Auf welche europäischen Aktien die Bank of America jetzt setzt
Bank of America rät zu Pharmawerten
Insgesamt überwiegt Pessimismus für europäische Aktien
hip London
Bank of America geht davon aus, dass die Kurse europäischer Aktien im Jahresverlauf nachgeben werden. Ein sich abschwächendes weltweites Wachstum, niedrigere Erwartungen an die Unternehmensgewinne und steigende Risikoprämien dürften nach Ansicht ihres Strategen Sebastian Raedler dafür sorgen.
Raedler erwartet, dass der Stoxx 600 bis Mitte des Jahres bei 470 Zählern stehen wird. „Die regionalen Projektionen unserer Volkswirte legen nahe, dass sich das Wirtschaftswachstum weltweit verlangsamen wird“, sagte Raedler in London vor Journalisten.
Zykliker untergewichtet
Für europäische Pharmawerte hält die Bank of America einen attraktiven Einstiegszeitpunkt für gekommen. Die Kurse hatten zuletzt auf Grund von negativen Nachrichten zu Einzelwerten und Besorgnis über die Entwicklung der Impfpolitik in den USA nach dem Amtsantritt von Donald Trump nachgegeben.
Zykliker werden von Raedler untergewichtet. Er rechnet zudem mit einer Underperformance der europäischen Banken, sollten die Anleihenrenditen wie von ihm erwartet sinken. Luxusgüterhersteller werden von ihm dagegen weiter übergewichtet. Das sei „ein zyklischer Hedge in unserem defensiv ausgerichteten Portfolio“, heißt es in einem Strategie-Update aus der vergangenen Woche.
Risiko Wachstumsängste
Die derzeitige Stärke des Dollar lege nahe, dass negative Überraschungen auf der Makroebene drohen. „Dadurch steigt das Risiko, dass die Märkte ähnlich wie 2022 von Wachstumsängsten unter Druck gesetzt werden könnten.“ Vor drei Jahren hatten die hohe Inflation und der russische Angriff auf die Ukraine Furcht vor einem weltweiten Abschwung geweckt.
„Wir befinden uns in einem Markt, der sich selbst davon überzeugt hat, dass die derzeitige Makro-Stärke permanenter Natur ist“, sagte Raedler. „Eine Menge Dinge, die weltweit schieflaufen können, sind richtig gelaufen.“
„Eine Menge Cash auf der Bilanz“
Bei der Bank of America habe man damit gerechnet, dass die Zinserhöhungen wesentlich mehr Schaden anrichten würden. „Aber die Liquiditätsspritzen während der Pandemie haben dazu geführt, dass Unternehmen eine Menge Cash auf der Bilanz hatten“, sagte Raedler. „Das hat sie länger vor den steigenden Finanzierungskosten geschützt.“
Software gehöre normalerweise zu den Branchen, die auf steigende Zinsen mit Underperformance reagiere. In den vergangenen Monaten hätten sich Software-Aktien aus Sympathie mit den US-Techwerten wesentlich besser entwickelt. Das hohe Gewicht von SAP im deutschen Markt habe dazu geführt, dass deutsche Aktien deutlich besser gelaufen seien als die Zinsentwicklung nahelegen würde.
Gegenwind setzt ein
Nun habe Gegenwind eingesetzt. Dazu gehört für ihn der starke Dollar, mögliche Einfuhrzölle und die Zuwanderungsdebatte in den USA. „Das US-Haushaltsdefizit ist bereits sehr groß“, sagte Raedler. „Das könnte das Ausmaß weiterer Konjunkturstimuli für den Ausgleich negativer Auswirkungen steigender Zölle begrenzen.“
Er geht davon aus, dass der weltweite Einkaufsmanagerindex bis zur Jahresmitte von zuletzt 52,5 auf 49 zurückgehen wird. Das würde die Risikoprämien nach oben treiben, denn: „Was für die Assetpreise an erster Stelle zählt, ist das weltweite Wachstum.“
Wirtschaftliche Systeme seien selbstausgleichend. Verlangsame sich die Wirtschaft, schritten die Notenbanken ein. Raedler hat bereits erste Anzeichen dafür ausgemacht, dass sich der Schwung hinter dem starken Dollar langsam abschwächt.
Es könne auch anders kommen, gab Raedler zu. Die Verbraucher könnten zu Höchstform auflaufen und durch ihren Konsum alles Negative ausgleichen.