt hatten sie das schon sehr früh.

Detlef Fechtner, Brüssel

Der Brief, den die Finanzminister aus Italien, Frankreich und Deutschland bereits im Frühherbst vorigen Jahres an den für Finanzdienstleistungen zuständigen Generaldirektor der EU-Kommission, John Berrigan, gesendet haben, klingt aus heutiger Sicht wie eine Weissagung, die sich zu bestätigen scheint. In dem Schreiben wird die EU-Kommission aufgefordert, sie möge innerhalb des mikroprudenziellen Rahmens gleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber anderen wichtigen Rechtsordnungen gewährleisten, sowohl in Bezug auf den Zeitplan für die Umsetzung als auch in Bezug auf die Substanz und den operativen Aufwand - und zwar insbesondere beim „Fundamental Review of the Trading Book“. Mehr noch: Die Ministerien haben die EU-Kommission schon damals gedrängt, nicht nur den delegierten Rechtsakt zur Verschiebung des Inkrafttretens des neuen Rahmens zu verabschieden, „sondern auch einen Legislativvorschlag für den Fall vorzubereiten, dass die Vereinigten Staaten (wie erwartet) beschließen, erheblich von den Basler Standards abzuweichen.“

Abkehr der USA vom Multilateralismus

Längst gibt es kaum mehr jemand, der noch damit rechnet, dass die Administration unter US-Präsident Donald Trump in absehbarer Zeit ansatzweise das umsetzt, was in Basel nach langjährigen Verhandlungen verabredet wurde, also in Einvernehmen mit den USA. Denn Trump hat in den vergangenen Wochen keinen Hehl daraus gemacht, dass er multilateraler Entscheidungsfindung äußerst skeptisch gegenübersteht. Der frühere Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret, seinerzeit in der Notenbank für Bankenaufsicht zuständig und direkt beteiligt an den Basler Verhandlungen, hat Trumps Positionierung zuletzt wie folgt beschrieben: Präsident Trump schicke sich an, das seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende multilaterale System der Weltordnungspolitik zu zerstören. Das bedrohe dieses System im Kern. Gleiches könnte für die G20 gelten, das wichtigste Forum für internationale Zusammenarbeit seit der globalen Finanzkrise. Und: „Die regulatorische Zusammenarbeit im Basler Ausschuss zur Überwachung des globalen Bankensystems ist ebenfalls gefährdet.“

Großbritannien hat bereits im Januar darauf reagiert, dass die USA absehbar von Basel abweichen. Die britische Bankenaufsicht hat in Absprache mit dem Schatzamt die Einführung von Basel um ein weiteres Jahr auf Januar 2027 verschoben. Die bei der Bank of England angesiedelte Bankenaufsicht PRA (Prudential Regulation Authority) erklärte seinerzeit, sie warte auf mehr Klarheit darüber, wie die neue US-Regierung die verschärften Kapitalvorschriften für Banken umsetzen will. „Angesichts der derzeitigen Ungewissheit über das Timing der Implementierung der Basel-III-Standards in den Vereinigten Staaten und unter Berücksichtigung von Wettbewerbsfähigkeits- und Wachstumsgesichtspunkten hat die PRA nach Rücksprache mit dem Schatzamt beschlossen, die Implementation der Regeln weiter zu verschieben“, hieß es seinerzeit in der Mitteilung. An der vollständigen Umsetzung der Regeln bis zum 1. Januar 2030 wolle die britische Behörde jedoch festhalten, so zumindest der Stand damals.

Debatte im Ministerrat

In der EU ist vor diesem Hintergrund längst die Kontroverse darüber entfacht, ob die EU – quasi im Alleingang – Basel getreu umsetzen solle. Beim Finanzministertreffen im März sei das Thema einer nochmaligen Verschiebung des Inkrafttretens der FRTB-Regeln zum Marktrisiko bereits in der Runde der Minister aufgerufen worden. Ein hochrangiger Diplomat erklärte, es zeichne sich eine Mehrheit dafür ab, ebenfalls von Basel abzuweichen.

Interessant werden dürfte in diesem Zusammenhang übrigens die Vorlage der EU-Verbriefungs-Novelle, die für Mai erwartet wird. Denn auch in diesem Fall wird über Erleichterungen bei den Kapitalanforderungen nachgedacht – und auch die Verbriefungs-Verordnung könnte den Abschied von seiner detailgetreuen Basel-Umsetzung bedeuten.