FOKUSRussland-Sanktionen

Meldepflicht über Transaktionen russischer Firmen bereitet Banken Probleme

Europas Banken müssen über legitime Vermögensströme von in der EU tätigen russischen Unternehmen berichten. Die Identifizierung der Überweisungen stellt die Institute vor Herausforderungen.

Meldepflicht über Transaktionen russischer Firmen bereitet Banken Probleme

Meldepflicht über Transaktionen russischer Firmen bereitet Banken Probleme  

Ziel der Behörden ist eine Kartographie der Finanzströme

Von Michael Marray, Frankfurt

Neben der regulatorischen Belastung durch die Verfolgung sanktionierter russischer Unternehmen sehen sich die Banken derzeit mit der Herausforderung konfrontiert, Berichte über Geldtransfers von in der EU tätigen legitimen russischen Unternehmen einreichen zu müssen.

Am 15. Januar mussten die Banken Dokumente einreichen, um Art. 5r der Russland-Sanktions-Verordnung des EU-Rates nachzukommen, der sie dazu verpflichtet, ausgehende Geld- oder Vermögensüberweisungen von mit Russland verbundenen Unternehmen zu melden.

Der Bankensektor hatte Schwierigkeiten mit den Meldepflichten nach Artikel 5r, die andere Schwellenwerte für die Eigentumsverhältnisse vorsehen als die Sanktionsvorschriften. Dieser Mangel an Harmonisierung zwischen zwei sich überschneidenden Regelwerken hat zu großer Unsicherheit geführt und eine Verdoppelung der IT-Systeme erforderlich gemacht, die zur Verfolgung russischer Eigentumsverhältnisse eingerichtet wurden.

Die Sanktionen gegen Russland reichen bis ins Jahr 2014 zurück, und das aktualisierte 12. Paket mit dem zusätzlichen Artikel 5r wurde im Dezember 2023 beschlossen. Der erste sechsmonatige Berichtszeitraum endete am 30. Juni 2024. Artikel 5r ist auch im 16. Sanktionspaket enthalten, auf das sich der EU-Rat am 19. Februar geeinigt hat.

Die Berichterstattung nach Artikel 5r gilt für rechtmäßige, nicht sanktionierte Geschäftstätigkeiten. Alle Unternehmen, die sich zu mehr als 40 % in russischem Besitz befinden (direkt, indirekt oder durch zusammengefasste Eigentumsanteile), sind von der Meldepflicht betroffen, wenn sie innerhalb eines sechsmonatigen Meldezeitraums mehr als 100 000 Euro aus der EU transferieren.

„Viele Unternehmen in russischem Besitz unterliegen dem Einfrieren von Vermögenswerten, aber Artikel 5r beinhaltet nicht die Durchsetzung von Sanktionen, sondern dient dazu, legitime Vermögensströme zu untersuchen und russische Einnahmequellen zu überwachen“, erklärt Nicola Passariello, Industry Practice Lead bei Moody's Analytics. „Die Daten werden dazu beitragen, die Einnahmequellen Russlands zu kartografieren, und sollen eine bessere Bewertung möglicher Verstöße gegen die Russland-Sanktionen gewährleisten.“

Mehr als 40.000 Unternehmen erfasst

Laut der Orbis-Datenbank von Moody's Analytics (einer separaten Geschäftseinheit von Moody's Ratings) sind die drei EU-Länder mit den meisten Unternehmen, die den Schwellenwert von 40 % erreichen, die Tschechische Republik (mehr als 11.000), Bulgarien (mehr als 11.000) und Deutschland (mehr als 3.000). In der gesamten EU sind rund 46.000 Unternehmen betroffen. Zu den wichtigsten Sektoren gehören Immobilien, Einzelhandel, Finanz- und Versicherungswesen, verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe und Verkehr. Die Finanzinstitute übermitteln die halbjährlichen Berichte an die für sie zuständigen nationalen Behörden. 

Kette von Geldtransfers

Im Rahmen von Artikel 5r stellt die Identifizierung von Überweisungen, die mit Russland in Verbindung stehen, eine große Herausforderung dar, da die Gelder über mehrere EU-Zwischenbanken geleitet werden können (z. B. von Deutschland über Österreich oder Bulgarien), bevor sie die EU verlassen. Die Meldung der letzten EU-Bank in dieser Kette erfasst möglicherweise nicht die ursprüngliche russische Verbindung.

„Die meisten der größten tschechischen und bulgarischen Banken befinden sich in ausländischem Besitz“, so Passariello. „Dadurch sind ihre Muttergesellschaften indirekt russlandbezogenen Transaktionen ausgesetzt. Dieses Risiko ist für französische, deutsche, belgische und österreichische Banken am größten“. „Auch wenn die Meldepflicht auf der Ebene der EU-Einheiten und nicht auf Gruppenebene besteht, unterstreicht die Verflechtung der EU-Banken die Herausforderung für die Compliance-Teams, russlandbezogene Transaktionen genau zu identifizieren und rechtzeitig zu melden“, fügt er hinzu.

Einige Analysten haben sich skeptisch über den Nutzen der zahlreichen Berichte geäußert, die nun bei den zuständigen nationalen Behörden eingereicht wurden. Die Europäische Kommission sollte im Dezember 2024 mit einer Überprüfung der Funktionsweise der neuen Maßnahmen beginnen. Die Banken blicken nun auf den Berichtstermin im Juli voraus. Danach werden jegliche Fortschritte zur Beendigung des Krieges in der Ukraine und die Zukunft der EU-Sanktionen gegen Russland das weitere Vorgehen bestimmen.