CFA 2021 – Kategorie Private Equity

Schlacht um Zooplus erzwingt Kompromiss

In der Übernahmeschlacht um den Online-Tierbedarfshändler Zooplus hatten sich die beiden Finanzinvestoren Hellman Friedman und EQT in letzter Minute auf einen Kompromiss verständigt. Dafür erhalten sie den Corporate Finance Award 2021 in der Kategorie Private Equity.

Schlacht um Zooplus erzwingt Kompromiss

Von Stefan Kroneck, München

Wenn sich zwei Unternehmen um den Erwerb einer anderen Adresse streiten, geht es ähnlich zu wie in einem Boxkampf: Am Ende gibt es einen Gewinner und einen Verlierer. Das ist die Regel in dieser Sportart, so wie in der Wirtschaft – eigentlich. Doch es gibt auch die seltenen Ausnahmen: Im Boxkampf ist es ein Unentschieden, in der Finanzwelt der Übernahmen und Fusionen ist es eine Kompromisslösung zwischen den Kontrahenten. Das Publikum – im Boxen sind es die Zuschauer und das Trainerteam, am Kapitalmarkt die Share- und Stakeholder – hat in Abhängigkeit von der Interessenlage seine Unterhaltung. Mancher kann dabei je nach Einsatz einen großen Gewinn machen oder aber eine Menge Geld verlieren.

Im Bereich Mergers & Acquisitions lieferten die Finanzinvestoren Hellman & Friedman (H&F) und EQT ein gutes Bespiel dafür ab, dass in einer vertrackten Lage mitten im einer Übernahmeschlacht doch noch eine für alle Beteiligten tragbare Einigung zustande kommen kann. Aus einer Pattsituation sind beide Seiten so gesichtswahrend herausgekommen, dass sie sich jeweils doch noch als Gewinner fühlen können. So jedenfalls wird es von außen wahrgenommen. Das Objekt der Begierde, welches Grund des Streits und zugleich der Schlüssel zum Kompromiss war, ist der Online-Tierbedarfshändler Zooplus. 

Das 1999 gegründete Münchner Start-up hatte 2008 – mitten in der Finanzmarktkrise – den Gang aufs Handelsparkett gewagt und entwickelte sich im operativen Geschäft schnell zu einer Erfolgsgeschichte. Die Digitalisierung trieb die geschäftliche Expansion des Münchner Unternehmens im europäischen Ausland voran. Die Corona-Pandemie, die neben dem salonfähig gewordenen Homeoffice auch einen Run auf Haustiere auslöste, beschleunigte das Wachstum.

Auf der Suche nach rentierlichen Anlagen im Zinstief wurde Zooplus bei dieser Equity Story für professionelle Private-Equity-Häuser zu einem attraktiven Investment. Denn Zooplus benötigte unter der Regie von Vorstandschef Cornelius Patt mehr Mittel für Investitionen, um die Expansion weiter voranzutreiben. Als Modell dafür steht der US-Markt. Stationäre Anbieter werden dort zunehmend verdrängt, Internet-Tierbedarfshändler wie die 2019 an die Börse gegangene Firma Chewy geben zunehmend den Takt vor.

Gefragte Digitalstrategie

Die Entwicklung in Europa in diesem Segment stieß auf reges Interesse bei H&F. Die Private-Equity-Gesellschaft mit Hauptsitz in San Francisco griff Mitte August 2021 bei Zooplus zu. Die Kalifornier boten seinerzeit je Aktie 390 Euro in bar. Binnen eines Tages schoss der Kurs der Zooplus-Titel um über zwei Fünftel in die Höhe. Die Sache schien ausgemacht, unterstützte doch die Verwaltung des MDax-Mitglieds die angekündigte freiwillige öffentliche Offerte der Amerikaner. Beide Seiten schlossen eine Investorenvereinbarung ab über den mehrheitlichen Erwerb von Zooplus. H&F bewertete die Transaktion mit insgesamt 3 Mrd. Euro. Das war ein stolzer Preis. Das Angebot entsprach dem 48-Fachen des operativen Jahresergebnisses von Zooplus. Bei einem Umsatz von 1,8 Mrd. Euro (+18%) erwirtschaftete der Konzern 2020 ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 63 Mill. Euro (+52%).

Aufgrund dieser hohen Kaufprämie für die Aktionäre ging die Manager von H&F offensichtlich davon aus, dass ihnen keine andere Adresse mit einem Gegenangebot in die Parade fahren würde.

Doch genau das trat dann ein. Zwar sprang Wettbewerber KKR aus New York im Rennen um Zooplus zwischenzeitlich ab, doch das schwedische Private-Equity-Haus EQT Partners münzte ihr Anfang September 2021 bekundetes Interesse Wochen später tatsächlich in eine Gegenofferte um. Die Gesellschaft mit Sitz in Stockholm bot Ende September vergangenen Jahres 470 Euro in bar je Zooplus-Titel. Damit lagen die Schweden um 10 Euro je Titel über dem kurz zuvor nachgebesserten Angebot von H&F.

Die Aktie durchlebte einen Höhenflug ungeahnten Ausmaßes. Die Zooplus-Verwaltung war auch von den Avancen von EQT verzückt. Anfang Oktober 2021 zog dann H&F mit einem Angebot in gleicher Höhe nach.

Bewertung von 3,7 Mrd. Euro

Zu diesem Zeitpunkt wirkte es so, als hätten beide Bieter in diesem Gefecht ihre Karten ausgereizt. H&F und EQT manövrierten sich in eine Sackgasse. Eine Seite müsste nachgeben, wurde damals im Markt spekuliert. Denn die hohen Preisaufschläge rechtfertigten nicht mehr einen Erfolg der Transaktion, so schien es. Hinter den Kulissen aber arbeiteten die beiden Adressen bereits an einer Einigung. Mit Unterstützung von EQT erhöhte H&F ihre Offerte zum dritten Mal in Folge. Das Duo bot nunmehr 480 Euro je Aktie. Das entsprach einer Zooplus-Bewertung (inklusive Verbindlichkeiten) von 3,7 Mrd. Euro. Das waren 700 Mill. Euro mehr als noch zweieinhalb Monate zuvor.

Was die Anteilseigner von Zooplus erfreute, war für H&F und EQT ein teures Ende eines Bieterwettkampfs nach knapp zwei Monaten – gerechnet von den am 2. September 2021 erstmals offiziell bestätigten Gesprächen zwischen Zooplus und EQT über eine Gegenofferte. Die Börsen-Zeitung kommentierte das Zweckbündnis seinerzeit als „Notlösung“ (vgl. BZ vom 25.10.2021). H&F und EQT hätten in der Causa preiswerter vorgehen können, hätten sie sich von Anfang an auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Bieterkonsortien sind in der Private-Equity-Szene nicht unüblich.

Beide Häuser halten nach Abschluss eines Delisting-Erwerbs­angebots 97% an Zooplus (Stand Ende Januar 2022). Seitdem ist die Aktie von Zooplus nicht mehr zum börslichen Handel unter anderem an der Frankfurter Börse zugelassen. H&F und EQT haben die Regie bei der zwischenzeitlich in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) gewandelte Münchner Firma übernommen.

Die Finanzinvestoren investieren zusätzlich in Zooplus, um die Expansionsstrategie zu unterstützen. Aufgrund des hohen Mitteleinsatzes und des zunehmenden Wettbewerbs für Zooplus wird es voraussichtlich noch Jahre dauern, bis sich der Einstieg für H&F und EQT finanziell gerechnet hat.

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