Immobilien

Betongold mit langem Atem

Spezielle Immobilienfonds setzen auf die Kombination von Mieter-Bonität und äußerst langen Vertragslaufzeiten. Dieser Ansatz soll Ertragsströme bieten, die herkömmliche Vehikel nicht mehr bieten.

Betongold mit langem Atem

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Der erneute Rückgang der Renditen für Staatsanleihen seit Mai zeigt, wie schwer es für Investoren ist, mit sicheren Anlagen Geld zu verdienen. Gleichzeitig sind institutionelle Anleger auf laufende Einkommen angewiesen. Diese Nachfrage wollen spezielle Immobilienstrategien befriedigen. Assetmanager wie Aviva Investors und Aberdeen Standard Investments investieren für ihre Kunden in Immobilien, die langfristig an finanzstarke Unternehmen vermietet sind.

Die Kombination von Investment-Grade-Bonität und Vertragslaufzeiten von 15 Jahren und mehr soll einen Ertragsstrom sichern, den herkömmliche Immobilienfonds nicht bieten. Aberdeen spricht von „stabilen, inflationsgeschützten Einkommensströmen mit geringer Volatilität“. Die risikobereinigten Performanceaussichten dieser Anlageform seien im Vergleich zum breiteren Immobilienuniversum sehr attraktiv, so Troels Andersen, Manager des Aberdeen Standard European Long Investment Real Estate Fund (Eliref).

Bei dieser Art von Fonds handelt es sich um die Klasse der Long-Income-Immobilienfonds. Die Produkte haben sich als Reaktion auf die wachsende Nachfrage von Pensionsfonds in Großbritannien entwickelt. Dort ist das Volumen in den vergangenen 15 Jahren von 5 Mrd. auf über 40 Mrd. Pfund gestiegen. „In Europa ist der Sektor noch relativ jung, sodass es Zeit braucht, um den Anlegern die Eigenschaften der Fonds näherzubringen. Wir gehen davon aus, dass der europäische Markt dem Wachstumspfad des britischen Marktes folgen wird“, sagt Isabel Gossling, Fondsmanagerin des Aviva Investors European Real Estate Long Income. Die wachsende Nachfrage nach diesen Strategien führte dazu, dass das Vermögen des Long-Income-Geschäfts von Aviva inzwischen die Marke von 5 Mrd. Pfund übersteigt.

Öffentliche Hand als Mieter

Der Unterschied zu klassischen, breit aufgestellten offenen Immobilien-Spezialfonds zeigt sich auch in der regionalen Verteilung der Immobilien und der Nutzungsarten. Aviva beispielsweise betont, dass man bei diesem Produkt nicht in Märkte investiert, die traditionell eine höhere Volatilität aufweisen, und daher Anlagen in Spanien, Italien, Griechenland und Portugal ausschließt.

Unter dem Aspekt sicherer und langfristiger Mieteinnahmen rücken zudem bestimmte Immobilienarten in den Vordergrund. Dies können Schulen, Kindergärten und Universitäten, Krankenhäuser, Seniorenwohnungen und Verwaltungsgebäude sowie Polizeistationen und Rathäuser sein. Investitionen in „soziale Infrastruktur“ böten den Vorteil, dass die Häuser in der Regel an die öffentliche Hand vermietet werden, „was für starke und stabile Vertragspartner und oft sehr lange Mietvertragslaufzeiten spricht“, so Gossling. Hinzu komme eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Verlängerung des Mietvertrags sowie der nachhaltige Wert des Objekts auf lange Sicht.

Trotz der Herausforderungen durch die Pandemie konnte Aberdeen für seinen Fonds ein Portfolio von vier Vermögenswerten in Norwegen, den Niederlanden, Schweden und Irland mit einer durchschnittlichen Restmietdauer von 20 Jahren kaufen. Rund 50% der Mieteinnahmen stammen aus Objekten, die an die öffentliche Hand vermietet sind.

Die Rendite der speziellen Immobilienstrategie kann sich sehen lassen. Der Fonds von Aviva erzielte von März 2020 bis März 2021 eine Gesamtrendite von ca. 4,7% und eine sogenannte Ertragsrendite (aus Mieteinnahmen) von ca. 3,6%. Das ist im Vergleich zu anderen Anlageklassen und Immobilienmärkten ein guter Wert. „Für die nächsten fünf Jahre wird für den Fonds eine Gesamtrendite von 4 bis 4,5% p.a. prognostiziert“, so Aviva.

Die Rendite bei dem Fonds wird in erster Linie von den Mieten getragen, die auf Mietverträge von mindestens 15 Jahre bei Erwerb beruhen und deren Mieter eine Investment-Grade-Bonität haben. „Die langfristig vermieteten Immobilien, die an sehr kreditwürdige Vertragspartner vermietet sind, haben auch in der Krise ihre Widerstandsfähigkeit bewiesen“, so die Fondsmanagerin. Dies zeige sich im Vergleich zu –5,2% für den MSCI UK Quarterly Property im ersten Halbjahr 2020.

Null Prozent Leerstand

Da Aberdeen beim Eliref die erste Akquisition im Juli 2020 machte, liegen noch keine aussagekräftigen Renditezahlen vor. Ungeachtet dessen hat das Haus die Herausforderungen der Coronakrise gut gemeistert. „Wir haben keine Probleme mit Mietern. Der Fonds hat eine Leerstandsquote von 0% und ein minimales Vertragsrisiko“, erläutert Fondsmanager Andersen. „Die Qualität und der Wiederveräußerungswert unseres Immobilienportfolios bieten eine Sicherheit, die über die Stärke der Mietverträge hinausgeht.“

Aviva bestätigt, dass mit dieser Art von Fonds während der Covid-19-Krise eine gute Performance zu erzielen war. „Während der gesamten Pandemie hat der Fonds 100% der Mieten pünktlich und ohne Ausnahmen erhalten – verglichen mit vielen traditionellen Immobilienfonds, bei denen die Zahlung der Mieten deutlich geringer war“, sagt Fondsmanagerin Gossling. Ganz konnte sich der Fonds der Krise aber nicht entziehen. Doch anfängliche Volatilität im ersten Quartal 2020 sei im Laufe des Jahres wieder aufgeholt worden.