Bierkonzern

Anheuser-Busch Inbev baut Schulden ab

Im Zuge der Coronakrise sind die Sorgen vor einer Überschuldung des Braukonzerns Anheuser-Busch Inbev gestiegen. Das Management dürfte den Fokus nun auf den Abbau von Verbindlichkeiten legen.

Anheuser-Busch Inbev baut Schulden ab

Von Gerold Deppisch*)

Große und stabile Unternehmen zählen zu den Favoriten von Credit-Investoren. Hierzu zählt sicherlich auch der weltgrößte Bierbrauer An-heuser-Busch Inbev mit seinem breiten Produktportfolio der globalen Premiummarken Budweiser, Corona und Stella Artois sowie über 500 weiteren nationalen und internationalen Biermarken. In Deutschland ist das Unternehmen mit den Marken Beck’s, Franziskaner, Has­seröder, Diebels, Löwenbräu und Spaten aktiv. Das Unternehmen bietet Investoren zudem eine breite Auswahl an 13 festverzinslichen Euro-Anleihen mit unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen.

Die Spreadentwicklung der ausstehenden Bonds wurde durch die Coronakrise deutlich belastet. Die stärkste Ausweitung fand zu Beginn der Krise statt. Beispielsweise weitete sich der Spread des Bonds mit der Laufzeit März 2028 von 53 Basispunkten Ende Februar auf 205 Basispunkte Anfang April aus, was den Spreadhöchststand markierte. Die Sorge der Investoren kam nicht von ungefähr. Durch den Lockdown mit Schließungen von Gaststätten, Restaurants und Hotels verlor Anheuser-Busch Inbev im zweiten Quartal 2020 rund 17% des Umsatzes. Das Ebitda nahm um 34% ab. Das wichtige Außer-Haus-Geschäft konnte nicht durch ein besseres Geschäft im Heimkonsum kompensiert werden.

Nichtsdestotrotz zeigte die Nachfrage eine recht schnelle Erholung. Fiel der Absatz im April noch um 32%, waren es im Mai nur noch 21%. Im Juni wurde bereits wieder das Vorjahresniveau erreicht und sogar um 0,7% leicht überschritten. Im zweiten Quartal 2021, also ein Jahr später, stieg der Umsatz um 28% und das Ebitda um 31%. Die hohen Zuwächse sind zwar hauptsächlich auf einen Basiseffekt wegen des schwachen Vorjahresquartals zurückzuführen. Aber auch im Vergleich zum zweiten Quartal 2019 hat das Unternehmen einen Umsatzanstieg von 3% gezeigt. Eine Normalisierung der operativen Entwicklung erscheint damit beim Umsatz erkennbar, was sich auch positiv auf die Entwicklung der Anleihespreads niederschlägt. So hat sich zum Beispiel der Spread des Bonds mit Fälligkeit März 2028 seit Jahresbeginn von 50 Basispunkten auf aktuell 33 Basispunkte eingeengt.

Besorgte Investoren

Einhergehend mit dem Einbruch im Zuge der Covid-19-Pandemie stiegen die Sorgen vor einer Überschuldung des Unternehmens. Der entscheidende Schritt hin zur Größe war nämlich die Übernahme des auf Rang 2 stehenden Konkurrenten SABMiller für über 100 Mrd. Dollar im Jahr 2016, die überwiegend über Bondemissionen finanziert wurde. Unter dieser Schuldenlast ächzt das Unternehmen heute noch, und jedwede Schwäche im operativen Geschäft lässt die Sorgenfalten bei Investoren in Bezug auf den geplanten Schuldenabbau tiefer werden. Denn durch die Akquisition stieg die Nettofinanzverschuldung auf mehr als das Fünffache des Ebitda. Trotz der Pandemie ist es dem Unternehmen immerhin gelungen, den Verschuldungsgrad zum Jahresende 2020 auf das 4,8-Fache und zum Ende des ersten Halbjahres sogar auf das 4,4-Fache zu senken.

