„Die Xetra-Listings unserer Produkte waren sehr wichtig“
Alex Wehnert.
Herr Duke, die ETC Group mehrere Exchange Traded Products (ETPs) auf Kryptowährungen sind inzwischen auf Xetra gelistet. Zuletzt ist auch ein Produkt hinzugekommen,das Bitcoin Cash abbildet. Nach welchen Kriterien suchen Sie die Basiswerte für Ihre Krypto-ETPs aus?
Wir analysieren das langfristige Investoreninteresse und die Widerstandsfähigkeit verschiedener Kryptowährungen, gemessen an der Marktkapitalisierung und der Zahl der aktiven Wallets. Bitcoin Cash verfügt über die viertmeisten aktiven Wallets unter allen Cyberdevisen – das deutet darauf hin, dass die Kryptowährung als Zahlungsmittel und nicht nur zur Wertaufbewahrung genutzt wird. Als Bitcoin Cash 2017 durch einen Fork der Bitcoin-Blockchain entstand, haben sich viele Experten sofort für die neue Cyberdevise stark gemacht. Denn damals bestanden große Sorgen bezüglich der Skalierbarkeit und Geschwindigkeit von Bitcoin. Bitcoin Cash ermöglichte hingegen günstigere und schnellere Transaktionen.
Bitcoin hat im laufenden Jahr bisher mehr als 115% an Wert gewonnen, bei Bitcoin Cash beträgt der Zuwachs über 81%. Verfügt die kleinere Cyberdevise also über Aufholpotenzial?
Die Performance von Kryptowährungen ist immer schwierig vorauszusagen. Langfristig hat Bitcoin gegenüber Bitcoin Cash eine deutliche Outperformance hingelegt. Einige Investoren würden sicher argumentieren, dass Bitcoin Cash deshalb Aufholpotenzial hat, doch die Struktur von Angebot und Nachfrage auf den verschiedenen Blockchains unterscheidet sich signifikant.
Indes ist die Zahl der verfügbaren Kryptoprodukte am Markt stetig gewachsen. Inwiefern weicht Ihre Strategie von jener anderer ETP-Anbietern ab?
Investoren müssen die Struktur der verschiedenen Produkte genau betrachten. Bei unseren Exchange Traded Products werden die beim Verwahrer hinterlegten Sicherheiten nicht verliehen, sondern verbleiben im Sinne des Investorenschutzes vollständig im Cold Storage. Bei einigen unserer Wettbewerber ist das nicht der Fall, sie verleihen die Sicherheiten, um zusätzliche Erlöse zu generieren. Allerdings ist Kryptolending nicht im gleichen Maß reguliert wie andere Finanzdienstleistungen, was viel Unsicherheit schafft. Die risikoadjustierten Erträge verschiedener ETPs können also stark voneinander abweichen.
Welche anderen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen Sie bei Ihren Produkten?
Wir haben eine Drittpartei als Administrator eingeschaltet, die bezüglich der Kryptotransaktionen innerhalb unserer Geschäftsaktivitäten ein Vetorecht besitzt. Somit versuchen wir, die möglichen Ansatzpunkte für Wirtschaftskriminalität zu minimieren. Zudem prüfen wir die Technologien, die verschiedene Verwahrer nutzen, sehr genau, bevor wir einen Custodian für unsere Produkte auswählen. Überhaupt muss jeder, der in unsere Prozesse eingreifen will, eine wasserdichte Authentifizierung vorweisen können, beispielsweise über digitale Signaturen oder zeitbasierter Video-Identifikation. Neben solchen Sicherheitsmaßnahmen gibt es aber weitere Unterschiede zwischen den Produkten verschiedener ETP-Anbieter, die sich direkt auf die Performance auswirken können.
Zum Beispiel?
Ob ein Produkt Fork Returns mit abbildet. Als Bitcoin Cash 2017 infolge des Bitcoin Forks entstand, erhielten Investoren für jede Einheit Bitcoin in ihrem Besitz eine zusätzliche Einheit Bitcoin Cash. Wir glauben, dass Anlegern diese Erträge zustehen – ebenso, wie sie bei Investitionen in Dividendentitel Zugang zu Aktiensplits erhalten. Einige Konkurrenzprodukte bieten jedoch gar keinen Zugang zu Fork Returns, bei anderen liegt die Entscheidung darüber beim Emittenten, der sie von Fall zu Fall treffen kann. In unserem Fall sind die Assets zudem vollständig fungibel. Somit versuchen wir, die Liquidität so hoch wie möglich und die Transaktionskosten so niedrig wie möglich zu halten, da sich diese signifikant auf die Erträge auswirken.
Welche Rolle spielt Deutschland als Markt für die ETC Group?
Die Xetra-Listings unserer Produkte waren für uns sehr wichtig. Dass die Eurex Clearing als zentraler Kontrahent für unsere ETPs auftritt, ist ebenfalls bedeutsam, da dies aus Sicht institutioneller Investoren eine Voraussetzung für ein Engagement ist. Es war zuvor bereits beachtlich, dass die BaFin das Potenzial von Kryptowährungen erkannt und unsere Produkte zugelassen hat. Die Finanzaufsicht hat ihre progressive Haltung zuletzt mit ihrer Freigabe für den Eurex Bitcoin ETN Future, der auf unserem Bitcoin-ETP basiert, unterstrichen. Während das Settlement für andere Kryptofutures cashbasiert abläuft, ermöglicht der Eurex-Future die Auslieferung das zugrundeliegenden ETP, das wiederum vollständig fungibel mit dem Basiswert Bitcoin ist.
Unterdessen sind Exchange Traded Commodities auf Gold für Investoren vor allem deshalb attraktiv, weil für sie nach einer Haltedauer von einem Jahr keine Kapitalertragssteuern fällig werden. Werden Krypto-ETPs künftig genauso behandelt?
Die deutschen Steuerbehörden haben uns gegenüber bestätigt, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Ein entsprechendes Update der Steuerordnung ist wohl in Arbeit. Wir haben unsere Produkte extra so aufgebaut, dass Investoren über sie von der Regelung bezüglich der Kapitalertragssteuer profitieren.
Welches Potenzial bieten Krypto-ETPs für Produktanbieter denn in anderen Märkten außerhalb der Europäischen Union und der Schweiz?
Das hängt natürlich immer stark vom Regulator ab. In den USA haben futuresbasierte ETFs die Zustimmung der SEC erhalten, in den Augen vieler Marktteilnehmer stellt dies den Heiligen Gral des Kryptoinvestments dar. Allerdings ist die Exposition, die Investoren durch solche Vehikel erhalten, keineswegs so gut wie über fungible ETPs, die eine Auslieferung des Basiswerts ermöglichen. Ich erwarte also nicht, dass ETFs die Mittelzuflüsse in andere ETPs beschneiden.
Im ETF-Bereich kooperieren Assetmanager inzwischen eng mit Brokern, um ihre Produkte zu vermarkten. Werden ETP-Anbieter ähnliche Strategien verfolgen?
Definitiv, Krypto-ETPs sind Investmentprodukte wie jedes andere auch. Sie sind nur relativ neu, so dass Finanzdienstleister und Investoren einfach etwas Zeit brauchen, um sich an sie zu gewöhnen. Die Zulassung von Krypto-ETPs für Privatanleger war ein wichtiger Schritt, da Broker Investoren in der Folge zu diesen Vehikeln beraten können – für unregulierte Produkte wäre dies nicht möglich. Die Kooperation mit Brokern wird für Krypto-ETP-Anbieter mit zunehmender Konkurrenz bedeutsamer. Wir erwarten ein Rennen mit vielen Gewinnern.
Dennoch schrecken viele Investoren angesichts des hohen Energieverbrauchs von Kryptowährungen vor einem Engagement zurück.
Produktanbieter, die in der Kryptosphäre unterwegs sind, müssen die Industrie in Richtung Nachhaltigkeit treiben. Wir reinvestieren Teile der Erträge aus unseren Produkten in erneuerbare Energien – ebenso müssen wir Miner davon abbringen, Energie aus fossilen Quellen zu nutzen. Indes nutzen auch nur noch wenige Kryptowährungen den energieintensiven Mining-Mechanismus Proof of Work. Die Emissionen aus der Kryptoindustrie entwickeln sich also rückläufig. Im Vergleich zu Asset wie Gold, deren Energienutzung und Aufbewahrung äußerst ineffizient sind und bei denen der Extraktionsprozess durch den Einsatz giftiger Materialien sehr umweltschädlich ist, nehmen sie sich aber ohnehin schon gering aus.
Mit Bitcoin ist die größte Kryptowährung aufgrund ihrer rigiden Struktur aber auf Proof of Work festgelegt. Bedeutet die höhere Flexibilität des Ethereum-Netzwerks, dass Ether eines Tages zur führenden Cyberdevise aufsteigt?
Investoren wären töricht, wenn sie diese Möglichkeit einfach beiseite wischen würden. Neben einem effektiveren Konsensmechanismus – die Umstellung auf das weniger energieintensive Proof-of-Stake-Verfahren läuft gerade – hat Ether infolge tiefgreifender Updates einen deflationäreren Charakter erhalten. Denn das Netzwerk verbrennt nun Teile der Transaktionsgebühren auf der Blockchain. Sobald Investoren diese Umstellungen einmal verdaut haben, könnte sich die Dynamik in der Kryptowelt bedeutend verändern.
Das Interview führte