Pandemie

Covid-19 sorgt für Gewinner und Verlierer in Asien

Der Makro- und Investmentausblick für die asiatischen Länder divergiert zunehmend. Diese Entwicklung ist zu einem guten Teil auf unterschiedliche Erfolge bei der Eindämmung der Covid-19-Pandemie zurückzuführen. Für Nordasien bleiben die Aussichten...

Covid-19 sorgt für Gewinner und Verlierer in Asien

Der Makro- und Investmentausblick für die asiatischen Länder divergiert zunehmend. Diese Entwicklung ist zu einem guten Teil auf unterschiedliche Erfolge bei der Eindämmung der Covid-19-Pandemie zurückzuführen. Für Nordasien bleiben die Aussichten insgesamt günstig – dort ist die Wirtschaftserholung aufgrund effektiver Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus weitgehend auf Kurs: Chinas Wachstum hat sich erholt, wenngleich eine Normalisierung der Politik und die Verschärfung makroprudenzieller Maßnahmen die Investitionsstimmung beeinflussen. Und Koreas und Taiwans Wachstum wird durch die robuste Exportnachfrage gestützt, die durch die weltweite Halbleiterknappheit angetrieben wird. In Süd- und Südostasien hingegen – mit Ausnahme Singapurs – wird die Wachstumsdynamik durch eine anhaltende Ausbreitung von Covid-19 vor dem Hintergrund langsamer Impffortschritte gebremst.

Nord-Süd-Gefälle

Das coronabedingte Nord-Süd-Gefälle in Asien wird akzentuiert durch zwei weitere Arten ökonomischen Gegenwinds, denen sich die asiatischen Länder 2021 ausgesetzt sehen. Dies sind erstens schwächere Leistungsbilanzpositionen. Die Zahlungsbilanzen der Länder werden geschwächt durch eine vielerorts nur allmähliche Erholung der Binnennachfrage sowie gestiegene Ölpreise. Aller Voraussicht nach werden süd- und südostasiatische Länder wie Indien, Indonesien und die Philippinen in diesem Jahr wieder Leistungsbilanzdefizite verzeichnen. Die geschwächten Außenfinanzierungspositionen sind negativ für ihre Währungen. Überschaubar hingegen bleiben die Auswirkungen für die nordasiatischen Volkswirtschaften und Singapur, welche gesunde Leistungsbilanzüberschüsse verzeichnen.

Zweitens besteht generell nur noch ein begrenzter Spielraum für weitere geldpolitische Lockerungen. Ursache hierfür ist eine infolge höherer Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise gestiegene Inflation. Die Zentralbanken mehrerer süd- und südostasiatischer Länder – wie etwa Indien und die Philippinen – haben zuletzt trotz anhaltender Konjunkturschwäche bereits von einer Senkung ihrer Leitzinsen abgesehen. Dies wirkt sich zwar positiv für ihre Währungen aus, da der Zinsabstand zu den entwickelten Volkswirtschaften erhalten bleibt; die politische Anpassungslast wird damit jedoch auf die fiskalische Seite verlagert, die nur über begrenzte Spielräume verfügt. Alles in allem belastet dies den Ausblick für diese Länder: Die Eindämmung der Covid-19-Krise ist nicht sehr effizient und signifikante zusätzliche Stützungsmaßnahmen sind nicht möglich.

Hinzu kommt, dass sich für die süd- und südostasiatischen Länder der externe Finanzierungsdruck verschärfen könnte. Die Renditen von US-Staatsanleihen sind zuletzt zwar insgesamt leicht gesunken, was aus asiatischer Sicht positiv ist; die Länder müssen jedoch weiterhin auf der Hut sein vor einer weiteren Welle des sogenannten „US-Exzeptionalismus“ – einer wachstumsbedingten Ausnahmestellung der USA dank substanzieller Fiskalstimuli der neuen US-Regierung. Das könnte zu weiteren Kapitalabflüssen aus Ländern wie etwa Indien, Indonesien und den Philippinen führen – jener Länder mit Leistungsbilanzdefiziten. Im Gegenzug wäre eine wirtschaftliche Belebung in Europa und ein in der Folge festerer Euro und schwächerer Dollar vor dem Hintergrund des sich deutlich verschärfenden US-Zwillingsdefizitproblems unterstützend für die asiatischen Schwellenländer und deren Währungen.

Für internationale Anleger ist es in diesem Umfeld ratsam, bei stärker risikobehafteten Anlagen in Asien vorsichtig zu bleiben. Gerade in den Wachstumsländern gilt es, den Fokus auf aktives Management zu legen. Konkret bedeutet dies – mit Blick auf die Geografie –, dass diejenigen Länder vorzuziehen sind, bei denen ein klarer Erholungspfad aus der Covid-19-Pandemie sichtbar ist beziehungsweise die eine Erfolgsbilanz im Umgang damit vorweisen können. Neben China sind dies Länder, in denen die Impfkampagnen fortgeschritten sind – wie etwa Singapur –, und/oder die effektive Eindämmungsmaßnahmen ergriffen haben – wie zum Beispiel Korea. Bei Indien und den südostasiatischen Märkten hingegen ist so lange Vorsicht angebracht, bis sich die Aussichten rund um die Pandemie gebessert und die Nebel rund um das Thema „US-Exzeptionalismus“ gelichtet haben.

Mit Blick auf die Anlageklassen-Allokation sollten Investoren zunächst defensiv bleiben und festverzinsliche Wertpapiere übergewichten. Da die Aktienmärkte der Region zunächst volatil bleiben dürften, scheinen hochwertige festverzinsliche Anleihen in Asien derzeit bessere risikoadjustierte Renditen zu bieten. Zudem offerieren asiatische Anleihen höhere reale Renditen als vergleichbare Papiere aus den entwickelten Märkten. Hierbei ist aller die Währungsentwicklung im Auge zu behalten: Pandemieentwicklung, Makroausblick und Leistungsbilanzsituation raten zur Vorsicht bei den Währungen süd- und südostasiatischer Länder, stimmen allerdings optimistischer für die Währungen Nordasiens und Singapurs.

Stabileres Umfeld

Zum Abschluss ein Blick auf ein mögliches Wiederaufleben von Diskussionen um eine geldpolitische Wende in den USA. Anders als zur sogenannten „Taper-Tantrum-Episode“ 2013 erfreuen sich die asiatischen Länder derzeit eines stabileren makroökonomischen Umfelds: niedrigere Inflation, weniger stark ausgeprägte Zahlungsbilanzungleichgewichte, höhere Devisenreserven und eine größere Realzinsdifferenz gegenüber den Vereinigten Staaten. Aus diesem Grund sollte Asien im Fall einer erneuten „Tapering“-Diskussion heute besser positioniert sein als seinerzeit, um einem weiteren Anstieg der US-Zinsen standzuhalten. Ein hieraus resultierendes Abwärtspotenzial für asiatische Währungen dürfte daher begrenzt sein.

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