Die EZB diskutiert über ihren Instrumentenkoffer
26. Oktober
EZB vor neuer Phase der Geldpolitik
mpi Frankfurt
Nach zehn Zinserhöhungen in Folge dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag zum ersten Mal seit Juni 2022 die Leitzinsen unangetastet lassen. Gleichzeitig werden die Notenbanker voraussichtlich betonen, dass die Zinspause nicht gleichbedeutend mit dem Erreichen des Zinsplateaus ist. Denn ein Teil des EZB-Rats kann sich eine weitere Zinsanhebung bei der übernächsten EZB-Sitzung Mitte Dezember gut vorstellen. Bis dahin werden sie beobachten, welche Wirkungen die bisherigen Erhöhungen noch auf Inflation und Realwirtschaft entfalten. Die Verfechter einer restriktiven Geldpolitik, die „Falken“, betonen, dass es immer noch Aufwärtsrisiken bei der Inflation gebe. Dazu zählen sie etwa die Lohnentwicklung. Die Vertreter einer lockeren Geldpolitik, die „Tauben“, halten das jetzige Zinsniveau hingegen für ausreichend restriktiv, wenn die EZB es über einen längeren Zeitraum hält.
Auch dies dürfte eine Botschaft sein, die von der Zinssitzung am Donnerstag ausgeht: Zinssenkungen wird es in der ersten Jahreshälfte 2024 nicht geben. Immer wieder haben EZB-Granden dies in der Vergangenheit betont, da Finanzmärkte und Ökonomen lange Zeit davon ausgegangen sind, dass es bereits zu Beginn des kommenden Jahrs zur ersten geldpolitischen Lockerung kommt.
Die Erwartung einer baldigen Lockerung konterkariert jedoch die Effekte der geldpolitischen Straffung. Daher ist es der EZB wichtig, diese zu zerstreuen. Inzwischen auch mit ersten Erfolgen. Sowohl Ökonomen als auch Finanzmarktteilnehmer rechnen mittlerweile mit einem länger andauernden Zinsplateau als bisher.
Debatte über Erhöhung der Mindestreserve
Die EZB hat in ihrem Instrumentenkoffer zur Steuerung der Geldpolitik jedoch nicht nur die Leitzinsen zur Verfügung. Ein kontroverses Thema, über das die Notenbank vielleicht schon auf der Zinssitzung nächste Woche debattieren wird, ist eine mögliche Erhöhung der Mindestreserve, die Geschäftsbanken bei der EZB halten müssen.
Aktuell liegt diese bei 1% der Kundeneinlagen. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann plädiert für eine deutliche Anhebung auf 5 bis 10%. Auch andere EZB-Ratsmitglieder sollen für eine höhere Mindestreserve – für die die Banken keine Zinsen von der EZB erhalten – offen sein, dabei aber eher eine Erhöhung auf 3 oder 4% favorisieren.
Eine höhere EZB-Mindestreserve würde die Liquidität im Bankensektor reduzieren und damit zu einer noch strafferen Geldpolitik beitragen. Die Bankenbranche kritisiert die Debatte scharf. Eine höhere Mindestreserve wäre ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für europäische Banken, sagte etwa Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, der gleichzeitig auch Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) ist.
Mehr Tempo beim Abbau der EZB-Bilanz?
Zu weniger Liquidität im Euroraum würde auch ein schnellerer Abbau der EZB-Bilanz führen. Die Bilanzsumme ist durch den stark ausgeweiteten Anleihekauf während der Pandemie deutlich gestiegen auf zwischenzeitlich rund 9 Bill. Euro. Mittlerweile ist sie auf etwa 7 Bill. Euro gesunken.
Die Falken im EZB-Rat befürworten jedoch ein schnelleres Abbautempo. Sie sprechen sich dafür aus, die Reinvestitionen im Zuge des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP nicht erst Ende 2024 zurückzufahren. Die Tauben mahnen dagegen zur Vorsicht, wie etwa Spaniens Notenbankchef Pablo Hernández de Cos, der sich Ende September dazu im Interview der Börsen-Zeitung äußerte.