Immobilienfonds

Betongold erhält grünen Anstrich

Die Anbieter von Immobilienfonds unternehmen große Anstrengungen, um ihre Produkte auf Nachhaltigkeit zu trimmen und ESG-Kriterien bei der Auswahl von Immobilien zu nutzen. Dazu trägt auch die Offenlegungsverordnung der EU bei. Wichtig sind zudem nachhaltige Zertifikate für einzelne Objekte.

Betongold erhält grünen Anstrich

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Das Investieren in offene Immobilienfonds wird gemeinhin als Anlage in Betongold bezeichnet. Die Fondsgesellschaften kaufen Gewerbeimmobilien angefangen von Büros über Einzelhandelsobjekte bis hin zu Wohngebäuden und Logistikhallen. Was am Investment in Immobilien grün ist, erschließt sich vielen Anlegern auf Anhieb vermutlich nicht. Gleichwohl unternehmen die Gesellschaften große Anstrengungen, um ihre Produkte auf Nachhaltigkeit zu trimmen und ESG-Kriterien beim Kauf anzuwenden. Dazu trägt in jüngster Zeit die Initiative der EU bei, die Fonds zur Transparenz bei nachhaltigen Informationen zu zwingen. Neben der Offenlegungsverordnung ist auch die grüne Zertifizierung von Immobilien eine wichtige Messgröße für die Nachhaltigkeitsstrategie.

Die Branche berücksichtigt ESG-Kriterien auch deshalb, weil mangelnde Nachhaltigkeit innerhalb des Investmentprozesses wie ein Risiko betrachtet wird. „Daher gibt es bei uns neben den üblichen Due-Diligence Prüfungen wie z.B. der technischen und der rechtlichen jetzt auch eine ESG-Due-Diligence“, sagt Benita Schneider, Leiterin Immobilienmanagement Europa bei der DWS.

Genauso wie es technische Risiken oder Standortrisiken gebe, sei auch das Erreichen des Ziels der Klimaneutralität bei einem Gebäude als Risiko zu bewerten. Der wichtigste Faktor bei Immobilien sei also das Carbon Transition Risk. „Wenn Immobilien nicht heute schon auf diesen Übergang angepasst werden, besteht nicht nur ein Kostenrisiko in der Zukunft, sondern vielmehr, dass sie irrelevant oder stranded werden“, so Schneider. Die Fondshäuser müssen abschätzen, wie man die CO2-Emission der Gebäude reduzieren und die Energieeffizienz steigern kann, um bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen. Ein hohes ESG-Risiko bedeutet aber nicht automatisch das Aus. „Als Portfoliomanager kann man das Risiko eingehen, weil bis 2050 noch viel Zeit ist. Letztlich sind alle Risiken und Chancen beim Erwerb und auch während der Halteperiode ganzheitlich und fortlaufend abzuwägen“, sagt Schneider.

Das Thema Energieverbrauch und CO2-Ausstoß eines Gebäudes ist keineswegs trivial. „Die Frage ist, ob man den schwierig zu ermittelnden Primärenergiebedarf zugrunde legt oder pragmatisch vorgeht und den Endenergieverbrauch ansetzt. Beim Endenergieverbrauch liegen allerdings nicht immer alle Werte vor“, sagt Burkhard Dallosch, Geschäftsführer der Deka Immobilien.

Hinzu komme, dass der Energieverbrauch davon abhängt, ob die Mieter ein energieintensives Ge­schäft wie beispielsweise Kühlungen bei Logistikimmobilien oder Serverfarmen betreiben. Damit würde ein leeres Gebäude beim Energieverbrauch sehr gut dastehen. „Ziel kann es nicht sein, einen grünen Fonds mit einem hohen Leerstand zu haben“, so Dallosch, der darauf hinweist, dass Nachhaltigkeitsmanagement nicht nur Energiemanagement heißt. „Beim Klima haben wir vor drei Jahren angefangen, uns mit den Auswirkungen von Flut, Starkregen und Sturm auf unsere Immobilien zu befassen. Beispielsweise gibt es ein Objekt in Mexiko mit Sonnenlamellen, die beim Sturm einen Schaden verursacht haben.“

