KommentarHabecks Vorstoß

Grüne Leitmärkte brauchen europäische Standards

Die Definition, was grüner Stahl oder grüner Zement ist, sollte besser europäisch geregelt werden. Ansonsten entstehen nur neue Wettbewerbsnachteile, die die Transformation behindern.

Grüne Leitmärkte brauchen europäische Standards

Grüne Leitmärkte

Transformation und Sicherheit

Von Andreas Heitker

Die grüne Transformation der deutschen Industrie steht bei Robert Habeck aus zwei Gründen ganz oben auf der politischen Agenda: Zum einen ist sie natürlich unverzichtbar, will Deutschland seine Klimaziele erreichen. Zum anderen ist die Förderung dieser Transformation aber immer auch ein Versuch, die energieintensive Grundstoffindustrie langfristig im Land zu halten. Der grüne Wirtschaftsminister begründet dies nicht nur mit den Arbeitsplätzen und den bestehenden Wertschöpfungs- und Lieferketten, sondern auch mit Wirtschaftssicherheit. Seine Argumentation: Sowohl Corona als auch der russische Angriffskrieg hätten gezeigt, wie wichtig es sei, bei strategischen Schlüsselindustrien nicht komplett abhängig zu sein.

Die grünen Leitmärkte, dessen Konzept das Wirtschaftsministerium nun voranbringen will, sind ein weiteres Instrument, um die grüne Transformation leichter verkraftbar zu machen für die Unternehmen. Doch die Frage, ob es wirklich wichtig ist, die Stahl- oder die Chemieindustrie vom Abwandern abzuhalten, stellt sich hier weit weniger als bei einem Industriestrompreis oder bei grünen Investitionsförderprogrammen.

Der Staat nimmt nicht milliardenschwere Subventionen in die Hand, sondern fördert die Wettbewerbsfähigkeit grüner Produktionsmethoden. Nämlich durch die Ankurbelung der Nachfrage, indem er sich beispielsweise bei öffentlichen Aufträgen zur Abnahme bestimmter Mengen von grünem Stahl verpflichtet. Dies kann entscheidend zur Planungssicherheit auch der Unternehmen beitragen.

Die breite und pragmatische Verständigung der Politik mit den betroffenen Hersteller- und Abnehmerbranchen auf Definitionen, was überhaupt als grün gelten kann, und wie sich diese Benchmarks im Laufe der Zeit absenken sollen, ist ein wichtiger erster Schritt. Auf dieser Basis sind grüne Labels oder Zertifikate denkbar. Das Problem ist nur, dass diese Definitionen besser auf europäischer Ebene geklärt werden sollten. Je regionalere Klassifizierungen eingeführt werden, desto eher entstehen neue Wettbewerbsnachteile, die eine Transformation behindern.

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