Geld oder BriefDax-Konzern vor Hauptversammlung

Continental verspricht Mehrwert durch Aufspaltung

Continental steht vor einer Zäsur. Der Dax-Konzern verspricht Investoren Mehrwert durch Aufspaltung. Die Analysten der UBS empfehlen die Aktie daher zum Kauf.

Continental verspricht Mehrwert durch Aufspaltung

Geld oder Brief

Conti verspricht Mehrwert durch Dreiteilung

Von Carsten Steevens, Hamburg

Die Aktionäre von Continental stehen vor einer weitreichenden Entscheidung. In der Hauptversammlung am 25. April sollen sie über die Abspaltung des Unternehmensbereichs Automotive abstimmen, der 2024 mit 19,4 Mrd. Euro (–4,3% zum Vorjahr) für 49% des Konzernumsatzes und mit 92.581 Beschäftigten (–9,6%) für ebenfalls 49% des Konzernpersonals stand. Der Aufsichtsrat des Dax-Unternehmens, an dem über die IHO-Holding die Schaeffler-Familie mit einem Anteil von 46% beteiligt ist, genehmigte den Spin-off bereits am 12. März und empfahl zugleich der Hauptversammlung, dem Plan zuzustimmen. Seit dem 8. April wissen Investoren auch, dass sich Conti ebenfalls vom Kunststoff- und Kautschuk-Bereich Contitech trennen und künftig allein auf globales Reifengeschäft ausrichten will.

Aus Continental sollen drei eigenständige Unternehmen werden. Automotive, Tires und Contitech seien jetzt reif für die Unabhängigkeit, heißt es am Konzernsitz in Hannover. Für Automotive wird eine Börsennotierung im September avisiert, bei Contitech ein Verkauf als derzeit wahrscheinlichste Option angesehen. Laut seinem vorab veröffentlichten Redemanuskript wird Vorstandschef Nikolai Setzer in der Hauptversammlung von einem nun „sehr großen“ Schritt in der mehr als 150-jährigen Continental-Historie sprechen: „Es geht um die bisher tiefgreifendste Neuaufstellung in unserer Unternehmensgeschichte.“

Neue Kräfte freisetzen

Die geplante Zäsur begründet Continental mit zunehmenden geopolitischen Verwerfungen, Herausforderungen durch Inflation und Zölle sowie sich stark verändernden Lieferketten. Zudem wachse die weltweite Autoproduktion kaum noch, während technologische Anforderungen rasant zunähmen und der Wettbewerbsdruck steige. Konzernchef Setzer: „In einem solchen Umfeld hat sich immer wieder gezeigt: Flexible und fokussierte Unternehmen nutzen Chancen besser als komplexe Organisationen.“ Durch die Aufspaltung ließen sich neue Kräfte freisetzen und mehr Wert schaffen, so die zentrale Botschaft von Continental zur anstehenden Hauptversammlung.

Blickt man auf das Wertmanagement des Konzerns in den vergangenen Jahren, dann ist der Plan zur Aufspaltung folgerichtig. Der für das Unternehmen maßgebliche absolute Wertbeitrag (Continental Value Contribution), der sich aus der Subtraktion des durchschnittlichen gewichteten Kapitalkostensatzes von der Kapitalrendite ergibt, war 2024 mit 289 Mill. Euro erstmals seit Jahren positiv. Parallel zur jahrelangen Misere des Automotive-Bereichs, der im Zuge verschärfter Sparmaßnahmen und Preisverhandlungen mit Kunden auf Jahresbasis erst seit 2023 wieder positive Ertragsmargen ausweist, kommt Continental an der Börse nicht voran. Gemessen am Anfang 2018 bei rund 257 Euro erreichten Allzeithoch bringt das Dax-Gründungsmitglied derzeit mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 13 Mrd. Euro etwa ein Viertel des damaligen Werts auf die Waage.

Katalysator Kapitalmarkttag

Bei der Großbank UBS ist man überzeugt, dass die geplante Ausgliederung des Automotive-Bereichs „viel Wert freisetzen“ könnte. Die Analysten verweisen auf deutliche Bewertungsabschläge sowie anstehende „Katalysatoren“ wie die Hauptversammlung und Kapitalmarkttage im Juni, bei denen neue Finanzziele vorgestellt werden sollen.

Continental bleibe eine der Top-Empfehlungen, so die UBS-Analysten nach Präsentation der Ergebnisse 2024 durch den Konzern Anfang März. Mit Verweis auf eine als konservativ eingestufte Prognose für das laufende Jahr stuft die Schweizer Bank das Risiko einer späteren Gewinnwarnung als gering ein. Selbst im derzeit schwierigen Marktumfeld dürfte der Automotive-Bereich im Zuge weiterer Kostensenkungen seine bereinigte operative Ertragsmarge von zuletzt 2,3% wie avisiert mindestens auf 2,5% verbessern können, so die UBS-Analysten.

Am meisten bevorzugt

Bei einer Betrachtung mit anderen europäischen Reifenherstellern wie Michelin, Pirelli und Nokian wird die Continental-Aktie derzeit am meisten bevorzugt. Bei einem Kursziel von 78 Euro rät die Bank zum Kauf der Aktie. Nach einer Veräußerung von Contitech würde die „RemainCo“ zu einem reinen Reifenhersteller mit branchenführenden Renditen von ca. 20%. Contitech bewerten die UBS-Analysten mit dem 2025 zum Verkauf stehenden Automotive-Geschäft OESL des Bereichs mit 4 bis 4,5 Mrd. Euro.

Neutraler urteilt Deutsche Bank Research bei einem Kursziel von 75 Euro mit der Empfehlung, die Conti-Aktie zu halten. Dass der Konzern Contitech verselbstständigen und nach der Veräußerung des OESL-Geschäfts zum Verkauf anbieten wolle, sei positiv, weil ein reiner Reifenhersteller entstehe. Die Transaktion werde dem Reifengeschäft eine schnelle Entschuldung ermöglichen. Die Berenberg Bank, die bei einem Kursziel von 75 Euro eine Kaufempfehlung abgibt, merkt an, dass sich das Marktwertpotenzial des Reifenbereichs vor allem aufgrund einer lang anhaltenden „Under-Performance“ des Automotive-Bereichs im Konzern nicht entfalten könne. Auf Basis des aktuellen Aktienkurses von Continental und der Peer-Multiplikatoren für die Contitech- und Automotive-Geschäfte sei das Reifengeschäft mit einem Abschlag von rund 15% zum Durchschnitt der Wettbewerber zu bewerten, so die Bank Anfang März.

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