Damit weist Anheuser-Busch Inbev zwar immer noch einen hohen Verschuldungsgrad auf, wird aber von Ratingagenturen dennoch mit Investment Grade bewertet. Das dürfte seinen Grund in der Selbstverpflichtung von Anheuser-Busch Inbev haben, den Verschuldungsgrad auf das Zweifache senken zu wollen. Allerdings hat das Management keinen genauen Zeitplan für das Erreichen dieses Ziels angegeben. So besteht das Risiko, dass die Ratingagenturen bei einem zu langwierigen Schuldenabbau oder gar einem erneuten Anstieg des Verschuldungsgrades das Rating senken könnten. Für das Abgleiten in den High-Yield-Bereich wären allerdings noch ganze drei Stufen notwendig.

Den Schuldenabbau dürfte das Unternehmen also im Fokus behalten. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die zukünftige Finanzpolitik eher konservativ ausgerichtet bleibt. Hinzu kommt die Möglichkeit weiterer Vermögensverkäufe wie zuletzt der Verkauf des Australiengeschäfts. So dürfte die Gesamtverschuldung, die im ersten Halbjahr 2021 um 8Mrd. Dollar auf 90,6 Mrd. Dollar gesenkt wurde, weiter reduziert werden. Gleichzeitig verfügt AB Inbev mit einer Barliquidität von 16,9 Mrd. Dollar und einem revolvierenden Kredit von 10,1 Mrd. Dollar über eine gute finanzielle Ausstattung.

Refinanzierung möglich

Dass eine Refinanzierung unter erschwerten Bedingungen möglich ist, bewies AB Inbev mit der Emission einer Triple-Tranche im März 2020, also während des Ausbruchs der Pandemie. Insgesamt wurden 4,5Mrd. Euro am Bondmarkt eingesammelt. Die Laufzeiten der drei Neuemissionen lagen bei sieben, zwölf und 20 Jahren, mit stolzen Kupons von 2,125%, 2,875% und 3,7%. Angesichts der Marktschwäche im Zuge der Pandemie lag die Guidance der Bonds vergleichsweise hoch. So wurde die siebenjährige Laufzeit zunächst mit einem Spread von 305 Basispunkten angeboten. Im weiteren Angebotsverlauf wurde der Emissionsspread auf 285 Basispunkte eingeengt. Die Nachfrage lag dann mit 5,5 Mrd. Euro nur leicht über dem Angebot von 4,5 Mrd. Euro, was letztendlich eine Zurückhaltung bei den Investoren zu diesem Zeitpunkt zeigt.

Aktuell notieren die Spreads der ausstehenden Bonds von AB Inbev bei Laufzeiten bis zu sechs Jahren auf dem Niveau der Marktkurve A- und bis zu zwölf Jahren auf dem Niveau der Marktkurve BBB+. Danach tendieren sie sogar hin zur Marktkurve BBB-. Damit erscheinen die kurzen und mittleren Laufzeiten teuer bis fair und die Laufzeiten am sehr langen Ende günstig bewertet. Die recht steile Spreadkurve der ausstehenden Bonds reflektiert unseres Erachtens daher das Risiko des Schuldenabbaus. Im Vergleich zu ausgesprochen zyklischen Branchen verfügt AB Inbev aber über ein recht stabiles Geschäftsmodell, was sich letztendlich auch in der relativen Bewertung spiegeln dürfte.

Attraktive Spreads bieten insbesondere Bonds mit sehr langer Laufzeit, die für risikobewusste Investoren interessant sind. Auch in Bezug auf die Rendite müssen Investoren den Blick bei AB Inbev in die Zukunft richten. Bonds mit Laufzeiten bis 2027 weisen zeitweise entweder eine negative Rendite oder eine Rendite von bis zu 0,3% auf. Für Bonds mit Restlaufzeiten von neun bis zwölf Jahren liegen die Renditen zwischen 0,6% und 0,8%. Für sehr lange Laufzeiten steigen die Renditen auf bis zu 1,6%. Die erfolgreiche Fortführung der Schuldensenkung könnte zu weiteren Spreadeinengungen führen. Interessant dürften auch attraktiv bepreiste Neuemissionen sein, wenngleich das Augenmerk mehr auf dem Schuldenabbau liegen dürfte, weniger auf der Aufnahme neuer Finanzverbindlichkeiten. Zur Refinanzierung erscheinen Neuemissionen aber allemal möglich. Die nächste Euro-Bond-Fälligkeit lautet jedoch erst auf September 2024, danach auf März 2026. Neuemissionen im Rahmen vorzeitiger Bondrückzahlungsangebote erscheinen bei der Adresse aber immer möglich.

*) Gerold Deppisch ist Senior Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg.