Thyssenkrupp verharrt in Dauerkrise
ab Köln
14. August
Thyssenkrupp verharrt in Dauerkrise
Für Jens Schulte, den seit Juni amtierenden Finanzvorstand von Thyssenkrupp, dürfte das erste Zusammentreffen mit Investoren und Journalisten in neuer Funktion alles andere als ein freudiger Termin werden. Denn das dritte Quartal, über das Thyssenkrupp am 14. August berichtet, ist für den Essener Traditionskonzern äußerst unbefriedigend verlaufen. So musste Thyssenkrupp vor zwei Wochen auf Basis vorläufiger Zahlen erneut Hand an die Prognose legen – das dritte Mal in diesem Jahr.
An Schulte ist es nun, die Misere zu erläutern. Zwar ist klar, dass das Sorgenkind Stahl eine Mitschuld trägt. Doch auch in anderen Segmenten läuft es nicht rund. Im Werkstoffhandel dürften sich die weiter nachgebenden Stahlpreise bemerkbar machen. Die Zahlen der Automobilhersteller haben bereits einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie es bei den Zulieferern aussieht, und auch in dem neu geschaffenen Segment Decarbon Technologies macht sich bei zahlreichen Kunden Investitionszurückhaltung breit. Von daher dürfte der Blick auf die Segmententwicklung aufschlussreich sein.
Stahlsparte im Mittelpunkt
Zweifelsohne wird die Stahlsparte aber erneut im Fokus der Investoren stehen, denn dort gibt es den größten Handlungsbedarf. Die Verselbständigung der Sparte war schon unter Thyssen-Chefin Martina Merz ein zentrales Thema. Ihr Nachfolger Miguel Lopéz versucht jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Der Verkauf der ersten 20% an den tschechischen Investor Daniel Křetínský ist perfekt. Für die restlichen 30%, die der Milliardär erwerben will, braucht es aber notgedrungen das Zukunftskonzept, an dem der Stahlvorstand seit April arbeitet.
An diesem Freitag tagt der Aufsichtsrat der Stahlsparte, ob das Konzept schon zur Abstimmung vorgelegt wird, steht dahin. Alles dreht sich um die Frage, wie viel Geld Thyssenkrupp Steel benötigt, um am Ende auf eigenen Füßen stehen zu können. Naturgemäß eine konfliktträchtige Debatte. Thyssenkrupp will die Mitgift möglichst klein halten, derweil der Stahlvorstand in seinem Geschäftsplan Risikopuffer einbauen dürfte.
Es zeichnet sich ab, dass am Ende ein Gutachter das Finanzierungsthema klären muss. Solange die Finanzierungsfrage nicht geklärt ist, soll die Arbeitnehmerseite wiederum nicht bereit sein, über den angekündigten, aber noch nicht quantifizierten Stellenabbau zu sprechen. Während Lopéz die Handlungsfäden zu entgleiten drohen, haben die Investoren schon mit den Füßen abgestimmt.