Aktien unter Druck

Chinas Tech-Gemeinde in schwerer Bedrängnis

Der breite Abverkauf chinesischer Internet-Aktien an der Hongkonger Börse setzt sich fort. Der Hang Seng Tech Index ist infolge von Regulierungssorgen auf ein Rekordtief abgesackt.

Chinas Tech-Gemeinde in schwerer Bedrängnis

nh Schanghai

Die wachsende Unsicherheit über die Zukunft der Börsenpräsenz von China-Aktien an der Wall Street und die Pekinger Regulierungskampagne im Internetsektor trüben das Sentiment für chinesische Tech-Werte weiter ein. Am Montag kam es zu einem breiten Abverkauf chinesischer Internetaktien an der Hongkonger Börse, der Hang Seng Tech Index gab um 3,3% nach. Damit verbindet sich eine besondere Signalwirkung, weil das Barometer nach einer kräftigen Erholung im November nun auf ein Allzeittief von 5727 Punkten abgerutscht ist.

Barometer im Krisenmodus

Der im Juli 2020 geschaffene Hang Seng Tech hatte vom Start weg einen kräftigen Aufstieg erlebt und war in einer Boomphase für Technologieaktien und großvolumige Initial Public Offerings (IPOs) chinesischer Datenkonzerne im Februar dieses Jahres bis auf 11000 Punkte hochgeschossen, korrigierte dann aber rasch. Der Index, der führende Adressen wie Alibaba und Tencent enthält, hat im Jahresverlauf nun genau ein Drittel eingebüßt und liegt gegenüber dem Februarhoch gar um 48% zurück.

Entgegen den Erwartungen hat Chinas Regulierungs- und Überwachungsfeldzug gegen Tech-Unternehmen zumindest aus Sicht der Börsianer im Dezember wieder an Schärfe gewonnen, weil die Behörden immer neue politisch motivierte Facetten einbringen, die im engen Zusammenhang mit dem „Technologiestreit“ zwischen China und den USA stehen. Dies wird vor allem an der Behandlung des Ende Juni offensichtlich gegen den Willen Pekings an die New York Stock Exchange (Nyse) gegangenen chinesischen Fahrdienstes Didi Global ersichtlich.

Unmittelbar nach dem IPO hatte es eine Reihe von Strafmaßnahmen gegen Didi gehagelt, weil Peking den Gang an die Wall Street als einen Verstoß gegen Datenschutzvorkehrungen zur nationalen Sicherheit wertet und US-IPOs von chinesischen Firmen bis auf weiteres blockiert hat. Ende vergangener Woche kündigte Didi nun unter dem Druck der heimischen Regierung an, ihre US-Börsennotiz wieder aufgeben zu wollen. Zuvor aber will Didi sich an der Hongkonger Börse listen lassen, was US-Anlegern eine Umtauschmöglichkeit bieten würde.

Da das geplante Zweitlisting in Hongkong aber noch unter zahlreichen regulatorischen Unwägbarkeiten steht und Tech-Aktien dort auf rekordtiefe Bewertungsrelationen stoßen, verheißt die Aktion aus Anlegersicht nichts Gutes. Die Didi-Aktie ist in New York entsprechend auf ein Rekordtief abgesackt. Schlimmer noch müssen US-Anleger befürchten, dass auch weitere chinesische Tech-Adressen, deren US-Listing nunmehr als potenzielles „Sicherheitsrisiko“ eingestuft wird, auf Pekings Geheiß der Wall Street den Rücken kehren.

Unruhe trifft Alibaba

Von der verständlichen Unruhe ist insbesondere Alibaba als mit Abstand größtes in New York notiertes chinesisches Unternehmen be­troffen. Alibaba, die bereits über ein Hongkonger Zweitlisting verfügt, aber in New York weitaus liquider gehandelt wird, hat seit der Bekanntgabe von unbefriedigenden Quartalszahlen zur Novembermitte aus dem Korrekturmodus nicht mehr herausgefunden und büßte am Montag in Hongkong weitere 5,4% ein. Dort hat der Titel im bisherigen Jahresverlauf nun exakt die Hälfte seines Wertes eingebüßt.

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