LeitartikelBlackrock tritt aus Klimainitiative aus

Chance zur Neujustierung

Blackrocks Austritt aus der Klimainitiative NZAMI sorgt für Aufsehen in der Branche. Entscheidend sind aber keine Mitgliedschaften, sondern das Handeln. Und Europas Finanzsektor kann mit klaren ESG-Zielen punkten.

Chance zur Neujustierung

Klimainitiativen

Chance zur Neujustierung

Nicht Mitgliedschaften, sondern konkrete Maßnahmen entscheiden über den Erfolg von Klimazielen in der
Finanzbranche.

Von Wolf Brandes

Der Austritt von Blackrock aus der Net Zero Asset Managers Initiative (NZAMI) hat für Aufsehen gesorgt. Ein solcher Schritt des weltgrößten Vermögensverwalters hat natürlich Signalwirkung. Doch die Frage bleibt: Ist dieser Schritt wirklich so dramatisch, wie viele Beobachter ihn darstellen? Eine differenzierte Betrachtung legt nahe, dass dem nicht so ist – zumindest nicht in Europa. Vielmehr sollte der Fokus auf dem liegen, was Unternehmen in der Realwirtschaft tatsächlich tun, statt auf „symbolischen“ Mitgliedschaften.

 Rechtliche Zwänge und politische Spannungen

Blackrock begründete seinen Austritt mit rechtlichen Risiken und potenziellen kartellrechtlichen Konflikten. Insbesondere in den republikanisch regierten US-Bundesstaaten wurde das Unternehmen – zusammen mit anderen Branchengrößen wie Vanguard – beschuldigt, durch seine Klimainitiativen gegen Kartellgesetze zu verstoßen und den Energiemix zu beeinflussen. Diese Vorwürfe wurden gepaart mit der Behauptung, dass Blackrock seine treuhänderischen Pflichten verletze, indem es Klimaziele priorisiere. Diese rechtlichen und politischen Spannungen dürften sich unter der neuen Trump-Administration weiter zuspitzen.

Europäische Perspektive: Kontinuität und Vertrauen

Doch was heißt das für die globale Klimapolitik und insbesondere für Europa? Die NZAMI verpflichtete ihre Mitglieder zwar, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften, doch laut Blackrock hatte die Mitgliedschaft keinen Einfluss auf die praktische Verwaltung der Kundenportfolios. Der Austritt ändere daher wenig an der Umsetzung von Blackrocks Anlagestrategien, so das Haus.

Während die USA einen Rückzug aus Klimainitiativen erleben, halten europäische Finanzinstitute an ihren ESG-Zielen fest. Deutsche Banken haben erklärt, weiterhin Teil der Net-Zero Banking Alliance (NZBA) zu bleiben, ebenso wie europäische Assetmanager ihre Mitgliedschaft bei der NZAMI bestätigen.

Dieser transatlantische Unterschied spiegelt eine breitere Divergenz in der Herangehensweise wider. Während in den USA politische Konflikte oft im Vordergrund stehen, setzt Europa weiterhin auf langfristige Nachhaltigkeitsziele. Das bedeutet jedoch nicht, dass europäische Finanzinstitute immun gegen Themen sind. Die Gefahr des sogenannten Greenwashings – also der Verschleierung von Nachhaltigkeitsbemühungen – bleibt bestehen.

 NZAMI: Symbolik oder Substanz?

Der temporäre Stopp der NZAMI-Aktivitäten nach dem Blackrock-Austritt verdeutlicht die Spannungen, die innerhalb solcher Initiativen herrschen. Kritiker werfen ihnen vor, oft mehr auf symbolische Verpflichtungen zu setzen als auf messbare Resultate. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass ein prominenter Austritt Nachahmer findet – ein Risiko, das besonders in den USA real ist.

In Europa scheinen Asset Manager weniger geneigt, Blackrock zu folgen. Sie betonen, dass die zugrunde liegenden Verpflichtungen der Net-Zero-Ziele oft von den individuellen Strategien ihrer Kunden abhängen. Die Realwirtschaft bleibt dabei das zentrale Element: Entscheidend ist nicht, wer Teil einer Initiative ist, sondern wie effektiv Unternehmen dazu beitragen, den CO2-Ausstoß in der Praxis zu reduzieren. Die Tatsache, dass das 1,5-Grad-Ziel in weiter Ferne liegt, zeigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht – unabhängig davon, welche Organisationen Unternehmen unterstützen.

 Eine Chance zur Neujustierung

Der Austritt Blackrocks bietet eine Gelegenheit zur Reflexion. Klimainitiativen wie die NZAMI müssen sich fragen, wie sie in Zukunft stärker auf Resultate fokussieren können. Die Kritik, dass solche Allianzen oft nur ein Forum für Absichtserklärungen sind, könnte Anlass sein, ihre Strukturen zu überdenken.

Blackrocks Austritt mag ein Weckruf sein, doch er ist kein Grund zur Panik. Er verdeutlicht aber die Spannungen, die zwischen Mitgliedschaft und praktischen Verpflichtungen bestehen. In Europa bleibt ESG ein zentrales Thema. Letztlich liegt die Wirkung beim Klima nicht in Mitgliedschaften, sondern im Handeln.

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