Start-ups

Münchener Batterie-Recycler Tozero sammelt 11 Mill. Euro

Das Münchener Batterie-Recycling-Startup Tozero hat von Investoren frisches Geld erhalten, um seine Pläne für eine Anlage im industriellen Maßstab voranzutreiben. Ab 2027 sollen in dem Werk jährlich 30.000 Tonnen an Lithium-Ionen-Batterien verarbeitet werden. Die Skalierung ist alles andere als ein Selbstläufer, doch die Gründerinnen zeigen sich optimistisch.

Münchener Batterie-Recycler Tozero sammelt 11 Mill. Euro

Batterie-Recycler Tozero erhält Geldspritze

kro Frankfurt

Im Rennen um den immer relevanter werdenden Markt für Batterie-Recycling kann das Münchener Start-up Tozero einen Zwischenerfolg vermelden. Die 2022 gegründete Firma hat in einer Finanzierungsrunde 11 Mill. Euro eingesammelt und dabei neue Investoren mit an Bord geholt, wie aus einer Mitteilung des Unternehmens hervorgeht. Zu den neuen Geldgebern gehören der Autokonzern Honda, die Wagniskapitalgesellschaft In-Q-Tel des US-Geheimdienstes CIA und der japanische Ingenieurdienstleister JGC Group. Angeführt wurde die Runde vom Bestandsinvestor NordicNinja, einem japanischen Startup-Investor, der sich vor allem auf nordeuropäische Jungfirmen konzentriert und hierzulande schon Geld in das Erdbeobachtungs-Startup LiveEO gesteckt hat. Zu den weiteren Investoren, die sich erneut beteiligt haben, gehören unter anderem Atlantic Labs, Verve Ventures und Possible Ventures.

Tozero bietet ein nasschemisches Verfahren zur Rückgewinnung von kritischen Materialien wie Lithium und Graphit aus Batterien an. Durch den Verzicht von starken Säuren bewirbt das Startup – wie auch der ebenfalls 2022 gegründete Konkurrent Cylib aus Aachen – sein Verfahren als besonders umweltfreundlich. Mit den frischen Mitteln soll nun eine Recycling-Fabrik im industriellen Maßstab errichtet und die Belegschaft ausgebaut werden.

„Batterie-agnostische“ Technologie

In München betreibt das Startup bereits seit über einem Jahr eine Pilotanlage, von wo aus es im April zur ersten Auslieferung von recyceltem Lithium an einen kommerziellen Kunden kam. „Wir haben es in kurzer Zeit mit wenig Ressourcen geschafft, große Mengen Lithium zu produzieren und an kommerzielle Kunden zu liefern", sagt Sarah Fleischer, die Tozero zusammen mit der Metallurgie-Expertin Ksenija Milicevic Neumann gegründet hat. „Das haben andere nicht geschafft.“ Man arbeite bei Tozero zudem „Batterie-agnostisch“, habe die Technologie also „vom ersten Tag an mit unterschiedlichsten Batterietypen trainiert, um auch in zehn, zwanzig und dreißig Jahren noch relevant zu sein“, so Fleischer weiter. Auch das mache derzeit keiner von den Konkurrenten, die stattdessen vielfach auf eine bestimmte Batterieart spezialisiert seien – in den meisten Fällen seien das Nickel-Mangan-Kobalt-Batterien. "Sie vernachlässigen aber all die anderen Batterietypen, obwohl sich die Technologie auch hier sehr rasant entwickelt.“

Zum Standort der neuen Fabrik könne man sich derzeit noch nicht äußern, sagt Fleischer. „Sie soll aber ab 2027 jährlich 30.000 Tonnen an Lithium-Ionen-Batterien verarbeiten können.“ Die Skalierung sei dabei eine Herausforderung: „Eine der größten Schwierigkeiten für ein produzierendes Startup ist es, in kurzer Zeit die relevanten Maschinen zu bekommen – in unserem Fall geht es beispielsweise um chemische Reaktoren“, erzählt Fleischer. Dabei seien gerade in Europa die Lieferketten nach wie vor angespannt. "Wenn wir unseren Plan jetzt in Asien umsetzen würden, würden wir die Maschinen in ein bis drei Monaten bekommen. Aber hier in Europa ist es üblich, eine Maschine in 18 Monaten zu bekommen.“ Für ein Startup sei das natürlich viel zu lang. Die Gründerin ist trotzdem zuversichtlich: „Wir kriegen es hin. Man muss nur ein bisschen kreativ werden.“

