Luxusauto-Aktien

Aston Martin holt zu Ferrari auf

Mit dem Saisonstart in der Formel 1 sollen auch glanzvollere Zeiten für Aston Martin anbrechen. Inzwischen glauben einige Analysten wieder an eine Trendwende bei der britischen Luxusmarke.

Aston Martin holt zu Ferrari auf

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Wenn am kommenden Wochenende mit dem Großen Preis von Bahrain die neue Saison der Formel 1 beginnt, dürften viele Augen auf einem Mann ruhen: Nicht der amtierende Weltmeister Lewis Hamilton, der auf die Jagd nach dem achten Titel und damit dem alleinigen Rekord geht, ruft derzeit wohl die größte Spannung hervor, sondern Konkurrent Sebastian Vettel. Denn der Deutsche ist nach schwierigen Jahren im Ferrari beim neuen Aston-Martin-Team untergekommen – nun soll er die britische Luxusmarke zu sportlichem Erfolg führen und ihr somit neuen Glanz verleihen.

Starke Werbeplattform

Tatsächlich hat die Aktie der Dachholding Aston Martin Lagonda seit dem vergangenen September, als die Verpflichtung Vettels für die neue Saison bekannt wurde, um mehr als 70% zugelegt und sowohl gegenüber der in Mailand gelisteten Ferrari-Aktie als auch im Vergleich zu deren New Yorker Schwesterpapier eine deutliche Outperformance hingelegt. Damit liegt ihr aktueller Wert zwar immer noch mehr als 80% unter dem zum Börsengang im Oktober 2018 erreichten Niveau. Allerdings sind mittlerweile tatsächlich Zeichen für einen Umschwung bei der kriselnden britischen Marke erkennbar, der sich nach Meinung einer wachsenden Zahl von Marktbeobachtern nachhaltig im Kurs bemerkbar machen dürfte. Das Engagement in der Formel 1 spielt dabei eine wichtige Rolle. Schließlich ist die Rennserie für Sportwagenbauer eine starke Werbeplattform. Konkurrent Ferrari versteht diese seit Jahrzehnten dafür zu nutzen, sich ein exklusives und sportliches Image zu verpassen. Auch die VW-Premiummarken scheinen das Vermarktungspotenzial durch den Motorsport wieder zunehmend für sich zu entdecken: Laut einem Bericht der „Automobilwoche“ forcieren Audi und Porsche Pläne für einen Start in der Formel 1 ab 2025.

Aus Aktienmarktsicht ist das vor allem deshalb interessant, weil Volkswagen angeblich über einen Börsengang ihrer Ertragsperle Porsche nachdenkt. Laut den Analysten von Bloomberg Intelligence ist dabei eine Bewertung von bis zu 95 Mrd. Dollar möglich. Die neue, elektrische Generation des Modells Macan könne den Anteil batteriebetriebener Fahrzeuge am Verkaufsmix im kommenden Jahr auf 30% und bis zum Jahr 2025 auf über 40% heben. Damit nähere sich die Luxusmarke dem Image von Börsenstar Tesla an, verfüge aber über eine deutlich höhere Marge.

Angesichts der hochfliegenden Elektro-Ambitionen des Wolfsburger Konzerns ist für ein Engagement der VW-Premiummarken in der Formel1 wohl Voraussetzung, dass sich die Rennserie umweltfreundlicheren Technologien öffnet. Ab 2022 müssen die Teams Sprit tanken, der zu 10% aus nachhaltigem Ethanol besteht.

Nachhaltigkeit gefragt

Zudem laufen Gespräche darüber, ab 2025 eine neue Motorengeneration zu verwenden, die für den Betrieb mit zu 100% nachhaltigem Kraftstoff ausgelegt ist. Tatsächlich hat die Königsklasse im Zuge des gesellschaftlichen Nachhaltigkeitstrends in den vergangenen Jahren viel Akzeptanz eingebüßt. „In einigen Schwellenländern sind sicher noch Potenziale vorhanden, aber in der westlichen Welt befindet sich die Formel 1 eher auf dem absteigenden Ast“, sagt Jürgen Pieper, Senior Advisor Automobiles beim Bankhaus Metzler. Auch für Serienweltmeister Mercedes wäre ein Fokus auf die Formel E laut dem renommierten Branchenkenner unter Image-Gesichtspunkten wohl gewinnbringender.

Mehr Kaufempfehlungen

Ohnehin reicht die Werbefläche Formel 1 als Erfolgsgarant für einen Premium-Autobauer nicht aus. Bei Aston Martin sorgen aber weitere Faktoren dafür, dass Analysten die Aktie optimistischer beurteilen. Zwar liegt der Anteil der Verkaufsempfehlungen laut Bloomberg immer noch bei 45,5% – allerdings ist die Quote an Kaufempfehlungen zuletzt deutlich gestiegen und beläuft sich nun auf 27,3%. Für Hoffnung sorgt auch, dass im Dezember 2020 vorgenommene Refinanzierungsaktivitäten im Gesamtvolumen von 1,3 Mrd. Dollar dem Unternehmen bezüglich seiner Schuldenrückzahlungen wohl Spielraum bis zum Jahr 2025 verschafft haben und der freie Cash-flow bis 2023 ins Positive drehen soll.

Zudem beobachten die Marktteilnehmer die weitere Absatzentwicklung des im vergangenen Jahr gestarteten Oberklasse-SUV DBX mit Spannung. Über diesen hatte Aston Martin zumindest sein viertes Quartal retten können: 1171 der Geländelimousinen lieferte der Autobauer zwischen Oktober und Dezember aus. Das ist insofern beachtlich, als in diesem Zeitraum insgesamt nur 1839 Aston-Martin-Modelle an die Händler gingen.

„Die Aktienstory ist noch immer riskant und das Geschäftsmodell hängt von zwei Stufen der Neuausrichtung und des Wachstums ab“, kommentieren die Analysten von J.P. Morgan Cazenove, die Aston Martin im März mit einer Einstufung auf „Neutral“ in die Coverage aufgenommen haben. In einer ersten Phase müsse das Unternehmen seine Sportwagensparte wieder aufbauen und über den DBX die Profitabilität steigern. Zugleich gelte es, weitere Kapitalerhöhungen zu vermeiden und den Cash Burn zu begrenzen. Im laufenden und kommenden Jahr könnte Aston Martin aber gezwungen sein, jeweils Barreserven von über 200 Mill. Pfund zu verbrennen.

Führung überzeugt

In der zweiten Phase müsse die Luxusmarke großflächig Modelle aus ihrem Kernportfolio auffrischen und zugleich die Wende zum Elektroantrieb vorantreiben. Dafür sei die strategische Partnerschaft mit Mercedes-Benz entscheidend. Mit Großaktionär und Verwaltungsratspräsident Lawrence Stroll sowie CEO Tobias Moers, dem ehemaligen Chef von Mercedes-AMG, seien aber die richtigen Personen am Werk, um einen breiteren Zielmarkt anzusteuern.

Bis Aston Martin aber zu Ferrari aufholen kann, ist wohl noch viel zu tun. Die Italiener verfügen über starke defensive Qualitäten und sind der britischen Konkurrenz hinsichtlich des Absatzes im Jahr 2020 weit enteilt. Und wenngleich das tänzelnde Ferrari-Pferd in der Formel 1 einer schwierigen Saison entgegenblickt, bleibt es innerhalb der Branche doch Favorit der Analysten: 58,3% raten zum Kauf der Mailänder Aktie, beim New Yorker Gegenstück sind es sogar 60,9%.

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