Nachhaltigkeit in Person:Daniel Sailer, Metzler Bank

„In Deutschland ist noch kein ESG-Zug entgleist“

Daniel Sailer leitet das Sustainable Investment Office bei Metzler Asset Management. Er plädiert für eine stärkere Integration von ESG-Kriterien in Anlagestrategien und Finanzentscheidungen.

„In Deutschland ist noch kein ESG-Zug entgleist“

„In Deutschland ist noch
kein ESG-Zug entgleist“

wbr Frankfurt

„Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn sie wirtschaftlich verstanden wird“, sagt Daniel Sailer, der das Sustainable Investment Office bei Metzler Asset Management leitet. Seit mehr als zehn Jahren treibt er die Integration von ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) in Anlagestrategien voran. Der 41-Jährige startete seine Laufbahn ganz bodenständig mit einem dualen Studium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und der LBBW.

Nach drei Jahren wechselte er dann zu MSCI, dem weltweit führenden Anbieter von ESG-Daten. Dort baute er das ESG Research Sales Team auf und betreute unter anderem skandinavische Banken und Pensionskassen, die bereits früh ESG-Indizes nutzten.

Seine anfängliche Skepsis gegenüber Nachhaltigkeit legte Sailer bald ab, als er erkannte, dass ESG-Investments nicht zwangsläufig die Rendite mindern. 2016 stieg Sailer dann bei Metzler Asset Management ein. Er sieht Metzler als eines der ersten deutschen Häuser, die ESG-Kriterien systematisch in allen Publikumsfonds integriert haben. Wesentlich für die Umsetzung ist aus seiner Sicht ein transparentes ESG-Reporting, das Investoren zeigt, wie sich Nachhaltigkeitsbewertungen und potenzielle Kontroversen in ihren Portfolios entwickeln.

Alle Publikumsfonds grün

„ESG hilft, ein besseres Portfolio zu bauen“, sagt Sailer. Die ESG-Integration erfolge dabei nicht aus rein ethischen, sondern vor allem aus ökonomischen Gründen. Nachhaltigkeit müsse den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens stützen, um langfristig Bestand zu haben.

Vor allem für Unternehmen, die sich auf den Weg gemacht haben, aber noch nicht den höchsten ESG-Standards entsprechen, ist aus Sicht des Betriebswirts eine Unterstützung wichtig. Er nennt die Chemieindustrie als Beispiel: In dieser Branche hängen Investitionen in nachhaltige Biochemikalien stark von den Energiekosten ab. Ein stabiler Energiepreiskorridor könnte helfen, diese Zukunftsinvestitionen zu sichern und Abwanderungen der Industrie zu verhindern.

Lebenswerte Zukunft

Sailer ist davon überzeugt, dass nachhaltige Investments längst keine Modeerscheinung mehr sind. „Nachhaltigkeit wird die Finanzindustrie weiter prägen“, sagt er. „Wir tragen Verantwortung für die Zukunft. Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit müssen Hand in Hand gehen.“

Als Vater von zwei Kindern ist ihm die Bedeutung nachhaltiger Finanzentscheidungen auch auf persönlicher Ebene bewusst. Er möchte, dass seine Kinder in einer lebenswerten Welt aufwachsen, sagt der Betriebswirt. Sailer sieht die europäische Finanzwelt auf einem guten, grünen Pfad. Er wünscht sich aber klare, einheitliche Regulierungen, etwa beim Emissionshandel und durch die EU-Taxonomie, um die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft bis zum Jahr 2050 zu ermöglichen.

Er wünscht sich auch eine stärkere Harmonisierung globaler ESG-Regulierungen, um Unternehmen und Investoren Klarheit zu bieten. „Standardisierung im Bereich ESG durch Regulierung hilft dem Markt zu Wachstum und bietet den Anlegern Orientierung.“

Gegenwind in den USA

Sorge bereitet ihm der Gegenwind in den Vereinigten Staaten. „Wenn Sie in den USA Geschäft betreiben, dann muss man Nachhaltigkeit aus den Marketingmaterialien streichen. Man kann sonst auf Grund der politischen Entwicklungen in einigen Bundesstaaten die Kunden nicht mehr bedienen.“

Besser sehe es in Europa aus. Der von der EU vorgeschlagene „Green Deal Industrial Plan“ könne dabei helfen, nachhaltige Innovationen in Europa zu fördern und sicherzustellen, dass Europa nicht nur ein „Spielfeld“ der Transformation ist, sondern aktiv eine Führungsrolle übernimmt. „In Deutschland ist noch kein ESG-Zug entgleist, hier sieht die Realität anders aus als in den USA.“


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