Aufwärtstrend bei Aktien noch intakt
Die US-Wirtschaft hat zum Ende des ersten Quartals an Dynamik zugelegt. Der zügige Impffortschritt und ständig neue Konjunkturpakete lassen die Unternehmen optimistisch in die Zukunft blicken. Die Belegschaft wird wieder massiv aufgestockt und zurückgestellte Investitionen werden in Angriff genommen. Allein im März wurden knapp eine Million Stellen wiederbesetzt.
Konsumausgaben ziehen an
Zudem sind bereits etwa 130 Millionen US-Bürger in den Genuss der Auszahlungen des jüngsten Konjunkturpakets der Biden-Administration gekommen. Insgesamt fließen so knapp 355 Mrd. Dollar in die Taschen der Konsumenten. Zwar zeigen Umfragen, dass gut die Hälfte des Geldes nicht für zusätzliche Konsumausgaben genutzt werden soll, dennoch werden die Konsumausgaben auch dank dieser Zahlungen in den kommenden Wochen wohl spürbar zulegen. Gleichzeitig stehen die nächsten Konjunkturpakete der Regierung in Washington – diesmal soll es um Infrastruktur, Bildung und soziale Elemente gehen – in den Startlöchern. Die US-Wirtschaft dürfte im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr fast zweistellig zulegen. Auch für 2022 bleiben wir optimistisch.
Während sich die Vereinigten Staaten (gemeinsam mit China) einmal mehr als Lokomotive der Weltwirtschaft hervortun, hinkt die Konjunktur der Eurozone derzeit noch hinterher. Aber auch in der Währungsgemeinschaft zeichnet sich das Licht am Ende des Tunnels deutlich ab, so langsam der Impffortschritt auf unserer Seite des Atlantiks auch sein mag, so klein die Fiskalpakete verglichen mit den gigantischen US-Summen auch aussehen und so anfällig der Euroraum für Störungen der globalen Lieferketten ist. In den kommenden Monaten wird sich dennoch eine spürbar höhere Wachstumsdynamik entfalten. Insbesondere für das kommende Jahr schätzen wir die derzeit im Konsens der Volkswirte unterstellten Wachstumsraten für die Weltwirtschaft als etwas zu niedrig ein.
Die Gewinnaussichten für europäische Unternehmen dürften von diesen positiven konjunkturellen Entwicklungen in den nächsten Monaten weiter profitieren. Die Revisionen der von Aktienanalysten erwarteten Gewinne für 2021 und 2022 zeigten zwar bereits in den letzten Monaten nach oben, unseres Erachtens dürften aber noch nicht alle positiven Entwicklungen vollständig eskomptiert sein.
Starkes Gewinnwachstum
Wir gehen davon aus, dass die Gewinne der europäischen Unternehmen 2022 in Summe etwa 20% über dem Vor-Corona-Niveau liegen werden – etwa 5 Prozentpunkte mehr als derzeit im Mittel unterstellt. Freilich sind die Kapitalmärkte da schon einen Schritt weiter, wie die jüngst erklommenen Rekordmarken, rückläufige Risikoprämien am Aktienmarkt und ausgeweitete Multiples belegen. Dennoch dürfte unseres Erachtens auch hier der eingeschlagene Kurs vorerst weiterverfolgt werden.
Denn letztlich liegt doch die Fernsteuerung der Kapitalmärkte weiterhin in den Händen der Notenbanken – und bislang zeigen Powell, Lagarde und Co. wenig Interesse daran, frühzeitig die Richtung zu ändern. Sowohl Fed als auch EZB haben zuletzt ihre expansive Grundausrichtung bestätigt. Während die Fed weiterhin Anleihen im Volumen von 120Mrd. Dollar monatlich erwirbt, hat die EZB ihr Kauftempo zuletzt zumindest temporär angehoben, um den aus dem Dollarraum importierten Renditeanstieg zu bremsen.
Alternativlosigkeit überwiegt
Während sich also einerseits ganz klar die Frage stellt, ob die positiven Konjunkturimpulse ausreichen, um zu noch höheren Notierungen beizutragen, und angesichts optimistischer Positionierung der Marktteilnehmer sowie niedriger Volatilitäten ohnehin die Alarmglocken schrillen, so dürfte zumindest kurzfristig noch die Alternativlosigkeit der Aktienanlagen überwiegen.
Spannend wird es an den Aktienmärkten aber dann, wenn sich der Renditeanstieg nach der zuletzt zu beobachtenden Plateaubildung fortsetzt – und bzw. weil sich die Notenbanken langsam aus den umfangreichen Anleihekäufen zurückziehen. Ob in diesem Jahr das alte Börsen-Mantra „Sell in May“ wieder gilt, ist fraglich, unseres Erachtens wird aber wohl spätestens im Herbst die Volatilität an den Aktienmärkten wieder zulegen.
Denn in den letzten Wochen wurde die Tapering-Debatte selbst in den USA noch sehr zaghaft geführt. Mit weiter voranschreitender wirtschaftlicher Erholung und angesichts steigender Inflationsraten rechnen wir aber nach dem Sommer mit Signalen hin zu einer vorsichtigeren geldpolitischen Ausrichtung. Die noch immer von der Krisenbekämpfung geprägte Geldpolitik dürfte dann schrittweise restriktiver werden. Die im sogenannten Dot-Plot der Fed gezeigte Einschätzung, dass die US-Leitzinsen bis Ende 2023 auf unverändert niedrigem Niveau gehalten werden, ist angesichts der erwarteten makroökonomischen Entwicklungen ohnehin unrealistisch. Die Weichen hin zu verringerten Anleihekäufen und höheren Leitzinsen werden in den nächsten Quartalen auch Fed-seitig gestellt werden müssen, so wie es der Anleihemarkt teilweise bereits einpreist. Spätestens dann dürften aber auch die US-Renditen ihren Weg in Richtung der 2-Prozent-Marke nochmals fortsetzen und für Volatilität an den Aktienmärkten sorgen.
Klimaorientierte Strategien
Wie immer wird es bereits zuvor Gewinner und Verlierer geben. Dass die US-Regierung im laufenden Monat die Weichen stellen möchte, um die amerikanische Wirtschaft bei der Bekämpfung der Erderwärmung wieder in die internationale Gemeinschaft zu reintegrieren und das kommende Fiskalpaket dazu beitragen soll, dass die US-Wirtschaft klimafreundlicher wird, sind wichtige Fingerzeige. Sogar die US-Steuerpolitik wird womöglich an Klimazielen ausgerichtet, während die SEC bereits die Berichterstattung von Unternehmen zu Emissionen und Klimafolgen in den Fokus genommen hat. Klimaorientierte Anlagestrategien werden von diesen Entwicklungen und dem ungebrochenen Trend der Anleger hin zu klimaoptimierten Lösungen wohl unabhängig von der Entwicklung der US-Renditen weiterhin profitieren.