AGI hält geldpolitische Wende ab 2022 für möglich
xaw Frankfurt
Der Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI) rechnet damit, dass die Fed ihre Offenmarktgeschäfte ab dem kommenden Jahr zurückfahren könnte. Zur Jahreswende auf 2023 stünde dann vermutlich eine erste Zinserhöhung bevor. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde ein Jahr später kontraktivere Schritte einleiten. Aus Aktienmarktperspektive werde der resultierende Liquiditätsentzug zum Problem, schon die bisher in Aussicht gestellte Zinswende der US-Notenbank ab 2024 sorge ja für Stress.
„Vorerst werden die Notenbanken daher versuchen, frühzeitige Reaktionen auf die derzeitigen und noch zu erwartenden Inflationsanstiege abzumoderieren“, sagt Ingo Mainert, CIO Multi Asset Europe bei Allianz GI. Die EZB bleibe deshalb in den kommenden Monaten noch so expansiv wie möglich eingestellt. Zudem gehe der strategische Wechsel der Fed aus dem vergangenen Jahr, den auch andere Notenbanken zeitverzögert vollzögen, in der Diskussion am Markt unter. Die Umstellung des Inflationsziels der US-Währungshüter auf ein durchschnittliches Level von 2% sei dabei nur eine Komponente. Für die Geldpolitik liege nun vor allem der Arbeitsmarkt im Fokus, die Preisstabilität trete im Rahmen der fiskalischen Dominanz zunächst in den Hintergrund.
Gewinnwunder macht Mut
In Kombination mit der Konjunkturerholung und steigenden Inflationserwartungen führe das geldpolitische Gesamtbild dazu, dass die Renditen 10- und 30-jähriger Staatsanleihen weiter steigen dürften, während am kurzen Ende zunächst kaum Bewegungen zu erwarten seien. Am Aktienmarkt hingegen ergäben sich trotz der langfristigen Zinssorgen positive Signale. So habe nicht nur der Dax-Performanceindex ein Rekordhoch markiert, sondern auch der Kursindex. Hinzu käme die positive fundamentale Entwicklung. „Wir haben ein Gewinnwunder“, so Mainert. Im Aggregat dürften die Gewinne im laufenden Jahr sowohl im S&P 500 als auch im Dax aufgrund fiskalpolitischer Unterstützung Allzeithochs erreichen.
Allerdings sei das Aufwärtspotenzial der Aktienmärkte durch die bereits hohen Gewinnerwartungen begrenzt. Zugleich bestünden Überhitzungssignale: Die Bewertungen in den Vereinigten Staaten fielen sehr hoch aus – zugleich nähmen US-Titel im MSCI World ein Gewicht von 66,3% ein. Zudem zeigten Phänomene wie der Boom von Special Purpose Acquisition Companies (Spacs), dass übersteigerter Optimismus herrsche und viel spekulativ und kurzfristig angelegtes Kapital vorhanden sei.
Zudem stellten Steuererhöhungen für die Aktienmärkte ein Risiko dar. „Steuererhöhungen werden ein wichtiger Teil des Schuldenmanagements sein, wodurch auf die Unternehmen einige Belastungsfaktoren zukommen“, sagt Mainert. Zuerst werde dies in den USA zum Thema, doch auch in Deutschland komme die Diskussion im Vorwahlkampf auf.