330.000 Tonnen in Europa bis 2026

Die Wiederverwertung von Lithium und anderen für die Batterieproduktion wichtigen Rohstoffen gewinnt mit der Energiewende und dem Hochlauf der E-Mobilität zunehmend an Bedeutung. Auch um die massive Abhängigkeit von China beim Bezug der kritischen Ressourcen zu reduzieren, sind in der EU mit der Batterieverordnung künftig Mindestanteile für den Einsatz rückgewonnener Rohstoffe festgelegt. An dem Thema sind entsprechend nicht nur Startups wie Cylib, Tozero oder Redwood Materials aus den USA, sondern auch Automobilkonzerne wie etwa Mercedes-Benz dran. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung geht davon aus, dass die Recycling-Kapazitäten für Lithium-Ionen-Batterien in Europa bis 2026 auf 330.000 Tonnen pro Jahr ansteigen werden.

Neben der Batterie-Industrie benötigen unter anderem aber auch sehr traditionelle Industrien wie die Keramik-, die Zement- oder die Glasindustrie das Leichtmetall Lithium für ihre Produktion. „Einer der ersten Kunden, die bei uns unterschrieben haben, ist einer der größten Keramikhersteller Deutschlands“, sagt Fleischer. „Wir haben für die nächsten Jahre schon einen Auftragsbestand von insgesamt über 1 Mrd. Euro.“

Hoher Ausschuss in der Batterieproduktion

Bei Tozero stammt ein Großteil des im Recycling-Prozess verwendeten Ausgangsmaterials von Batterieschrott, der aus der Batterieproduktion selbst kommt. Die Ausschussraten sind in der Branche aufgrund der hohen Komplexität bei der Produktion sehr hoch – laut der Unternehmensberatung Arthur D. Little liegt sie bei 10 bis 30%. „Das ist vielen Leuten nicht bewusst“, sagt Fleischer. „Die Welle an tatsächlich in Elektroautos genutzten Altbatterien, die wir später recyclen werden, wird laut dem Fraunhofer Institut wahrscheinlich in acht bis zehn Jahren kommen. Dann erst wird die Menge an End-of-Life-Batterien, die wiederverwertet werden müssen, den Produktionsausschuss aus der originären Batteriefertigung übersteigen.“

Insgesamt hat Tozero nach eigenen Angaben nun schon 17 Mill. Euro eingesammelt, wobei 2,5 Mill. Euro in Form einer Förderung vom Europäischen Innovationsrat kamen. Neben den oben genannten Wagniskapitalfirmen und strategischen Investoren haben auch schon bekannte Einzelpersonen aus der Automobilindustrie Geld in die Firma gesteckt, darunter der aktuelle Volta Trucks-Technikchef und frühere Volkswagen-IT-Chef Martin Hofmann sowie das ehemalige Audi-Vorstandsmitglied Axel Strotbek und Ex-Volkswagen-Vorstandsmitglied Jochem Heizmann. Auch der ehemalige CEO von Wacker Chemie, Rudolf Staudigl gehört zu den Investoren.

Cylib, ein Spin-Off der RWTH Aachen, hat seinerseits bislang rund 74 Mill. Euro eingesammelt – unter anderem von Porsche und Bosch. Die neue Recycling-Fabrik der Aachener soll künftig ebenfalls eine jährliche Kapazität von 30.000 Tonnen haben und 2026 an den Start gehen. Vor Kurzem war Baubeginn im nordrhein-westfälischen Dormagen.