Aktienmarkt

Dax im Bann der Zinspolitik

Der Dax steht im Bann der Geldpolitik. Aus technischer Sicht ist die steigende Trendlinie bei 15520 Punkten wichtig. Diese Bastion sollte fallen, um den Weg zum Rekord um 16300 Punkte fortzusetzen.

Dax im Bann der Zinspolitik

Von Christian Henke*)

Die erste Bestandsaufnahme des Börsenjahres 2023 fällt positiv aus. Noch Ende des vergangenen Jahres hätten wohl die wenigsten daran geglaubt, dass es von dem ersten Handelstag an aus dem Stand heraus aufwärtsgeht. Die erhoffte Jahresend-Rally fiel 2022 bekanntlich ins Wasser und die Aussichten waren alles andere als rosig. Doch der Dax zeigte Nehmerqualitäten und konnte aus der Defensive in die Offensive wechseln.

Und dies trotz der leidigen Zinsdiskussion. Vor allem die weitere Vorgehensweise von Jerome Powell von der US-Notenbank und Christine Lagarde von der Europäischen Zentralbank dürfte das noch recht junge Börsenjahr 2023 prägen. Dies haben die Marktteilnehmer erst kürzlich zum wiederholten Mal zu spüren bekommen. Ende der vergangenen Woche fiel der Arbeitsmarktbericht in den USA deutlich besser aus als erwartet. Trotz der letzten Zinserhöhungen seitens der Federal Reserve zeigt sich der Arbeitsmarkt jenseits des Atlantiks sehr robust. Und der Umstand, dass weiterhin viele Amerikaner in Lohn und Brot stehen und fleißig konsumieren, hat die Sorge vor einer weiterhin hohen Inflation und damit einhergehend weiter steigenden Zinsen geschürt. Trotz der hohen Teuerungsrate hoffen einige Marktteilnehmer bereits Ende dieses Jahres auf die erste Zinssenkung. Zugegeben, ein sehr optimistisches Szenario. Jerome Powell und seine Amtskollegen von der Fed könnten aber weiter an der Zinsschraube drehen. Und was mögen Anleger überhaupt nicht? Anziehende Zinsen.

Bislang gehen die Börsianer in den USA von einem Leitzins von 5% aus. Die bisherigen Erwartungen sind, dass es im März zu einem weiteren Zinsschritt von 25 Basispunkten kommt und dann auf den weiteren FOMC-Sitzungen der Leitzins unverändert belassen wird. Weicht die US-Notenbank davon jedoch ab, könnte es an den weltweiten Finanzmärkten ungemütlich werden.

Die erwähnte Zinsentwicklung hat einen wesentlichen Einfluss auf das Geschehen an den Anleihe- und Devisenmärkten. Im Mittelpunkt stehen vor allem die Rendite US-amerikanischer Staatsanleihen und der Dollar. Die Bondrenditen in den Vereinigten Staaten und der Greenback weisen auf Sicht der vergangenen 100 Handelstage eine hohe positive Korrelation auf. Mit anderen Worten, steigt die Rendite, steigt auch der US-Dollar und umgekehrt. Im Augenblick sind bei den großen Indizes Dax, S&P, Nasdaq und FTSE 100 mitunter hohe negative Korrelationen hinsichtlich Rendite und Dollar zu beobachten. Die genannten Börsen profitieren zurzeit von einer fallenden Rendite und einem sinkenden Dollar. Am höchsten ist momentan aber die statistische Abhängigkeit der Indizes zum Greenback. Dax, S&P, die Technologiebörse Nasdaq und FTSE 100 weisen hier die höchste negative Korrelation auf. Charttechnisch präsentiert sich der Dollar trotz der jüngsten Gegenbewegung weiterhin angeschlagen und könnte daher die Aktienmärkte anschieben. Ebenfalls im Abwärtstrend befindet sich die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen. Dreht diese wieder gen Süden, wäre dies zusätzlicher Rückenwind für die Dividendenpapiere.

Bereits Ende Dezember hatten wir den Einfluss der Volatilität auf die Kursentwicklung an den Aktienmärkten erwähnt. Daran hat sich seitdem nicht viel geändert. Zur Erinnerung. Die historische Volatilität und die Indizes weisen eine hohe negative Korrelation auf. Steigt die Angst der Anleger, sinkt die Risikobereitschaft und somit auch die Aktienkurse. Lässt hingegen die Angst nach, steigt die besagte Risikobereitschaft und die Notierungen an den weltweiten Börsen steigen ebenfalls. Seit geraumer Zeit ist eine nachlassende Volatilität zu sehen, die im Umkehrschluss die Aktienmärkte anschiebt. Trotz der einen oder anderen aufkommenden Verunsicherung befindet sich die Vola weiterhin auf einem niedrigen Niveau und begünstigt damit weiter anziehende Notierungen der weltweiter Dividendenpapiere.

Kommen wir nun zur charttechnischen Bestandsaufnahme nach den ersten Wochen dieses Jahres. Bei unserer letzten Analyse des Big Picture des Dax Ende Dezember war die untere Begrenzung der übergeordneten Handelsspanne bei 14800 in Sichtweite. Der Bruch dieser Unterstützung im Februar des vergangenen Jahres nach unten hatte eine deutliche Abwärtsbewegung ausgelöst, die erst im Bereich bei 11800 Zählern ihr Ende fand. Seit Ende September ging es dann wieder aufwärts. Im Januar dieses Jahres konnte der Widerstand bei 14800 Punkten zurückgewonnen werden. Zudem gelang der Sprung über die psychologische Marke bei 15000 Zählern.

Nun hat der deutsche Leitindex eine weitere Hürde vor der Brust, die von den Marktteilnehmern ernst genommen werden sollte. Es handelt sich hier um die steigende Trendlinie bei aktuell 15520 Punkten, die ihren Ursprung im Jahr 2000 hat und im weiteren Verlauf bereits mehrmals als Widerstand fungierte. Diese Bastion sollte fallen, um den Weg in Richtung der Allzeithochs bei rund 16300 Punkten fortzusetzen. Diese Marken stellen zugleich auch die Oberseite der erwähnten Handelsspanne dar.

Neben der unteren Begrenzung der mittelfristigen Trading-Zone bei 14800 Zählern dient das ehemalige Rekordhoch aus dem Jahr 2017 bei 13534 Punkten als weitere Unterstützung im Falle einer neuerlichen Korrektur.

*) Christian Henke ist Senior Market Analyst bei IG Europe.

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