Grüne Ratings

Beim Rating von offenen Immobilienfonds wird die ESG-Perspektive ebenfalls immer wichtiger. „Das Thema Nachhaltigkeit schauen wir uns auf Einzelobjektebene an. Jedes Gebäude wird beispielsweise hinsichtlich CO2-Emissionen und der Verbräuche für Energie, Wasser und Abfall eingeschätzt. Dazu gehören aber auch die Produktion von erneuerbaren Energien, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr oder die Ladeinfrastruktur“, erläutert Sonja Knorr von Scope.

Welche Chancen sich wiederum ergeben, zeigt die Deka. Interessant für Fonds seien die Dächer als Standorte für Fotovoltaikanlagen. Besonders positiv sei es, wenn die an Ort und Stelle erzeugte Energie im Gebäude verbraucht wird und den Energieausweis verbessert.

Neben den harten Fakten wie Energieverbrauch achtet die Ratingagentur Scope darauf, wie das Management die Nachhaltigkeitsthemen im Portfolio umsetzt, wie ESG-Checklisten für Ankauf und die Bewirtschaftung aussehen und ob es Zertifizierungen für die Objekte gibt. „Beim Rating zählt Nachhaltigkeit zu einem der drei großen Bewertungsblöcke neben der Analyse der einzelnen Immobilien und der Bewertung der Finanzstruktur“, sagt Knorr.

Grüne Zertifikate werden bei Immobilien seit Jahren eingesetzt. Insbesondere große Büroimmobilien werden zertifiziert, weil die Mieter darauf schauen. Siegel von DGNB, LEED oder BREEAM vermitteln einen ersten Eindruck von einer Immobilie. „Jedoch sind sie kaum miteinander vergleichbar, weil ihnen teilweise ganz unterschiedliche Bewertungssysteme zugrunde liegen“, sagt Corinna Haas von Commerzreal.

EU als Antreiber

Wichtig ist daher aktuell die Klassifizierung nach der Offenlegungsverordnung der EU. Nach Angaben von Scope sind derzeit 8 von 26 Fonds nach Artikel 8 (Fonds mit Nachhaltigkeitsstrategie) einsortiert. Eine solche Klassifizierung sei ein Wettbewerbsvorteil und es seien immer mehr Häuser bestrebt, auch ihre bestehenden Fonds in Artikel-8-Fonds umzuwandeln, so Knorr.

Nach einer Umfrage von EY Real Estate zur ESG-Transformation der Immobilienfonds gehen 40% der befragten Unternehmen davon aus, dass ein Großteil der bestehenden Fonds auf Nachhaltigkeitsfonds umgestellt wird. Allerdings sind lediglich 23% der Unternehmen gut auf die bevorstehenden regulatorischen Anforderungen vorbereitet.

Immer wichtiger werden auch bei Immobilienfonds soziale Kriterien im Portfoliomanagement. Dazu zählt bei Wohnimmobilienfonds und Immobilienfonds mit Wohngebäude beispielsweise auch das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum oder altersgerechten Wohnungen.

„Das soziale Risiko bei einer Immobilie ist am schwierigsten messbar. Es bedeutet, dass wir uns nicht der sozialen Verantwortung entziehen können, die sich aus den geänderten Ansprüchen der Gesellschaft, von Mietern und Investoren in Bezug auf Klimawandel und Nachhaltigkeit ergibt“, sagt DWS-Managerin Schneider. Das Unternehmen legt Wert darauf, nicht nur in Luxusimmobilien zu investieren.

Darüber geht es beim „S“ auch um viele eher weiche Faktoren wie zum Beispiel die Frage, ob man im sozialen Umfeld etwas verbessern könne oder ob sich das Wohlbefinden der Mieter z.B. über eine verbesserte Luftqualität in den Gebäuden steigern lässt – jeweils mit dem Ziel, das soziale Risiko zu senken.

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